Schattenfall

Por Avocady

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Drogen in der Keksdose, blaue Flecken von Mamas Liebhaber, blutige Zähne und schlechte Noten in der Schule. A... Más

Prolog
Kapitel 1. Das perfekte Foto
Kapitel 2. Wassertod
Kapitel 3. Ein letzter Zug
Kapitel 4. Schnee
Kapitel 5.
Kapitel 6. Immer stark
Kapitel 7.
Kapitel 8.
Kapitel 9.
Kapitel 10.
Kapitel 11.
Kapitel 12.
Kapitel 13.
Kapitel 14.
Kapitel 15.
Kapitel 16.
Kapitel 17.
Kapitel 18.
Kapitel 19.
Kapitel 20.
Kapitel 21.
Kapitel 22.
Kapitel 23. Ein und Alles
Kapitel 24. Verzweiflungstat
Kapitel 25. La haine et moi
Kapitel 26. Apathie
Kapitel 27. Ich kann nichts
Kapitel 28. Bitten
Kapitel 29. Scham
Kapitel 30. Nur erträglich
Kapitel 31. Es wird gleich besser
Kapitel 32. Lebensmüde
Kapitel 33. Luft holen
Kapitel 34. Spottgedanken
Kapitel 35. Nick
Kapitel 36. Hilf mir
Kapitel 37. Vielleicht vielleicht
Kapitel 38. All die unerklärlichen Dinge
Kapitel 39. Luft, Liebe und Krankenhausfrass
Kapitel 40. Fremde Sterne
Kapitel 41. Und die verfickten Blumen
Kapitel 42. Armageddon
Kapitel 43. Zerrspiegel
Kapitel 44. Blut an den Händen
Kapitel 45. Zweifel und Verzweiflung
Kapitel 46. Nur atmen
Kapitel 47. Stücke der Freiheit
Kapitel 48. (Gute) Menschen
Kapitel 49. Uno, dos, tres
Kapitel 50. Um den Finger gewickelt
Kapitel 51. von glücklichen Blumen
Kapitel 52. Kinder wie du und ich
Kapitel 53. trautes Heim
Kapitel 54. Ok
Kapitel 55. Unerzogen
Kapitel 57. Wenn du willst
Kapitel 58. Schlaf, Kindlein, schlaf
Kapitel 59. Milchtee
Kapitel 60. Ersatz
Kapitel 61. Gloria
Kapitel 62. Freitagabend
Kapitel 63. Halb vier
Kapitel 64. Porzellan
Kapitel 65. Ich weiss
Kapitel 66. Fehler
Kapitel 67. Mies
Kapitel 68. Coping
Kapitel 69. Montag
Kapitel 70. Kleinkind
Kapitel 71. Frank
Kapitel 72. Messer im Kopf
Kapitel 73. Helferkomplex
Kapitel 74. Frühstück
Kapitel 75. Sonntag
Kapitel 76. Von guten Eltern
Kapitel 77. Narben
Kapitel 78. Post
Kapitel 79. Müde
Kapitel 80. Geh.
Kapitel 81. Was ich will
Kapitel 82. Schneeweisschen und Rosenrot
Kapitel 83. Stichtag
Kapitel 84. Wut
Kapitel 85. Irrational
Kapitel 86. Weitermachen
Kapitel 87. Leichtes Spiel

Kapitel 56. Skelett

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Por Avocady

Die Schlange vor der Ausgabe ist lang und ich habe nicht vor, mich ihr anzuschliessen. Beim Gedanken an die fettige Lasagne wird mir übel. Noch übler, als mir ohnehin schon ist. Ich muss aufhören, muss endlich essen, aber es geht einfach nicht. Fast wie früher. Witzig. 

Jemand reisst mich plötzlich heftig zur Seite, packt mein Handgelenk und zerrt mich grob an sich. Glorias dunkle Augen blitzen nur Zentimeter vor meinem Gesicht auf, ihre zweite Hand liegt auf meiner Schulter. Ich kann ihr Parfüm riechen, als sie sich noch ein Stück weiter vorbeugt, bis sich unsere Oberkörper beinahe berühren.

"Willst du ein Skelett werden, oder was?", zischt sie und ignoriert dabei die Menschenreihe, die sich neugierig an uns vorbeidrängt. 

