20 | just looking what the plants are doing

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Der Wind pustete Jeongguk fast von der Wand und er merkte relativ schnell, dass seine zwei Wochen Isolation sich in seinem Körper bemerkbar machten. Normalerweise schaffte er es mit Leichtigkeit sich an dem Metall hochzuziehen und auf die Dächer der Häuser zu klettern. Inzwischen aber war er schon erschöpft allein vom bloßen Festhalten an der Regenrinne.

Allein der Gedanke daran hochzuklettern wirkte utopisch auf ihn.
Jimin und Hoseok wären enttäuscht.

Wütend ließ Jeongguk sich also langsam an der Leitung herunter, bis der Abstand zwischen ihm und dem Boden klein genug war, dass er sich darauf fallen lassen konnte.

Bevor er sich jedoch elegant auf den sandigen Boden abrollen konnte, kam er schon mit seinem rechten Fuß auf und knickte weg. Verzweifelt ruderte er mit den Armen und griff nach dem nächstbesten, das er erreichen konnte - der Zweig eines Dornenstrauches -, um sich festzuhalten.

„Scheiße", fluchte er, als sich die Dornen in seine Haut bohrte, er loslassen musste und wie eine Marionette ohne Puppenspieler zu Boden sank. Ein wenig Blut trat aus seiner Handfläche, doch es tat nicht wirklich weh. Nicht so sehr zumindest wie sein Knöchel.
Früher wäre ihm das nie passiert.
Er war eingerostet wie ein fünfzig Jahre altes Auto.

Während Jeongguk sich schwerfällig auf die Beine zog, fluchte er leise vor sich hin und verdammte Taehyung dafür, dass er ausgerechnet ihn aus der großen, breiten Masse gepickt hatte.
Warum ausgerechnet er als Druckmittel herhalten sollte und warum ausgerechnet er wieder in jedes Fettnäpfchen treten musste, das man ihn in den Weg gestellt hatte.

Wenn er jemand anderen ausgesucht hätte, dürfte der sich jetzt mit dem Mist hier herumschlagen und Jeongguk könnte schön Zuhause in seinem eigenen Bett liegen, jeden Tag selbst bestimmen, was er essen würde, sich über Integralrechnung belesen oder mit Hoseok und Jimin darüber streiten, wie sie ihre Bar nennen würden, wenn sie irgendwann mal eine aufmachten.

Genervt setzte Jeongguk sich in Bewegung und trottete um den Gebäudekomplex herum. Vielleicht würde er von dort in den Garten gelangen und könnte sich ein wenig die Beine vertreten, während er seine Gedanken ein wenig auslüftete.

Tatsächlich gab es einen Trampelpfad der hinter das Haus führte und den Weg auf die ordentlich geschnittenen und gepflegten Hecken und Blumenbeete freigab. Warmes Sonnenlicht flutete das Grün und Jeongguk spürte automatisch, wie sich ein Lächeln auf sein Gesicht schlich.

Die Knospen der Bäume hatten sich seit dem letzen Mal noch ein bisschen weiter geöffnet, sodass man schon das Grün der Blätter erahnen konnte, und er entdeckte am Wegesrand ein paar Schneeglöckchen, die im Frühlingswind ihre Köpfchen hin und her wogen.

Die hatten es gut.
Sie lebten einfach nur nebeneinander her. Keiner interessierte sich für den anderen und solange sie genug Wasser und Licht bekamen, um wachsen zu können, war alles in bester Ordnung.

Jeongguk seufzte, als er an ihnen vorbeiging und wehmütig über seine Schulter auf die weißen Blumen zurücksah.

Warum ausgerechnet er?
Es gab so viele Homosexuelle in seinem Alter. Der Typ aus dem Club zum Beispiel. Sobald diese Erinnerung hochkam, fing Jeongguk an zu grinsen.
Der war toll gewesen.

Sie hatten kein einziges Wort miteinander gewechselt. Er hatte ihn einfach angetanzt und von da an hatte sich die Sache selbst in die Hand genommen. Komischerweise wusste Jeongguk noch genau, wie es sich angefühlt hatte ihn zu küssen. Und, zum Teufel, er würde so viel dafür geben, das zu wiederholen.

Coup d'état ⇢ TaekookWhere stories live. Discover now