Kapitel 14

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Ich schiele zur Bühne, in der Hoffnung, dass das Programm endlich startet, doch Fehlanzeige.

»War dieses Freundeding denn wenigstens ein Freundschaft- Plus-Ding?«, fragt Maya und ich spüre, wie sich jeder Muskel in mir anspannt. Was zur Hölle ist ihr Problem?

»Wie alt bist du eigentlich?«, knurre ich fragend. 

»Älter als du!«, knurrt sie zurück. Ich bin kurz davor, die Blondine am Kragen zu packen, doch Sophie sitzt zwischen uns. Die hebt beschwichtigend ihre Hände und schenkt uns beiden einen mahnenden Blick. Ich seufze. Das mit mir und Maya ist nur noch albern!

»Okay es reicht!«, mache ich mit pampiger Stimme deutlich. »Maya, du bist meine Mitbewohnerin und ich will mich nicht mit dir streiten. Matt ist ein alter sehr guter Freund von mir. Er ist vor drei Jahren verschwunden. Ich habe ihn am Samstag das erste Mal wieder gesehen. Nein, ich wusste nicht, dass er Tiesi ist . Darf ich den Schock jetzt in Ruhe verarbeiten oder muss ich mich zusätzlich mit deinem Gezicke auseinandersetzen?«

Ihr Blick durchbohrt mich, während sich ihre Augen zu Schlitzen formen. »Warum hat er sich die Eule tätowieren lassen?«, fragt sie und ignoriert meine Bitte.

Meine Aufmerksamkeit wandert zurück zu Matt auf der Bühne. Nachdenklich neige ich den Kopf und folge seinen Bewegungen. Wehmut macht sich in mir breit und lässt mich hart schlucken. »Das musst du ihn selber fragen. Ich weiß es nicht.«

Matt hat den gleichen intensiv nachdenklichen Gesichtsausdruck, wie gestern Abend, als er an meinem PC gesessen hat. Insgeheim muss ich den beiden Grundschulmädchen recht geben. Er sieht süß aus. Heute trägt er eine dunkle Jeans, ein enges schwarzes Shirt und darüber ein offenes rot karierten Hemd. Er hat es an den Armen hochgekrempelt. Die Tattoos leuchten im Licht der Bühnenscheinwerfer. Zwischendurch blitzt mir die Eule entgegen. Sein blondes Haar versteckt er unter einem Beannie. Er trägt eine Brille mit schwarzen Rändern, die ich noch nie an ihm gesehen habe. Ich muss lächeln. Sie steht meinem kleinen Computernerd unglaublich gut. Er sieht zum Anbeißen aus. Kein Wunder, dass die Grundschulmädchen schwärmen.

Ich stutze. Meinem Computernerd?! Zum Anbeißen?!

Oh Nein!

So darf ich auf keinen Fall denken!

Ein Stich in der Brust lässt mich wieder den gestrigen Abend Revue passieren. So wenig, wie ich Matt gehöre, gehört er mir! Wir sind und waren niemals Freunde! Langsam muss ich das einsehen.

»Wirst du mir irgendwann alles erzählen?«, fragt Maya und reißt mich aus meinen Gedanken.

»Vielleicht!«, antworte ich kurz angebunden und beende das Gespräch, indem ich zum Flyer der Veranstaltung greife und mich zwinge, ihn zu lesen. Maya murmelt etwas, was ich nicht verstehe, aber sie gibt endlich Ruhe.

Ich kann der Zeremonie nicht folgen. Es liegt nicht daran, dass Matt am Rand der Bühne steht und sich flüsternd mit Sascha unterhält, der irgendwann auch noch aufgetaucht ist. Die Rede des Dekans ist einfach todlangweilig. Klar, wir sind die Zukunft von heute. Klar, wir haben eine tolle Zeit vor uns und wir werden ganz viele unvergessliche Momente und Erfahrungen sammeln, doch der alte Mann oben am Mikrofon ist nicht zum Entertainer geboren. Der Chor, der nach der Rede folgt, macht das Ganze nicht besser.

Ein Blick auf mein Handy lässt mich innerlich aufheulen. Die Veranstaltung geht noch über eine halbe Stunde! Stöhnend lasse ich das Handy zurück in die Tasche gleiten. Damit meine Augen nicht wieder Matt fixieren, zwinge ich sie, über die Studentenmenge zu wandern. Sie bleiben bei Pseudo-Zayn ein paar Reihen vor mir hängen. Bei seinem Anblick muss ich schmunzeln. Immer noch steckt einer der AirPods in seinem Ohr. Er wippt leicht zum Takt der Musik. Der Typ ist echt dreist und mutig! Ich bin neidisch, weil in seinen Ohren kein Chor verstaubte Volkslieder jault! Verdammt, warum bin ich nicht auf die Idee gekommen? Ach ja, weil Sophie mich getötet hätte!

Always meet TwiceWhere stories live. Discover now