"Lass mich los", bringe ich perplex hervor. Sie schnaubt und verzieht dabei die schönen Lippen zu einem kaum sichtbaren Lächeln.

"Antworte, dann überleg ich's mir."

"Das geht dich nichts an."

Sie hebt die Augenbrauen.

"Ok. Aber vielleicht Danny."

"Nein", antworte ich genervt. Solange ich tue, was sie wollen, kann ihnen der Rest egal sein. 

"Warum denkst du, mag Nastja Danny nicht, hm?", fragt sie und klingt dabei gereizt, als ob ich zu dumm wäre, um das Offensichtliche zu erkennen. Als ich nicht antworte, schleudert sie mit Zeigefinger und Daumen eine verirrte Locke weg, die mir verwahrlost ins Gesicht hängt.

"Weil sie alles ins Klo kotzt, wenn niemand hinsieht und Danny ihr das nicht durchgehen lässt, im Gegensatz zu Jamie. Überraschung, wird er auch bei dir nicht. Und du bist in Probezeit."

Genervt schiebe ich ihre Hand von meiner Schulter. Sie zuckt nicht mit der Wimper, als ich sie unsanft ein Stück von mir wegschiebe, um mir ein wenig Platz zu schaffen. Probezeit. 

"Das ist meine Sache."

Sie packt unversehens ein Büschel meiner Locken, reisst mein Gesicht schmerzhaft zu sich heran, sodass ihre Nase meine beinahe berührt, ihre Haare meinen Hals streifen. Ihre dunklen Augen mustern mich ernst.

"Jetz' nicht mehr. Also – isst du oder nicht?"

Ich kann ihr nicht antworten, mir bleibt die Luft weg, als die Panik meine Bronchien hinaufklettert. Die ganze Situation ist mir allzu bekannt, gleich kommt die Ohrfeige, dann noch eine und noch eine, bis Blut aus der Nase tropft. Ich schliesse instinktiv die Augen.

Die Ohrfeige kommt nie. Gloria atmet bloss langsam aus, ich spüre ihren Atem an meiner Wange vorbeiziehen, als ich wieder aufsehe. Für einen Moment starrt sie mich mit ausdruckslosem Gesicht an, ihre Habichtsaugen glitzern im gelblichen Licht der Mensa.

"Nicht so tolle Kindheit gehabt, ne?", sagt sie schliesslich und lässt mein Handgelenk fallen, als hätte sie gerade in glühende Kohlen gefasst. Ich mache einen Schritt zurück, bevor sie noch etwas sagen kann, noch einen, bis sie belustigt schnaubt.

"Okay, wie du willst", sagt sie, ihre weissen Zähne schimmern spöttisch zwischen dem dunklen Lippenstift hervor. "Danny freut sich immer, wenn ich anrufe."

Mit einer ironischen Kusshand dreht sie sich um und drängt sich in die Menschenschlange neben uns, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen. Ich zweifle keine Sekunde daran, dass sie ihn anrufen wird. Scheisse wird er wütend sein. Nicht mal eine Woche lang habe ich durchgehalten, nicht mal zwei verdammte Tage. 

"Alter, du stehst im Weg."

Ich taumle zur Seite. Fuck, mir ist plötzlich wieder so schwindelig. Fuck, fuck, fuck, sie werden mich rauswerfen, doch wieder Psychiatrie. Er wird so wütend sein, so enttäuscht. Er wird gehen, wie Aaron, mich nicht mehr anschauen können. Ich muss mit Gloria reden, muss essen, irgendwie, bevor alles kaputt geht. Aber Gloria ist weg, verschwunden in dem Meer aus wogenden, lachenden Köpfen vor mir. 

"Tres!"

Nick drückt mich sanft wieder von den Zehenspitzen zurück auf die Fersen, als ich mich erschrocken zu ihm umdrehe. In seinem blonden Haar hängt eine dünne, geflochtene Strähne, die ihm verirrt ins Gesicht fällt. Sein Lächeln erlischt jäh, als er meine Panik bemerkt.

"Hey", sagt er leise. "Was ist?"

Mir wird noch übler, als er mich aus dunklen Augen besorgt ansieht. Zucker oder Angst. 

