Kapitel 22

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Erst als es im Zimmer taghell ist und mir die Sonne erbarmungslos ins Gesicht scheint, öffne ich die Augen. Mit Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass ich den Wecker überhört habe und ich spät dran bin. Es ist kurz nach neun und in einer Stunde beginnt meine erste Vorlesung. Kurz denke ich daran, dass ich Matt in vier Stunden wiedersehe. Mein Herz springt bei dem Gedanken freudig auf, dann hüpfe ich aus dem Bett und hetze in Rekordgeschwindigkeit zur Uni.

Fünf Minuten vor Beginn der Veranstaltung trete ich in den kleinen Hörsaal und schlängle mich durch die hinterste Reihe, in der sich Danny breitgemacht hat. Die Dozentin ist bereits da. Sie kniet am Boden und spielt mit den Knöpfen am Rednerpult herum.

»Was macht sie da?«, frage ich Danny anstelle einer Begrüßung und nicke in Richtung der Professorin. Danny mustert mich. Dabei haben seine Augen wieder diesen neugierigen Glanz.

»Probleme mit der Technik, also uninteressant.« Er rückt näher zu mir. »Viel interessanter ist, welche Drogen du genommen hast.«

Ich lege meinen Collegeblock auf den Tisch und einen Kuli suche.

»Wie kommst du darauf, dass ich Drogen nehme?«

Er verengt die Augen und kommt meinem Gesicht so nahe, dass sich unsere Nasenspitzen berühren. »Du strahlst.«

Ich rücke von ihm ab. »Ja und? Ich hab gute Laune.«

Er schüttelt langsam den Kopf und wirkt dabei misstrauisch. »Das ist nicht normal! Du hast nie gute Laune! Gestern warst du der Tod und hast deinen Laptop verprügelt und heute strahlst du und tanzt in den Hörsaal.«

»Ich hab einfach mal gut geschlafen, Danny!«, erwidere ich genervt. Dann muss ich an das Skypegespräch und an Matt denken. Noch drei Stunden! Die Vorfreude ist unerträglich. Faszinierend, wie schnell sich Gefühle ändern können. Vor genau einem Tag wäre ich jeder Begegnung mit ihm aus dem Weg gegangen, nun sehne ich mich nach ihm, dass die Zeit zäher als eine Schnecke kriecht.

»Oh Gott! Jetzt grinst sie auch noch debil!«, mault Danny, »Es sind Drogen definitiv! Oder sie hat an einem atomaren Brennstab genuckelt.« Sein Blick durchbohrt mich, »Oder sie wurde gevögelt.« Er erstarrt und seine Brauen ziehen sich zusammen. »Wurde sie gevögelt?!«

Ich spüre, wie mir verräterische Hitze ins Gesicht schießt. »Hör auf, mit mir in der dritten Person zu reden! Ich bin da und anwesend.«

»Oh. Mein. Gott.« Dannys Hand schlägt auf den ausgeklappten Tisch vor ihm. »Wie zur Hölle konnte mir das entgehen! Wer? Wann? Wie? Warum, musst du nicht erklären. Das erklärt sich von selbst!«

Ich rutsche tiefer in den Sitz und lasse den Blick durch den Hörsaal schweifen. Tatsächlich schauen zwei Studenten eine Reihe vor uns neugierig herüber. Die Dozentin hängt am Handy und redet schnell darauf ein. Wenigstens hat sie Dannys Rumgeplärre nicht mitbekommen.

»Sei nicht so laut«, fauche ich ihn leise an, »Und ich habe nicht gevögelt, du Vogel.« 

Ich ernte ein bellendes Lachen, bei dem Danny so sehr die Zähne bleckt, dass ich die weißen Beißerchen zählen könnte. »Wie kommt es dann zu diesem gläsernen Blick und einem Lächeln, das dich leicht verrückt aussehen lässt?«

Ich muss wieder an Matt denken und bin mir dabei bewusst, dass mein Lächeln noch breiter wird. Im Augenwinkel sehe ich, wie Dannys Augenbrauen höher wandern.

»Ich habe nicht gevögelt, aber da war was«, flüstere ich leise und bevor er euphorisch aufkreischen kann, beginne ich hastig und in wenigen Sätzen von Matt und unserem Skypegespräch zu erzählen. »Es ist total komisch und irritierend und gleichzeitig fühle ich mich in seiner Gegenwart wohl, wie bei niemanden sonst. Er hat gefragt, ob wir wieder zusammen in die Cafeteria gehen«, ende ich meine kurze Erzählung. 

Always meet TwiceTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon