ℤ𝕨𝕖𝕚𝕦𝕟𝕕𝕫𝕨𝕒𝕟𝕫𝕚𝕘 // 𝔻𝕪𝕝𝕒𝕟

445 58 47
                                    

Dylan

»Es ist nur ein Traum«, murmelte ich immer wieder zu mir selbst, während ich meine Augen aufgrund der grellen Deckenbeleuchtung angestrengt zusammenkniff. »Du musst endlich aufwachen, dann wird alles wieder in Ordnung sein.«

Eine Art Mantra, die dazu dienen sollte, meinen Verstand zu beschwichtigen und mich vor der unbarmherzigen Realität zu bewahren. Doch der kleine fensterlose Raum mit der verspiegelten Wand, dem kahlen Tisch und den beiden trostlosen Stühlen sprach eine andere Sprache. Es war real und es gab nichts, was ich dagegen tun konnte.

»Mr. Foster«, ertönte plötzlich eine männliche Stimme hinter mir. Ganz offensichtlich hatte jemand den Raum betreten, aber mir fehlte die Kraft, mich zu ihm umzudrehen. »Mein Name ist Andrews und ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen. Meine Kollegen und ich sprechen gerade mit allen, die während des Vorfalls ebenfalls an den Klippen waren.«

»Während des Vorfalls?«, wiederholte ich seine Wortwahl fassungslos. »Mein bester Freund ist tot, verdammte Scheiße und Sie nennen das einen verfickten Vorfall?« Ich schrie die Worte einfach so hinaus, während sich meine Augen wieder mit Tränen füllten.

»Ich verstehe, dass dies eine Extremsituation darstellt, aber wir müssen herausfinden, was passiert ist.« Schwere Schritte auf dem grauen Linoleumboden verrieten, dass er sich mir näherte, trotzdem blieb mein Blick stur auf die vor mir liegende Tischplatte gerichtet.

»Also ...«, ergriff er erneut das Wort, während er sich schwerfällig auf den mir gegenüberliegenden Stuhl sinken ließ. »Ich möchte, dass Sie mir von gestern Abend erzählen.«

Halbherzig wischte ich mir mit dem Handrücken das Gesicht trocken, bevor ich den Ermittler das erste Mal direkt ansah. »Wäre ich doch bloß mit ihm in das verfickte Kino gegangen«, begann ich leise, bevor meine Stimme brach.

»Wollten Sie ursprünglich gemeinsam ins Kino?«, griff der Ermittler meine Aussage auf, während er sich interessiert nach vorne beugte.

Daraufhin erzählte ich ihm alles, woran ich mich erinnerte. Angefangen damit, dass er von mir zu der Party an den Klippen überredet wurde und ich schloss damit ab, wie ich mich mit Gianna von den anderen abgesetzt hatte.

»Es ist alles meine Schuld«, resümierte ich verzweifelt. Obwohl ich immer noch nicht begreifen wollte, dass mein bester Freund nicht mehr da sein sollte. Wie konnte diese Welt ohne ihn existieren? Es ging einfach nicht in meinen Kopf.

»Sie haben sich also mit Ihrer Freundin von den anderen entfernt. Wann und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden, dass etwas nicht stimmt?«

Ich schloss die Augen, während ich vor Anspannung schmerzhaft meinen Kiefer zusammenpresste. »Gianna und ich haben plötzlich Schreie gehört. Es kommt zwar öfter mal vor, dass irgendwer besoffen rumbrüllt, aber diese Schreie klangen anders. Ich wusste sofort, dass irgendwas passiert sein musste.«

»Was haben Sie dann gemacht?«

»Wir haben uns angezogen und sind zurück zu den anderen gelaufen. Kurz bevor wir die Feuerstelle erreicht hatten, kam uns Ben entgegengestürmt. Als ich von ihm wissen wollte, was passiert war, stammelte er nur unverständliches Zeug, weshalb ich ihn schließlich zur Seite drängte und nach Greg rief.«

»Sie riefen nach Ihrem Freund, um von ihm den Grund für die plötzliche Unruhe zu erfahren?«

»Er saß nicht mehr am Feuer ...«, versuchte ich das Unfassbare vor meinem inneren Auge zu rekonstruieren. »Greg war einfach nicht mehr da.«

»Was ist dann passiert?« Der Ermittler musterte mich eindringlich, während ich mir verzweifelt meine Handflächen vor mein Gesicht schlug. Mein Herzschlag fühlte sich durch die Aufregung so unregelmäßig an, als würde es jeden Moment aufhören zu schlagen.

»Anne kam schreiend auf uns zu gelaufen. Ich packte ihre Schultern und forderte sie auf, mir endlich zu sagen, was los ist«, erklärte ich leise. »Sie deutete zitternd in Richtung der Klippen, woraufhin ich sie zur Seite stieß und loslief.«

»Sie liefen also zu den Klippen ... Und weiter?«

»Die anderen standen am Felsvorsprung und schrien durcheinander. Zuerst waren es nur Wortfetzen, die keinen Sinn ergaben, aber als ich realisierte, was sie mir mitteilen wollten, konnte ich es einfach nicht glauben. Es machte keinen Sinn! Warum sollte Greg über die Klippe gefallen sein? Ich lief auf den Felsvorsprung zu und versuchte etwas zu erkennen, aber es war zu dunkel, um unten etwas auszumachen und irgendjemand riss mich schließlich nach hinten.«

»In der Zwischenzeit waren bereits mehrere Notrufe abgesetzt wurden. Ihre Freunde berichten, dass sich Greg offenbar alkoholisiert von der Feuerstelle entfernt hat und anschließend über den Rand der Klippe gestolpert sein soll.«

»Das ergibt doch keinen Sinn. Greg ist wahrscheinlich der Vernünftigste von uns allen und er war zwar betrunken, aber bei Weitem nicht so, dass er ...« Ich hatte keine Kraft mehr, um den Satz zu beenden. Stattdessen verbarg ich mein Gesicht erneut in den Händen.

»Es ist nicht einfach, das verstehe ich«, lenkte der Ermittler plötzlich ein. Er zog eine Packung Taschentücher aus der Innentasche seiner Jacke und schob sie wortlos zu mir rüber. „Der Tod Ihres Freundes erschüttert uns alle sehr. Umso wichtiger ist es, die Hintergründe lückenlos aufzuklären.«

Ich erwiderte zuerst nichts, aber die Worte des Mannes hallten in meinen Ohren wider. Es war eindeutig meine Schuld, daran würde niemand jemals etwas ändern können. Greg hatte mir, ohne es zu wissen, so viele Chancen gegeben, um sein Leben zu retten, aber ich war nur auf mich und meine verfickten Bedürfnisse fixiert gewesen. Wenn ich nicht so ein abgefuckter Egoist wäre, wäre das alles niemals passiert.

Der Ermittler räusperte sich einmal und riss mich somit aus meinen Gedanken. „Von meiner Seite aus können Sie jetzt gehen. Allerdings möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie und Ihre Freunde Bestandteil einer laufenden Ermittlung sind. Halten Sie sich also für weitere Befragungen bereit und bleiben Sie bitte in der Stadt.«

»Was wollen Sie damit andeuten?«, brachte ich leise hervor, während ich verzweifelt versuchte, in der Mimik des Mannes Hinweise auf seine Gedanken zu erkennen.

»Ich will damit sagen, dass wir herausfinden werden, ob Ihr Freund durch einen Unfall oder aufgrund von Fremdverschulden ums Leben gekommen ist.«

Who Is Dylan?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt