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Nur eine Stunde später wachte der blonde Junge auf. Sein Körper schmerzte wegen der harten Bank und er fror ein wenig wegen der Kälte. Erst nach wenigen Sekunden realisierte er, dass es schon längst dämmerte und dass er sich am See befand. Maurice musste wohl eingeschlafen sein. Man konnte es ihm ja noch nicht mal wirklich verübeln, schließlich hatte er keinen richtigen Schlaf seit Tagen gehabt. Der Blonde richtete sich auf und streckte sich ausgiebig. Es knackte ein wenig im Rücken, doch dies störte Maurice nicht. Gähnend blieb sein Blick auf dem See stehen. Das Gewässer lag ruhig auf seinem Platz. Alle Erinnerungen, die es hier gab kamen wie ein Schwall zurück. Micha der ihn wütend anfuhr. Er, wie er wütend Steine in den See warf. Er, wie er fast unter der Traurigkeit zusammengebrochen wäre. All dies bildete sich vor seinen Augen. Es sah wirklich so aus, als wäre es real. Als würde er es jetzt gerade erst erleben, doch dem war nicht so. Es war die Vergangenheit und es schmerzte. Wieso hätte es nicht besser ablaufen können? Seufzend schlang er die Decke enger um sich und sah auf den Boden. Tausend kleine Kieselsteine formten den Weg, den so viele Menschen am Tag abliefen. Es musste bestimmt schwer sein die Lasten von anderen zu tragen. Wie schon so oft versank der blonde Junge in seinen Gedanken. Alles mögliche schwirrte ihm durch den Kopf, doch wiederholte sich nichts, außer eine Sache. Eher war es eine Person, die ständig den Platz in seinen Gedanken einnahm. Michael oder eher Zombey. Traurig schloss Maurice die Augen und bemühte sich nicht in Tränen auszubrechen. Seit das mit Micha war, war er einfach ein emotionales Wrack. Immer wenn er an den Braunhaarigen dachte, kamen ihm gleich die Tränen hoch. Einerseits bereute Maurice es, dass er die Wahrheit gesagt hatte, aber andererseits tat er dies nicht. Vielleicht war es gut so. Er hatte dadurch die Reaktion gesehen, vor der er so Angst gehabt hatte. Diese gespaltene Meinung über dieses Thema verwirrte ihn sehr und es wurde dadurch auch nicht einfacher zu verdauen. Wie sollte es an ihm spurlos vorbeigehen? Maurice gab ja zu, dass er Micha mochte. Er liebte ihn als Freund und noch mehr. Er liebte ihn als festen Freund. Nichts sehnlicher wünschte sich der blonde Junge, als dass Michael ihm verzieh und sie zusammen weitere Dates haben könnten. Allerdings war das nur ein Wunschgedanke. Nie würde das Realität werden. Wieso sollte es auch? Der Braunhaarige schien wirklich äußerst sauer zu sein. Das Schlimmste war ja, dass Maurice es absolut nachvollziehen konnte. Er verstand seine Worte und bereute seine Geheimnistuerei. Maurice hätte es ihm einfach erklären können, doch wäre Micha dann anders zu ihm gewesen? Wären dann so schöne Momente gekommen, wie sie jetzt in der Erinnerung der beiden Jungs waren? Vermutlich nicht, eigentlich war die Chance, dass es so gewesen wäre gleich null. Es wäre von Anfang an anders abgelaufen. Genau wegen diesem Grund bereute er diese Tat wider rum nicht. Es war total verwirrend. Jetzt war es eigentlich auch egal. Micha war sauer und er würde kein Wort mehr freiwillig mit dem Blonden wechseln wollen. Zomdado war vorbei. Finite. Finished und auf welchen sonstigen Sprachen dieses Wort sonst noch existierte. Maurice zog sein Handy aus der Hosentasche hervor und entsperrte es. Es waren viele Kommentare unter dem neuen Video gekommen. Kein Wunder. Ewig hatte es kein Video mit Zombey gegeben und plötzlich war wieder eines da. Leider war es nur eine ältere Aufnahme und Zombey war nicht wirklich auf seinem Kanal zurück. Maurice öffnete die Kommentare und scrollte sie durch. Die meisten handelten tatsächlich darum, wie froh sie waren, dass Zombey wieder zurück war. Wie gesagt, er war nicht zurück, doch wussten es seine Fans nicht. Viele meinten auch, dass Zombey und maudado ein süßes Paar wären. Nun konnte Maurice es nicht mehr unterdrücken. Eine Träne lief an seiner Wange herunter. Diese Kommentare führten ihn nochmal vor die Augen, dass es jetzt endgültig vorbei war.

"Maurice!", rief plötzlich eine bekannte Stimme. Der Angesprochene erkannte sie sofort und sie klang nicht wirklich erfreut. Schnell packte er sein Handy weg und tupfte mit den Ärmel seines schwarzen Hoodies die Träne weg. Micha sollte nicht mitbekommen, wie er weinte. Noch einmal atmete er tief durch um sich zu sammeln, dann sah er auf. Die sonst so fröhlichen grauen Augen funkelten nun vorwurfsvoll. Das konnte nichts Gutes heißen, dachte sich Maurice und schluckte. "Ja?", es kam leiser aus seinem Mund, als er beabsichtigt hatte. "Was sollte das? Denkst du wirklich, dass du etwas mit dieser Aktion etwas erreichen kannst?", fragte Micha in einer normalen Lautstärke, doch hörte man deutlich die Wut heraus. Verwirrt blinzelte der Blonde und sah sein Gegenüber fragend an. "Was meinst du, Micha?"
"Ach jetzt stell dich nicht so dumm, maudado.", den Namen betonte der Braunhaarige extra. Geschockt sah sich der Blonde um. "Pssst. Bitte Micha, wenn das jemand hört!", wies er ihn ängstlich zurecht und sah sich noch einmal um. "Es ist keiner hier, so dumm bin ich nicht.", meinte Micha beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. "Und lenk nicht vom Thema ab!", fügte er hinzu. "Was meinst du mit Aktion?", fragte Maurice wieder verwirrt. Augenrollend sah Zombey den Jungen an. "Das mit deinem Video, die letzten Sekunden? Maurice stell dich nicht so dumm, du hast es doch geschnitten!"
Jetzt war Maurice noch mehr verwirrt. Von was redete Micha da eigentlich? In den letzten Sekunden machte er doch seine Verabschiedung, so wie immer. Was sollte jetzt anders sein? Mit zusammengezogenen Augenbrauen zog der Blonde sein Handy hervor und tippte auf das Video. Es ging sofort an der Stelle weiter, wo er aufgehört hatte anzuschauen. Maurice hörte ganz normal die Verabschiedung und wollte das Video wieder ausmachen, als er realisierte, dass es noch nicht vorbei war. Nur nach wenigen Sekunden war dem blonden Jungen klar, warum Micha so böse war. "Oh gott.", flüsterte er leise und hielt sich die Hand vor den Mund. Diese Szene hatte er total vergessen und hatte sie dementsprechend nicht rausgeschnitten. Naja, vergessen hatte er die Situation nicht, eher gewaltsam verdrängt und die Müdigkeit hatte da auch mitgespielt. "Micha...ich...es.", weiter kam Maurice nicht. "Sag ja nicht, dass es dir leid tut, denn du hast es absichtlich gemacht. Du hast es extra drinnen gelassen, damit ich bei dir angerannt komme und mich bei dir entschuldige. Leider hat es nur das Gegenteil bewirkt. Es schreckt mich noch mehr vor dir ab und zeigt mir, was für ein Mensch du wirklich bist.", zischte Micha ruhig dennoch aufgebracht. Mit großen Augen sah Maurice ihn an. Er hatte das doch gar nicht mit Absicht gemacht! Laut schluckte er und blieb stumm. Es würde nur schlimmer werden, wenn er jetzt etwas sagen würde. Das seine Worte alles zerstörten hatte ihm das Schicksal ja schon einmal gezeigt. "Okay, der werte Herr ist sich zu fein um mir zu antworten. Gut, dann gib mir meine Decke zurück und ich bin fort.", sagte Micha nach einer Weile des Schweigens und sah Maurice auffordernd an. Höchst widerwillig nahm dieser die warme Decke von sich weg und überreichte sie schweigend dem Braunhaarigen. Jetzt hatte er also auch das verloren. Der einzige Gegenstand, der ihm von Micha verblieben war. Konnte es heute noch schlimmer sein? Micha nahm die Decke an und verschwand dann. Natürlich schickte er Maurice gedanklich noch einmal auf den Mond. Der Blonde blieb einfach auf der Bank zurück. Ihm war zwar kalt, doch konnte und wollte er sich nicht bewegen. Warum musste so eine scheiße auch immer ihn treffen? Warum zog er das Unglück magisch an, seit er hier lebte? Maurice fand einfach keine Worte dafür. Seine Stimmung kippte sich seit heute morgen von Stunde zu Stunde mehr. Jetzt war sie wohl am Tiefpunkt angelangt, doch hatte er keine Tränen mehr dafür vorrätig. Sein Blick wanderte zum See und blieb dort wie versteinert. Der Himmel merkte wohl, wie schlecht es Maurice ging und wollte noch etwas darauf setzen. Plötzlich und unerwartet begannen große Regentropfen vom Himmel zu fallen. Der Blonde wurde total durchnässt und er zitterte wegen der Kälte, doch stand er nicht auf. Erstarrt sah er weiterhin auf den See. Seine Haare klebten in seinem Gesicht und Wasser tropfte aus den blonden Spitzen. Das blonde Haar war nun nicht mehr zu sehen. Durch die Nässe war es dunkelbraun geworden. Der schwarze Pullover hing schlapp und schwer durch den nun strömenden Regen, doch nichts, wirklich gar nichts, lenkte Maurice ab von seiner Erstarrung aufzuwachen. Er wollte am Liebsten nur noch in das Wasser und fühlen, wie es war, bevor man ertrank. Er wollte Schmerzen spüren, schließlich hatte er es verdient. Maurice war so in sehr vertieft, dass er gar nicht bemerkte, wie der braunhaarige Junge ihn beobachtete. Er wurde ebenfalls nass, doch wollte er nicht nach Hause gehen. Nicht bevor Maurice aufstand. Micha machte sich Sorgen um den Blonden. Ihm waren die tiefen Augenringe aufgefallen und die Traurigkeit, als er Maurice angesprochen hatte. Nicht zu vergessen war die Verwunderung, die Maurice wegen dem Video gezeigt hatte. Sie war echt, das wusste er, doch wollte Micha es nicht wahrhaben.

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