"Lass uns bitte rausgehen, ja?", sage ich mit erbärmlich zittriger Stimme. Er nickt und folgt mir wortlos durch die automatische Glastüre nach draussen. Die kalte Januarluft beisst sich beinahe augenblicklich in meinem Körper fest, der nur mässig in der Lage ist, selbst Wärme zu produzieren. 

"Nimm meinen Mantel, deine Jacke bringt nichts, die ist viel zu dünn", sagt Nick, der unruhig hin und herwippend neben mir stehen bleibt. Sein blondes Haar mit dem kleinen Zopf schwingt im Takt vor und zurück und lässt ihn aussehen wie einen Piraten auf Landgang.

"Nein lass", wehre ich rasch ab. "Du brauchst ihn selbst. Warum bist du überhaupt hier?"

Er lächelt belustigt, doch seine Augen bleiben ernst, als er mir seinen wollenen Mantel entgegenstreckt. 

"Ich bin aber nicht so ein Skelett wie du, also nimm endlich."

Skelett. Meine Selbstbeherrschung kracht zusammen wie ein Kartenhaus, meine Beine wanken unter mir. Skelett, Skelett, Skelett und ich bin selbst schuld. Nick zieht mich in eine Umarmung, bevor ich ihm ausweichen kann, eine Hand an meinem Hinterkopf, einen Arm um meine Hüfte.

"Ich hab Scheisse gebaut", flüstere ich gegen seinen warmen Hals. Er antwortet nicht, aber sein Zeigefinger fährt sanft über meinen Nacken, zeichnet kleine Muster auf meine Haut.

"Was?", fragt er schliesslich sachte. 

"Ich habe zu wenig gegessen."

"Wie meinst du das?", fragt er verwirrt. Meine Worte klingen so lächerlich, dass ich mich am liebsten in dünne, eisige Winterluft auflösen würde. Gott, es ist so kalt hier draussen.

"Wann hast du zuletzt etwas gegessen, Tres?"

"Sonntag", sage ich müde. Sonntag, als Danny mir beim Essen zugeschaut hat.

"Warum?"

"Ich weiss nicht. Er wird so wütend sein, ich..."

"Nein nein nein, glaub das nicht", unterbricht mich Nick rasch. "Er wird nicht wütend."

"Was, wenn sie mich rauswerfen? Ich bin auf Probezeit."

Nick schiebt mich von sich, um mir ins Gesicht zu sehen, hält mein Kinn mit beiden Händen fest. Allein diese winzige Bewegung reicht aus, um das Karussell in meinem Kopf anzustossen und alles zum Drehen zu bringen. Ich glaube, ich atme zu schnell, vielleicht atme ich auch gar nicht mehr, vielleicht ist das wie mit dem Essen. 

"Tres, sie werden dich nicht deswegen rauswerfen, mach dir keinen Kopf. Du bist bloss übelst unterzuckert und übermüdet, du brauchst eine Pause."

"Nein, ich mein's ernst", flüstere ich, die schwarzen Flecken tanzen schon wieder vor meinen Augen. "Ich hab's kaputtgemacht."

Er schüttelt den Kopf, versucht einhändig den Mantel von seinem Arm zu zerren, ohne mich loszulassen. Irgendwie fühle ich mich betrunken. 

"Nein. Setz dich hin, Tres, bitte, du schwankst."

"Nein, ich muss jetzt los, sonst komm ich zu spät zur Physio."

"Vergiss es. Du gehst nicht zur Physio. Setz dich endlich hin."

Er drückt mich auf den Boden, direkt neben dem Mülleimer, zu dem trotz Rauchverbot ein immer voller Aschenbecher gehört. Es riecht nach Nikotin und Pisse und Erde. Nick zieht mir seinen dicken, dunkelblauen Mantel an, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Müde lasse ich den Kopf gegen die kalte Betonwand hinter mir sinken.

"Ich bin ein scheiss Freund, nicht wahr?"

Nick sagt kurz nichts, bleibt über mich gebeugt sitzen, dann schüttelt er den Kopf.

"Nein, du kannst nichts dafür. Ich wünschte nur, dass es dir besser ginge."


Etwas einseitige Beziehung bis jetzt. 

Ich war in den Ferien, – aber jetzt geht's wieder weiter! Nächste Woche erstmal im anderen Buch, dann wieder mit Nick & Tres. 

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