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Maurice, der blondhaarige Junge, nickte schüchtern und lief dann langsam auf seinen neuen Platz zu. Es war die rechte Seite vom Tisch, die ein wenig abgenutzt aussah. Der Tisch war in einem schmutzigen weiß, was eher einem leichten grau ähnelte, und die Tischbeine waren aus dunkelgrauem Metall gemacht. Der Stuhlsitz bestand aus grauem Plastik und die Beine aus dem gleichen Material wie der Tisch. Der Junge spürte die Blicke seiner neuen Mitschüler. In ihren Augen stand regelrecht die Neugier und ausgesprochene Fragen über ihn konnte man dort auch ausfindig machen. Dem Blondhaarigen war es wirklich peinlich. Maurice konnte es echt nicht haben, wenn er der Mittelpunkt war und man ihn anstarrte. Beschämt senkte er den Kopf und versuchte so gut wie gar nicht aufzusehen.
Allerdings klappte es nicht wirklich gut. Er war zu neugierig. Direkt hatte der Junge seine Neugier wieder bereut. Sein Herz rutschte ihm in die Hose. Zombey, sein bester Freund aus dem Internet, saß nur wenige Plätze weiter weg und musterte ihn neugierig. Das Gesicht, was der Neue bisher nur ein oder zwei Male in Videos von ihm gesehen hatte, war unvergleichlich. Maurices Atem setzte für kurze Zeit aus und er starrte nur seinen besten Freund aus dem Internet geschockt an. Was war, wenn Zombey ihn erkannte? Was war, wenn der Zimbelmann dann keinen Kontakt mehr zu ihm wollte? Dies alles ging rasant durch seinen Kopf. Sein Herz klopfte schneller als sonst. Verwundern tat es ihn nicht. Er hatte gerade eine schockierende Entdeckung gemacht und wusste einfach nicht damit umzugehen. Der Braunhaarige erwiderte seinen Blick sofort. Wer war dieser Junge? Wieso war er so schüchtern? Leicht legte Michael seinen Kopf schief und musterte den Jungen fragend. Er hatte seinen geschockten Blick, der ihm galt, natürlich sofort bemerkt. Hatte der Junge ihn als Zombey identifiziert und war ein Zuschauer? Die Wahrscheinlichkeit war gar nicht mal so gering. Maurice war nun nach einer gefühlten Ewigkeit an seinem Tisch angekommen. Er ließ seine schwarze Tasche neben sich auf den Boden gleiten. Noch immer wurde er neugierig bemustert. Er seufzte. Es würde in nächster Zeit nicht besser werden und das störte ihn. Er war nur ein Mensch, der neu in die Klasse kam, was war daran so spannend? Ein Blick störte ihn dennoch mehr als die der Anderen: Zombeys Blicke. Er wollte ihm nicht sein Geheimnis sagen. Er hatte Angst vor der Reaktion. Er hatte Angst, dass dann alles zerbrach, was sich so gut entwickelt hatte, das die Freundschaft dadurch zerstört wurde. Maurice setzte sich und sah nun aus dem Fenster. Dem Unterricht musste er nicht verfolgen. Das Thema hatte er bereits zu Schuljahresanfang in seiner alten Schule durchgenommen. In der Probe damals hatte er eine zwei geschrieben, weshalb er keinen Bedarf zum Zuhören hatte. Zudem schwirrten seine Gedanken um Zombey, was ihn nicht wirklich viel übrig ließ, damit er sich auf Mathematik konzentrieren konnte. Was sollte er machen? Sollte er sich mit ihm in der Realität anfreunden? Sollte er ihn meiden, damit er es nicht herausfand? Gab es vielleicht einen Mittelweg? Zu gern wollte er mit Zombey in der Realität etwas zu tun haben, davon hatte er schon die ganze Zeit geträumt. Das dieser Wunsch ihn so plötzlich erfüllt wurde, damit hatte der Blonde definitiv nicht gerechnet. Sein Kopf sagte nein, aber das Herz sagte ja. Dies verwirrte den Blonden. In seinem Kopf war nur die eine Frage: Ja oder nein? Maurice sah nun zu seinem Sitznachbar. Er schien wie ein klischeehafter Nerd zu sein. Brille und Hemd. Man musste aber sagen, dass er gar nicht so schlecht aussah. Mit den richtigen Klamotten und ohne Brille würde er wirklich anziehend aussehen. Die Mädchen würden sich bestimmt bekämpfen, damit Eine sein Herz erobern konnte. Obwohl es wie ein Plan von Maurice klang, sprach er die Worte, die er gerade gedacht hatte, nicht aus. Jeder sollte so leben, wie er wollte und wenn es der klischeehafte Nerd war, dann war es nunmal so. Daniel, so hieß sein Sitznachbar, starrte auf die Tafel und schien im Kopf die möglichen Lösungswege für die Aufgabe durchzugehen. Ein kleiner Blick auf die Tafel reichte und der Blonde wusste sofort, welchen Lösungsweg man nehmen musste. Leicht beugte er sich zu seinem Partner und sprach dann leise: „Nimm den ersten Weg, der ist der Einfachste für die Aufgabe." Maurice musste sich wirklich beherrschen, dass er nicht beschämt den Kopf senkte.
Langsam drehte sich der Kopf von Daniel in seine Richtung. Nachdenklich musterte er ihn. „Stimmt, jetzt wo du es sagst. Danke.", gab er dann leise zurück. Mit dem Zeigefinger schob er seine schwarze große Brille an die richtige Stelle zurück. Leicht lächelte er den Neuen an. Maurice nickte nur als Antwort und griff nach seiner Tasche. Ein Weg um unauffällig zu Zombey zu gucken. Er saß mit dem Kopf auf der Hand abgestützt auf seinem Platz und schien nicht anwesend zu sein. Sein Blick war nach vorne, zu der Lehrerin gerichtet, doch zuhören tat er nicht. Hoffentlich dachte er nicht gerade an den Neuen und was er für ein Geheimnis er hatte. Hoffentlich dachte der Junge nicht daran, dass er den Neuen schon kannte. Maurice hoffte wirklich, dass Zombey nichts ahnte und einfach an etwas anderes dachte. Maurice holte aus seiner Tasche ein Mäppchen und legte es auf den Tisch, dabei sah er noch einmal zu seinem Besten Freund. Der Neue musste bei einem einfachen Spaziergang überlegen, was er nun machte und wie er vorgehen würde, wenn er es Zombey sagen würde.

„Das ist Michael, er wird aber von jedem Micha genannt. Micha betreibt einen ziemlich guten Youtube-Kanal mit dem Namen Zombey, wo er Let's Plays veröffentlicht.", erklärte Daniel wie aus dem Nichts. Maurice hatte sich in der Pause in eine eher ruhige Ecke verzogen, da er keine Aufmerksamkeit haben wollte. Zombey stand ein paar Meter mit seinen Freunden entfernt und unterhielt sich mit ihnen angeregt. Daniel musste ihn also entdeckt haben und hatte ihn daraufhin angesprochen. Maurice zuckte zusammen und drehte sich dann zu seinem Mitschüler und gleichzeitig Sitznachbar. „Dann ist er also eine Berühmtheit?", hakte er gespielt unwissend nach. Er durfte sich nichts anmerken lassen, rief er sich immer wieder in den Kopf. Daniel nickte erfreut und setzte sich neben ihn auf die Tischtennisplatte. „Ja genau, aber es interessiert uns nicht wirklich. Zumindest die Jungs. Er ist ja noch immer ein komplett normaler Mensch und er will auch, dass wir ihn so behandeln. Die Mädchen dagegen reißen sich förmlich die Köpfe ab, damit sie mit Micha etwas zu tun haben können.", erklärte Daniel weiter und sah dabei den Neuen an. Er fand ihn interessant und auch sympathisch und das nicht nur, weil er anscheinend Mathe verstand. Es war nur eine Fassade, damit man ihn nicht erkannte. Zumindest in der Schule wollte er seine Ruhe vor Fans haben. Dies hatte ihn schon einmal das Schuljahr gekostet, weshalb er jetzt sich auf die Schule und gute Noten konzentrieren wollte. Er war letztes Jahr mit seiner Familie hergezogen, da die Bekanntheit durch seine Musik in der letzten Schule zu stark wurde und Daniel sich nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren konnte. Fast wäre er deswegen durchgefallen. „Ich bin übrigens Daniel, der Nachname ist unwichtig.", sagte er und hielt dem Neuen die Hand hin. Es war ihm egal, dass Maurice schon seinen Namen wusste, er wollte sich nochmal vorstellen. „Hi Daniel, ich bin Maurice.", gab der andere Junge schüchtern zurück und nahm die Hand an. Daniel schüttelte sie lächelnd. „Schön dich kennenzulernen, Maurice.", gab er zurück und fuhr sich anschließend durch seine braunen Haare. „Micha ist ein ziemlich cooler Typ. Mit ihm kann man echt viel Spaß haben und seine Art ist lustig. Du kennst ihn wirklich nicht?", fragte Daniel doch etwas entsetzt. Doch besser als du dir denken kannst, Daniel, dachte sich der Blonde und musste sich beherrschen. Seine Unwissenheit über Zombey musste ehrlich wirken. Maurice schüttelte stumm den Kopf. „Ich schaue auch nicht so oft Youtube." , erklärte er Daniel möglichst überzeugend. Anscheinend klappte s auch, denn dieser nickte langsam. „Jetzt weißt du es.", gab er lächelnd zurück. Maurice war längst wieder abwesend. Seine Gedanken und sein Blick waren nur auf Zombey gerichtet. Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste, wer Maurice noch war? Die Neugier war stark, doch die Angst vor der Reaktion übertrumpf die Neugier. Er war sich sicher, dass Zombey dann nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen würde und das wäre überhaupt nicht gut. Michas Blick glitt nun langsam durch den Pausenhof. Er schien die Umgebung abzuchecken, da ihn das Gesprächsthema gerade anscheinend nicht wirklich interessierte. Seine Augen stoppten bei einer Person. Dem Neuen. Die Blicke der Zweien trafen sich. Maurice konnte einfach nicht aufhören ihn anzusehen, auch wenn es ihm peinlich war, dass er gerade ertappt wurde. Nicht anders erging es Zombey, dieser musterte Maurice neugierig. Die Blicke trafen sich direkt in den Augen des jeweils Anderen und Maurices Herz klopfte ertappt und gleichzeitig nervös. Bitte lass ihn nicht wissen, wer ich bin, ging ihm flehend durch den Kopf.

Who Are You?Donde viven las historias. Descúbrelo ahora