ℕ𝕖𝕦𝕟𝕫𝕖𝕙𝕟

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Obwohl ich wirklich versucht war, meine beste Freundin über die neuesten Entwicklungen aufzuklären, entschied ich mich dagegen. Stattdessen lag ich mit klopfenden Herzen in meinem Bett und starrte auf den Sperrbildschirm meines Handys.

Bevor ich mich von ihm verabschiedet hatte, hatte ich ihm kurzerhand meine Nummer gegeben. Natürlich nur für den Fall, wenn er doch noch absagen wollte. Irgendwie konnte ich nämlich nicht ganz glauben, dass er sich tatsächlich mit mir treffen wollte.

Je länger ich darüber nachdachte, desto alberner kam ich mir vor. Daher schob ich mein Telefon schließlich mit einem entschiedenen Ruck unter mein Kopfkissen und rollte mich anschließend auf die Seite. Doch ganz egal wie fest ich meine Augenlider zusammenpresste, ich konnte sein Gesicht nicht aus meinen Gedanken vertreiben. Seine blauen Augen, die so besonders schienen, aber gleichzeitig auch eine Traurigkeit ausstrahlten, wie ich sie bisher noch nie bei einem Menschen beobachtet hatte. Selbst die Dichte seiner Wimpern und seine wohlgeformten Lippen hatten sich scheinbar unwiderruflich in mein Gedächtnis gebrannt und dass, obwohl ich wirklich versucht hatte, ihn nicht mehr dauernd anzustarren.

»Was stimmt nicht mit dir?«, murmelte ich zu mir selbst und zog mir kurzerhand die Decke über den Kopf. »Dein Interesse gilt ausschließlich seiner Geschichte und nicht ihm

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich im Begriff war einzuschlafen, schreckte ich durch das Vibrieren meines Handys hoch. Augenblicklich war ich wieder hellwach und ließ meine Hand unter das Kissen gleiten, um möglichst schnell an mein Telefon zu kommen.

Eine neue Nachricht:

Hey! Gute Neuigkeiten! Wir fahren morgen früh endlich zurück und ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen! Morgen Abend Movie Night bei mir? xoxo Megan

Fuck.

Was sollte ich darauf antworten? Ich wollte ihr wirklich die Wahrheit sagen, aber irgendwie verspürte ich auch das Bedürfnis, mein Treffen mit Dylan nicht an die große Glocke zu hängen. Insbesondere weil er ziemlich deutlich gemacht hatte, wie wichtig ihm das war. Im Prinzip hatte ich ihr ohnehin schon viel zu viel erzählt.

Hi! Ich freu mich, wenn du endlich wieder da bist! Morgen Abend muss ich arbeiten, aber übermorgen habe ich Zeit.

Oh Gott. Es fühlte sich furchtbar an, sie anzulügen. Trotzdem schien es die einzige Möglichkeit, um neugierige Fragen zu umgehen. Zumindest vorerst.

Ich war bereits im Begriff, mein Handy wieder unter das Kopfkissen zu schieben, als das Display erneut aufblinkte. Seufzend stoppte ich in meiner Bewegung und stellte mich innerlich bereits auf eine enttäuschte Antwort von Megan ein. Allerdings setzte mein Herz kurz aus, als mir stattdessen eine Nachricht von einer mir unbekannten Nummer angezeigt wurde.

Jede Faser meines Körpers bebte vor Anspannung, als ich die Mitteilung öffnete:

Schlaf gut.

Dylan

Oh mein Gott! Er hatte mir tatsächlich eine Nachricht geschickt! Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, während mein Puls erneut zu rasen begann. Warum zur Hölle reagierte ich so auf ihn? Hatte ich vielleicht ein Helfersyndrom, welches mir bisher verborgen geblieben war?

Ohne die Antwort auf meine Fragen zu kennen, begann ich, auf seine Nachricht zu reagieren. Ich tippte eifrig ein paar Worte, die ich dann jedoch wieder löschte. Es brauchte ungefähr zehn Versuche, bis ich schließlich einen kurzen Text zustande gebracht hatte:

Gute Nacht und bis morgen Abend.

Claire

****

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hielt ich noch immer mein Telefon in der Hand. Allerdings hatten weder Dylan noch Megan auf meine Nachrichten reagiert, wie ich enttäuscht feststellte. Noch etwas schlaftrunken ließ ich meine Füße auf den Fußboden gleiten und gähnte einmal ausgelassen, bevor ich mich erhob.

Leise durchquerte ich mein Zimmer und öffnete die Tür, um mich anschließend ins Erdgeschoss zu begeben. Ich hatte die untere Etage noch nicht erreicht, da drang bereits der Geruch von gebratenem Speck und Eiern zu mir vor. Daher wunderte es mich auch nicht, meinen Vater gut gelaunt in der Küche vorzufinden.

»Guten Morgen«, begrüßte ich ihn und warf einen neugierigen Blick in die Pfanne, um meine Vermutung zu bestätigen.

»Bist du so lieb und deckst schon mal den Tisch?«, wandte er sich mit einem Lächeln an mich, bevor er sich wieder auf den Inhalt der Pfanne fokussierte. »Das Frühstück ist fast fertig.«

»Klar«, antwortete ich ein wenig zu überschwänglich, weswegen er mir kurz einen irritierten Blick zuwarf. Immerhin war es in der letzten Zeit nicht oft vorgekommen, dass ich keine Widerworte gegeben hatte.

Kurze Zeit später saß ich gemeinsam mit meinen Eltern am Frühstückstisch, obwohl meine Gedanken insgeheim nur um meine Verabredung mit Dylan kreisten. Wir hatten nicht mal eine Uhrzeit ausgemacht, geschweige denn besprochen, was wir überhaupt unternehmen wollten. Trotzdem freute ich mich darauf, ihn wieder zu sehen.

Ich war gerade dabei mir ein Glas Orangensaft einzugießen, als meine Mom plötzlich das Wort an mich richtete. »Ich habe eine kleine Überraschung für dich«, verkündigte sie verheißungsvoll uns bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht recht deuten konnte.

»Okay?«, gab ich skeptisch zurück, während ich darauf wartete, dass sie ihre Aussage konkretisierte. Irgendwie schwante mir jedoch, dass „Überraschung" in dem Fall nichts Gutes heißen würde.

»Danielle wird für ein verlängertes Wochenende nach Hause kommen!«, verkündete sie feierlich und biss anschließend herzhaft in ihr Brot. Während sie kaute, überlegte ich noch, was ich auf diese Neuigkeiten erwidern sollte. Allerdings hatte meine Mom noch eine weitere Botschaft für mich: »Da du heute frei hast, wirst du sie heute Abend leider allein in Empfang nehmen müssen, aber euch fällt schon eine Beschäftigung ein, nicht wahr? Immerhin habt ihr euch sicherlich viel zu erzählen.«

Who Is Dylan?Where stories live. Discover now