12 | blueberry, best choice

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„Ich hör erst auf, wenn er bezahlt", erklärte Yoongi, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen, und drehte seine Waffe so, dass er wieder den Griff in der Hand hielt. Provokant schob er den kalten Lauf unter Jeongguks Kinn und drückte so seinen Kopf hoch.

Jeongguk sah seinen Gesichtsausdruck dabei nicht, da er seine Augen kaum öffnen konnte, doch irgendetwas sagte ihm, dass er grinste.
Ein diabolisches, sadistisches Grinsen.

„Tu das nicht...", flüsterte er und versuchte unter Schmerzen seine Augen komplett zu öffnen, um in Yoongi vielleicht einen letzten Funken Mitleid entfachen zu können.

Doch als er aufsah, sah er nicht Yoongis mordlustigen Blick. Er sah direkt in die Kamera eines Handys.

„Man, du bist gut. Guck, ich hatte Gänsehaut." Grinsend nahm Yoongi das Telefon herunter, steckte die Waffe zurück in seinen Gürtel und hockte sich neben Jeongguk auf dem Boden. „Ich wusste, dass Namjoons Idee dich vorher zu fragen nicht funktionieren würde."

„Was...", murmelte Jeongguk verwirrt und wich zurück, als Yoongi eine Hand an seine Schläfe legen wollte. „Lass das! Lass mich in Ruhe..."

„Hey, entspann dich. War alles nur Maskerade. Wir brauchten ein Video von dir wie du leidest. Komm her, ich helf dir!", bot Yoongi viel zu freundlich an, doch Jeongguk schüttelte den Kopf. So langsam verstand er, was hier gerade eben abgezogen worden war und es gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Du haust mir den Schädel ein und schlägst mir fast einen Zahn aus", rief er anklagend und schlug Yoongis Hände weg. „Wozu? Verdammte Scheiße..."

„Wie gesagt... Erpressungsmaterial", zuckte Yoongi mit den Schultern, als hätte er gerade eben ein Reh gefüttert, statt einen Menschen mit einer Waffe zu bedrohen. „Ich hätte natürlich auch filmen können, wie du und Namjoon am Tisch sitzt, Kuchen esst und das Blaue vom Himmel flirtet. Eigentlich war Namjoons Idee, dass wir dich vorher fragen, ob du mitspielst, aber irgendwie hab ich an deinen Fähigkeiten zu lügen gezweifelt. Nimm's mir nicht übel... nächstes Mal machen wir es anders."

Jeongguk biss die Zähne auf einander, um Yoongi nicht an die Gurgel zu gehen. Was bildete dieser Kerl sich eigentlich ein?
„Ich hätte sterben können", protestierte er, doch Yoongi lächelte nur spöttisch.

„Nein, hättest du nicht. Ich kenne den menschlichen Körper besser als ein Arzt. Die Stelle an deinem Kopf hätte dich maximal ins Reich der Träume geschickt, aber zum Teufel... ich bin fast dreißig. Ich weiß, wie heftig man zuschlagen muss, um jemanden das Bewusstsein zu nehmen."
„Du bist krank."
„Das werde ich wiederum nicht widerlegen."
„Und Namjoon und ich flirten nicht."

Yoongis Lachen war so laut, dass Jeongguks Kopfschmerzen augenblicklich wieder einsetzten.
„Doch", sagte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Doch, tut ihr. Du zumindest. Namjoon ist einfach nur nett."

„Echt?", rutschte es Jeongguk heraus und er senkte beschämt den Blick. Eigentlich war es ihm egal. Es war ja nicht so, als würde er Namjoon heiraten wollen, aber ein bisschen Spaß durfte er doch noch haben.

„Brauchst nicht so enttäuscht sein. Dafür ist jemand anderes sehr fasziniert von dir."
„Ich will nichts von Typen, die mir Zähne ausschlagen, weil sie denken, es würde mir nichts ausmachen", murmelte Jeongguk und sah finster zu Yoongi hoch. Er hatte sich noch immer nicht entschuldigt und klopfte stattdessen einfach weiter Sprüche, als wäre nichts geschehen.

„Das meine ich nicht", grinste Yoongi und hielt ihm eine Hand hin. „Aber dazu komm ich später. Wenn du die Beule jetzt nicht kühlst, wird es später noch schlimmer werden, also reiß dich zusammen und lass dir helfen."

