𝔸𝕔𝕙𝕥𝕦𝕟𝕕𝕫𝕨𝕒𝕟𝕫𝕚𝕘

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Im Bruchteil einer Sekunde drehte ich mich doch noch ab, um in die entgegengesetzte Richtung abzuhauen. Nach ein paar Schritten, spürte ich jedoch eine Hand auf meiner Schulter.

»Hey! Warte mal«, vernahm ich Dylans Stimme direkt an meinem Ohr. Ich konnte nicht anders, als resigniert die Augen zu schließen, bevor ich mich dann doch notgedrungen zu ihm umdrehte.

»Was willst du von mir?«, wollte ich genervt von ihm wissen, während meine Körpersprache deutlich meine Wut ihm gegenüber widerspiegelte.

»Ich will mit dir reden«, antwortete er vollkommen ruhig und ich meinte den Anflug von Reue in seinem Gesicht zu erkennen. Ganz sicher war ich mir jedoch nicht, denn für mich war Dylan nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln.

»Ist dir noch eine neue Weise eingefallen, um mich zu demütigen? Wenn ja ... Lass es einfach gut sein.«

Anstelle einer Antwort, griff er nach meiner Hand und zog mich entschieden ein paar Schritte beiseite. Obwohl ich ihm meine Hand ohne Probleme entziehen hätte können, ließ ich ihn gewähren. Erst als wir eine ruhigere Stelle etwas abseits erreicht hatten, löste er die Verbindung.

»Hör zu ... Ich war echt scheiße zu dir«, begann er schließlich und es wirkte tatsächlich so, als würden ihm die Worte nicht leicht über die Lippen kommen. »Es war nicht so gemeint, okay?«

»Lass mich raten ... Der Alkohol ist schuld?« Meine Worte klangen abschätziger, als beabsichtigt, aber vielleicht war das gar nicht verkehrt.

»Nein«, antwortete er entschieden, »allein die Tatsache, dass ich ein Arschloch bin, ist der Grund für mein Verhalten.«

»Ganz einfach: Dann sei keins«, erwiderte ich in einem harten Tonfall, obwohl ich deutlich spüren konnte, wie meine Schutzmauer langsam zu bröckeln begann. Eigentlich hatte ich doch mit ihm und allen Mysterien, die ihn umgaben abgeschlossen, oder?

»Es tut mir leid.« Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und ohne es zu wollen, ließ ich langsam meine Schultern sinken. Meine Abwehrhaltung fiel endgültig zusammen, ohne dass ich dagegen ankämpfen konnte. Natürlich war ich noch sauer auf ihn, aber gleichzeitig spürte ich auch eine gewisse Erleichterung, ihn wieder vor mir zu sehen.

»Was genau tut dir leid?«, wollte ich daraufhin von ihm wissen, die Arme abwartend vor der Brust verschränkt. Ganz so einfach würde ich es ihm definitiv nicht machen. Wenn er schon um Verzeihung bat, sollte er seine Entschuldigung ruhig ausformulieren.

Dylan räusperte sich, seine Augen huschten währenddessen unruhig über mein Gesicht. Es fiel ihm schwer, seine Gefühle in Worte zu fassen, aber trotzdem war er es mir schuldig. »Es war nicht fair von mir, dich mit meinen Aussagen zu verletzen«, begann er schließlich zögerlich, bevor er erneut tief einatmete, »außerdem war es echt mies, dich am Hafen stehen zu lassen, um dann auf einer Party zu landen. Das war nicht geplant, ich schwör's.«

Natürlich war es absolut daneben von ihm, mich einfach stehen zu lassen. Trotzdem waren es seine Worte auf der Party, die mich am tiefsten verletzt hatten. »Das, was du zu mir gesagt hast, war echt scheiße«, antwortete ich schließlich in einem gemäßigten Tonfall und die Erinnerung daran, ließ mich noch immer zusammenzucken.

»Auch wenn es keine Entschuldigung ist, aber ich war echt voll und es tut mir wirklich leid.« Er meinte es ehrlich, das konnte ich eindeutig an seinen angespannten Gesichtszügen erkennen.

»Du wolltest mit Beth schlafen«, erwiderte ich ungewollt vorwurfsvoll und schlug mir sofort gedanklich gegen die Stirn. Er konnte schließlich machen, wonach ihm war, oder?

»Ja«, gab er ohne Umschweife zu. »Allerdings ist es nicht so weit gekommen und darüber bin ich froh. « Nun schlich sich doch ein leichtes Lächeln auf seine Lippen und ich musterte ihn skeptisch.

»Es geht mich auch eigentlich überhaupt nichts an«, antwortete ich schließlich mit erhobenen Händen. »Im Endeffekt ist es deine Sache.«

»Nimmst du meine Entschuldigung an?« Sein Blick ruhte hoffnungsvoll auf mir, während er auf eine Antwort wartete.

Natürlich war ich immer noch verletzt, aber andererseits rechnete ich ihm sein Auftauchen hoch an. »Okay«, kam schließlich zögerlich über meine Lippen. »Aber nur, wenn du mir versprichst, dich nicht mehr derart zu besaufen.«

»Uh, das ist vielleicht etwas viel verlangt«, erwiderte er mit einem leichten Schmunzeln, »aber zumindest verspreche ich dir, mich dir gegenüber nicht mehr wie ein Arsch zu verhalten.«

»Einverstanden.«

»Was hast du heute noch vor? Lust etwas abzuhängen?«

»Eigentlich wollte ich nach Hause, aber ein bisschen Zeit habe ich«, stimmte ich zu und ignorierte dabei meinen verräterischen Körper, der sofort mit heftigem Herzklopfen auf sein Angebot reagierte. Hallo? Eigentlich war das Kapitel Dylan abgeschlossen, oder nicht?

Kurze Zeit später schlenderten wir auch schon gemeinsam in Richtung Hafen, als wir irgendwann vor einem Absperrgitter zum Stehen kamen. Einige Arbeiter waren bereits dabei, auf der anliegenden Grünfläche Stände und Fahrgeschäfte für die anstehende Kirmes aufzubauen. Dylan und ich beobachteten das Treiben für einen Moment, bevor er plötzlich zur Seite trat und ein an dem Gitter befestigtes Poster mit Informationen zu der Veranstaltung begutachtete.

»Übermorgen ist Eröffnung«, teilte er mir anschließend mit, aber ich nickte lediglich wissend.

»Die Kirmes ist immer zur gleichen Zeit in den Sommerferien«, gab ich schließlich wenig beeindruckt zurück, »und jedes Jahr sind die gleichen Aussteller da. Ist also nichts Besonderes für mich.«

»Verstehe«, antwortete er, den Blick noch immer auf den zukünftigen Kirmesplatz gerichtet. »Mit der richtigen Begleitung könnte es aber vielleicht doch ganz lustig werden, oder?«

»Kann sein, aber letztes Jahr bin ich gar nicht hingegangen. Meine Freundin Megan war noch im Urlaub und irgendwie hatte ich dann keine Lust.«

Plötzlich vernahm ich, wie Dylan die Distanz zu mir verringerte, was mich dann doch dazu veranlasste, ihn fragend anzusehen.

»Hättest du vielleicht Lust mit mir zur Eröffnung zu gehen?«, richtete er sich unvermittelt an mich und ich konnte nicht anders, als überrascht nach Luft zu schnappen.

Who Is Dylan?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt