Mein Leben als Muffingroupie, Teil 1

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27. Kapitel

Es wäre gelogen, zu sagen, dass ich nicht etwas nervös wegen des bevorstehenden Gesprächs mit Tella war. Hibbelig hatte ich die letzte halbe Stunde damit verbracht, unsere DVDs erst alphabetisch und dann nach Farben und zum Schluss nach Qualität zu sortieren. Trotzdem konnte ich es kaum erwarten, dass Tella endlich kam und wir über das Geschehene reden konnten. Mittlerweile hatte ich angefangen, die Küche zu wischen und lauschte auf jedes Geräusch, in der Hoffnung, endlich die Klingel zu hören – immerhin sollte Tella jede Minute aufkreuzen. Gerade wollte ich ergeben aufhören, die Küche zu wischen und endlich in mein Zimmer gehen, als endlich – endlich – die kurze Tonabfolge ertönte.

Schnell sprang ich auf, fegte dabei fast ein Glas von der Küchenablage, und rannte die paar Meter zur Haustür, um sie aufzureißen. Tella stand davor, eine kleine Tüte in der Hand, und lächelte mich nervös an – wahrscheinlich das Ebenbild von meinem Gesichtsausdruck.

„Hi", stieß ich schließlich hervor und öffnete die Tür weiter, um sie hereinzubitten.

„Hey." Ihr Lächeln wurde etwas breiter, beruhigter, und sie trat über die Schwelle, schlüpfte aus ihren Schuhen und folgte mir in die angrenzende Küche.

„Wir haben heute das Haus für uns, Tyler ist zu Harry gefahren und wird erst heute Abend wiederkommen und meine Mutter kennst du ja. Hat schon wieder Extraschichten aufgebürdet bekommen", achselzuckend wandte ich mich dem Gläserschrank zu, holte ein frisches für sie raus und stellte es vor ihr hin. Tella wusste ganz genau, wo die Gläser waren, genauso wie die Getränke – aber ich hatte den Drang verspürt, irgendetwas zu tun zu haben, um meine innere Anspannung etwas abschütteln zu können.

„Das tut mir leid für deine Mutter – auch wenn es cool ist, sturmfrei zu haben", sie warf mir ein verschmitztes Grinsen zu. „Ich habe außerdem etwas mitgebracht."

Verheißungsvoll hob sie die Tüte etwas höher, die sie immer noch in der Hand gehalten hatte, und stellte sie zwischen uns. Ich warf ihr einen fragenden Blick zu, bevor ich danach griff und reinlinste.

„Oh, ich liebe dich, Tella, wirklich, das tue ich!", ich grinste sie kurz dankbar an, bevor ich mir einen Muffin griff – ich liebte die Schokomuffins ihrer Mutter abgöttisch. Fast so sehr wie gewisse Blaubeermuffins.

Tella nahm sich nun auch einen und wir aßen, bevor sie zu dem eigentlichen Grund für dieses Treffens kam.

„Weißt du, Charlie, ich habe dich dafür gehasst, dass du nicht da warst"

Ich wusste sofort, wovon sie sprach. Der Muffin lag mir auf einmal schwer im Magen.

„Das verstehe ich. Und es tut mir leid", meinte ich schließlich, nachdem ich ein paar Mal geschluckt hatte – mein Mund schien auf einmal Wüste spielen zu wollen. Tella hob den Blick zu meinem Gesicht und legte das Muffinpapier weg, das sie in den letzten Minuten zerfranst hatte.

„Charlie, ich weiß, dass du es nicht einfach nur vergessen hattest – genau, wie ich weiß, dass bei dir gerade auch viel in Bewegung, in Veränderung zu sein scheint", sie hob eine Hand, als ich gerade zu einer Antwort ansetzen wollte. „Du musst mit mir nicht darüber reden, aber ich bin da, wenn du willst. Genau wie du für mich es sooft warst." Ihr Lächeln schien mir entgegen zu strahlen und die Vergebung war unübersehbar. Und in diesem Moment gab es für mich nichts wichtigeres.

„Danke, Tella. Danke, wirklich. Ich hoffe, du weißt, dass du, wenn du irgendetwas brauchst, wenn ich es irgendwie gutmachen kann..." Ich ließ den Satz in der Luft hängen, unvollendet. Sie wusste was ich meinte. Tella nickte einmal dankbar, bevor sie die Hand nach mir ausstreckte.

„Komm, lass uns aufs Sofa setzen – ich habe viel zu erzählen, meine Mutter und ihre Chemotherapie ist nicht alles", sie zwinkerte mir zu, und ich ergriff ihre Hand, weil es einerseits so selbstverständlich war, nach ihrer Hand zu greifen, ihr nah zu sein, und andererseits alles andere als selbstverständlich, sondern so außergewöhnlich, so besonders. Wenn mich eines dieses Desaster gelehrt hatte, dann das.

„Ich will alles hören, Tella, alles, was auch immer du zu sagen hast."

AUTHOR NOTE:
Hey - endlich ist Wochenende. Wenn ich eine zweite Identität hätte wäre es wahrscheinlich Schlafentzug.
Wie ist es bei euch?
Oh, und seid ihr Team Schoko - oder Blaubeermuffin?
Bis nächste Woche und ein schönes Wochenende <3.

Mit verbundenen AugenWhere stories live. Discover now