Widerwillig ergriff Jeongguk Yoongis Hand und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen. Die Stelle, wo er ihn erwischt hatte, pochte unangenehm und er schaffte es gerade so zu den Stühlen, bevor die Schmerzen zu stark wurden.
Das war schlimmer als jeder Migräneanfall, den er je gehabt hatte.

„Trink das", befahl Yoongi leise und reichte Jeongguk ein Glas Wasser, in dem Schmerztabletten gelöst waren.
„Wie viel sind da drin?"
„Genug", antwortete er knapp und verschwand kurz im Badezimmer, um mit einem nassen Waschlappen wiederzukommen. „Und jetzt halt still. Ich will dir wirklich nicht nochmal wehtun..."

Noch immer ein wenig misstrauisch senkte Jeongguk den Blick und ließ Yoongi in Ruhe das Blut aus seinem Gesicht wischen und die Beule an seinem Kopf kühlen. Es tat weh, aber nicht so sehr, wie damals, als seine Mutter ihn verarzten musste, kurz nachdem er auf dem Fahrrad von einem Auto erwischt worden war. Sie hatten zuhause keine richtigen Schmerzmittel gehabt und er konnte Wochen danach nicht am Sportunterricht teilnehmen, da sein Bein so sehr wehtat, auch wenn sie nicht den blassesten Schimmer hatten weshalb.

Yoongi hatte Recht behalten. Die Schmerzen waren auszuhalten. Das Einzige, was noch sein konnte, war, dass die Veilchen zurückblieben und er für ein paar Tage eine Beule haben würde.

„Wenn du jeden Morgen zwei davon nimmst, bist du in drei Tagen wieder auf den Beinen."
„Hätte sich auch vermeiden lassen."
„Nein, hätte es nicht. Es gibt zwei Regeln für echte Angst. Erstens, sie ist immer zu erkennen und zweitens, sie lässt sich nicht vortäuschen."

Daraufhin schwieg Jeongguk und schloss die Augen, während die gelösten Schmerztabletten langsam ihre Wirkung entfalteten und ihn müde machten.
„Kann ich mich hinlegen?"
„Klar. Wenn du den Waschlappen mitnimmst. Die Schwellung muss zurückgehen, sonst wird das morgen schlimmer aussehen, als es ist. Und das wäre... ungünstig."
„Warum? Ist morgen irgendwas besonderes? Darf ich wieder nach Hause?"

Schwerfällig stand Jeongguk auf und schlurfte zu seinem Bett, um sich zwischen die Kissen fallen zu lassen. Es war weicher und größer, als sein altes und eigentlich wollte er nie wieder tauschen...

„Nein, noch nicht. Morgen früh kommt jemand, der dich sehen will und vielleicht wäre es ganz gut, wenn du dir dafür mal was anderes anziehst. Du... riechst ein bisschen."

Über Jeongguks Gesicht huschte ein Grinsen und er gähnte noch einmal, ehe er die Augen schloss.
„Tja... was erwartest du, wenn ihr mich ohne Wechselklamotten einfach hier einsperrt."

„Und du hast es nicht für nötig gehalten uns etwas zu sagen?", fragte Yoongi entsetzt, doch irgendwie rauschten sie über Jeongguk hinweg und stießen gegen die Wand.

„Und Namjoon will wirklich nichts von mir...?"
„Jeongguk?"
„Er ist so toll, aber sag ihm nichts davon."
„Jeongguk? Bist du noch wach?"
„Weißt du... ich bin ja nicht wählerisch. Aber wenn ich zwischen Stock-im-Arsch-Prinz und Stolz-und-Vorurteil-ist-mein-Leben entscheiden müsste... würde ich... Blaubeere... ja... genau..."

Yoongi reckte den Hals, in Erwartung auf dieses wirre Gefasel würde noch ein wenig mehr folgen, doch Jeongguk fing bereits an zu schnarchen.













Meine Deutschklausur ist geschafft und ich hoffe, dass ich nie wieder in meinem Leben den Namen Emilia Galotti hören muss...

Schönstes Gefühl der Welt... ich fang an:
Frisch rasierte Beine

Songempfehlung des Tages:
Mockingbird [Eminem]

Coup d'état ⇢ TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt