Meine Karriere als Dramaqueen

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8. Kapitel

Mein Tag begann mit zu viel Geschrei und zu wenig Kaffee.

„Oh mein Gott, Charlie! Da steht eine gruselige Frau in der Tür! Wir müssen hier weg!", James panisches Gebrüll drang in mein Bewusstsein und ich setzte mich stöhnend auf. Ich fühlte mich wie überfahren und von einem Löwen zerkaut. Nicht der beste Weg um in den Tag zu starten.

„Was zur Hölle, Charlie! Habt ihr wenigstens Kondome verwendet? Ich hätte dir doch nochmal die Geschichte mit Bienchen und Blümchen erzählen sollen, wusste ich es doch..."

Jetzt stieg auch Moms Stimme in den Lärm von James ein.

„Was? Ach so, du meinst James. Mom, der ist schwul. Also bei ihm eher Bienchen und Bienchen", ich stand auf, zwischen Mom, die sich im Türrahmen aufgebaut hatte, und James, der sich panisch in eine Ecke in meinem Zimmer quetschte.

„Mom? Diese Frau ist deine Mom?", James ungläubiger Tonfall brachte mich zum Kichern, während ich mir verschlafen die Augen rieb.

„Ich weiß, ich sehe ihr nicht ähnlich. Gutes Aussehen kommt von meinem Vater", witzelte ich und handelte mir einen Klaps auf den Rücken ein.

„Deine Bösartigkeit definitiv auch!", meine Mom drehte sich empört um und stapfte aus dem Zimmer.

„Ach ja, in zwanzig Minuten fährt Tyler los, ihr solltet also schleunigst in die Puschen kommen!"

Ich schaute James fragend an, der sich von seinem morgentlichen Schock, oder eher meiner Mutter, erholt hatte.

„Willst du was zum Anziehen?", ich hielt ihm ein rotes Minikleid hin und grinste.

„Du inspirierst echt meinen inneren Meuchelmörder, Charlie McAlby", James schüttelte den Kopf und ging an mir vorbei in Richtung Küche.

„Mit allem anderen wäre ich enttäuscht gewesen!", rief ich ihm noch hinterher, bevor ich in eine regenbogenfarbige Schlabberhose und einen grauen Pullover mit aufreizendem V-Ausschnitt schlüpfte.

Unten angekommen, unterhielten sich James und meine Mom über die Idee, zusammen nächstes Wochenende einen Schokoladenkuchen zu backen. Da hatten sich wohl zwei gefunden. Amüsiert schmierte ich mir ein Nutellabrot für die Mittagspause und schob mir ein zweites direkt in den Mund.

„Fertig mit Plaudern? Ich hab tatsächlich den Drang, heute pünktlich zu kommen.", meinte ich mit vollem Mund und klinkte mich endlich in das Gespräch ein. Mom schaute mich kurz vorwurfsvoll an - ich wusste selbst nicht, wofür, dafür gab es zu viele Auswahlmöglichkeiten - und nickte dann aber James und mir zu. Dieser seufzte nur, bevor er mit mir schnell nach oben verschwand - ein bisschen Hygiene muss einfach sein, selbst im Stress. Ich hörte Tyler schimpfen von wegen „typisch Schwester" und irgendetwas mit „doofen Fruchtzwerge", bevor ich kopfschüttelnd - und einigermaßen hergerichtet - wieder nach unten lief. Die Jungs warteten schon im Flur und sobald Tyler mich sah, verschwand er durch die Haustür. Natürlich nicht ohne mir noch einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Wie ich ihn liebte.

James und ich schnappten uns unsere Rucksäcke und – Oh Shit, James hatte gar keinen Rucksack, seine Schulsachen waren bei ihm zuhause.

Sein geschockter Blick ließ mich losprusten.

„Schon irgendwie verdient, nach deiner Scheißaktion gestern mit dem Rumsabbern", konterte ich seinen bösen Blick - immerhin hatte er meinen Hoodie auf dem Gewissen. Mom schaute uns verstört zu.

„Ich dachte, er ist schwul!", quietschte sie und ich warf ihr eine Kusshand zu, bevor ich an James vorbei nach draußen verschwand.

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Mit verbundenen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt