Kameradschaft, Solidarität und anderer Nonsense

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19. Kapitel 

Ich hatte verdammt schlecht geschlafen, nachdem Tyler und ich uns voneinander verabschiedet hatten und in unsere Zimmer verschwunden waren. Er war wahrscheinlich schlafen gegangen, ich lag stundenlang wach, meine Gedanken so verwirrend, dass ich nicht zur Ruhe kam. Deshalb hatte ich jetzt umso mehr Mühe, meine Augen aufzuhalten, als unser Schuldirektor seine Rede von "nicht geduldeter Feindschaft zwischen unseren Schulen" und "Kameradschaft, Solidarität und Zusammenhalt" beendet hatte. Zwischenzeitlich hatte ich mich echt gefragt, ob es wirklich so unhöflich wäre, jemanden beim Reden eine Schlaftablette in den Mund zu werfen.

Die ganze Oberstufe unserer Schule hatte sich in der Aula versammelt, ein übergroßer, heller Raum mit vielen Fenstern und vollbehangen mit den Farben, Auszeichnungen und dem Maskottchen unserer Footballmannschaft. Wie gestern in der Kabine angekündigt erhielten wir alle eine Strafpredigt, allen voran unser Footballteam. Im Anschluss daran hatte unser Direktor sich auf das Podest gequält, wahrscheinlich seine einzige sportliche Aktion seit Jahren. Und jetzt, nachdem er sich wieder mühsam wieder runtergeschoben hatte, trat Coach vor die Schüler.

„Wie einige der Footballer schon wissen, findet ein Partnerprogramm in den nächsten Wochen statt, ungefähr einen Monat lang. Die Footballteams von gestern Nacht werden in diesem Zeitraum zusammen trainieren und gemischte Mannschaften erstellen. Die Cheerleader ebenso. Die Trainingszeiten bleiben die gleichen, noch dazu hat sich die Murphy O'Sullivan Highschool bereit erklärt, auf unseren Sportplatz mit uns zu trainieren. Das Training fällt heute noch aus, ab morgen geht es regulär weiter. Ich hoffe, ihr nutzt diese Chance, um über eure kindischen Anfeindungen und Vorurteile hinweg zu kommen", er nickte einmal ernst in die Runde und wollte gerade gehen, als er zögerte und doch nochmal das Wort ergriff.

„Aber, natürlich nur rein hypothetisch, hätten wir gestern gewonnen?", meinte er zaghaft und als er ein einstimmiges „Ja" bekam, scheiterte er kläglich daran, eine enttäuschte Miene zu behalten. Mrs Campbell stierte ihn bitterböse nieder, aber das schien ihn nicht zu stören, während er beschwingt Richtung Ausgang verschwand.

Erleichterung durchströmte mich, als wir entlassen wurden und mir klar wurde, dass ich keine zusätzliche Strafe erhalten hatte, trotz meiner Anwesenheit in der Kabine. Schnell packte ich meinen Rucksack und versuchte, mich unauffällig zwischen die anderen Schüler zu mischen. Meine Freunde zu finden war in diesem Gedrängel unmöglich.

„Charlie McAlby noch einmal zum Pult, bitte!"

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich die kalte, klare Stimme unserer Sekretärin durch das Mikrophon schallen hörte. Ein paar meiner Klassenkameraden drehten sich instinktiv zu mir um. Shit, aus dieser Nummer kam ich nicht mehr raus.

Schicksalsergeben drehte ich mich um und schritt so würdevoll wie möglich zu dem Pult und wappnete mich innerlich für alles, was jetzt wahrscheinlich kommen würde.

Ich werde euch die lange Predigt über "jugendliches Fehlverhalten" und "Gefährdung meiner beruflichen Zukunft durch unsinnige Aktionen und fehlende Ambition für Noten" ersparen. Gern geschehen, außerdem. Leider schien Sie mich nicht nur für ihren mehr oder weniger kleinen Monolog herrufen lassen, sondern auch für eine Konsequenz. Natürlich.

„Und deshalb wirst du in dem Zeitraum des Partnerprogramms dem Cheerleader – und Footballteam behilflich sein. Du wirst zu allen Trainingszeiten anwesend sein, außer deine Eltern schreiben eine begründete Entschuldigung. Ich hoffe, du nutzt die Chance, um dein Fehlverhalten gründlich zu überdenken. Alle restlichen Infos wirst du von Coach beantwortet bekommen, wenn deine erste Aushilfestunde anfängt." Sie warf mir einen strengen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete. Und sogar ich verstand den Hieb und hielt meine Klappe. Eigentlich hatte ich so etwas sowieso schon erwartet, sodass ich mich schweigend zur Ausgangstür aufmachte, durch die nun die letzten Nachzügler huschten. Wie es aussah, würde ich in nächster Zeit mehr mit den Jungs aus dem Footballteam zu tun haben. Es gab definitiv schlimmeres. Tatsächlich lächelte ich bei der Vorstellung, die nächsten Wochen einen verschwitzten Kyle aus nächster Nähe betrachten zu dürfen. Außerdem waren Jasper und Harry sowieso in der letzten Woche gute Freunde für mich geworden und die restlichen Footballer wirkten auch ganz nett. Naja, außer Hulk. Der war einfach merkwürdig.

Mit verbundenen AugenWhere stories live. Discover now