- 11 -

208 26 23
                                    

Maurice riss plötzlich geschockt die Augen auf. Beschämt sah er weg und wurde leicht rot. Wieso dachte er auf einmal an einen Kuss mit seinem besten Freund? Micha erwachte aus seiner Trance und ließ jetzt ebenfalls beschämt den Neuen los. Was war das denn? Sein Herz spielte wie verrückt und er zitterte ein wenig. Da wo Maurice gerade an ihm gelehnt hatte, war es auf einmal eiskalt. Man merkte, dass dort etwas fehlte. Der Braunhaarige sah zu dem Blonden auf. Was dachte er sich wohl gerade? War er auch so aufgewühlt und klopfte sein Herz auch so verrückt? Es klang total komisch, doch konnte er Maurices Blick jetzt lesen. Mit einem Blick in die Augen des Neunen wusste Micha, was in ihm vorging. Unsicherheit, war am meisten in diesen wunderbaren und strahlenden grünen Augen zu sehen. Eine weitere Sekunde und Micha kapierte, dass noch etwas in ihm herrschte. Angst. Sehr große Angst. Wovor hatte Maurice Angst? Hatte er etwa ein Geheimnis oder hatte er Angst jemanden zu verlieren? Es war für Michael total komisch, doch als er sein Gegenüber musterte, wusste er sofort, dass es beides war. Er hatte ein Geheimnis und darauf schloss, dass wenn es jemand herausfand, alles zerstört sein konnte. Woher wusste er all die Sachen? Maurice war doch erst seit gestern auf der Schule und bisher hatten sie sich nur kurz unterhalten. Der Neue schien auch nicht wie ein offenes Buch zu sein. Es war für Micha eher so, als würde er Maurice schon länger kennen. Es kam ihm so vor, als wären sie die besten Freunde. Die Art beste Freunde, die sich nur mit Blicken verstanden und in denen Worte nicht wirklich eine Rolle spielten. Die Blicke sprachen ganze Bücher über den jeweils Anderen und niemand konnte diese Blicke entschlüsseln außer sie beide. Maurice löste sich mit einem komischen Gefühl von Michas Blick und sah sich um. Die Schüler, die gerade noch auf dem Pausenhof gestanden waren und munter gequatscht hatten, diese waren jetzt verschwunden. Der Pausenhof war komplett leer, abgesehen von Micha und Maurice. Fast schon panisch sah er Micha an. "Sind wir schon zu spät?", fragte er auf seinen Blick. Er bereute die Frage gleich wieder, da sie absolut unnötig gewesen war. Maurice hätte einfach auf seine Uhr schauen können. Wie dumm er doch manchmal war. Micha schien wieder aus seiner Gedankenwelt aufzuwachen und schmunzelte. Dieses Schmunzeln zauberte auch dem Neuen ein Lächeln auf das Gesicht. Allerdings war dieses eher ein wenig unsicher und schüchtern. "Nein, wir haben noch fünf Minuten, bis der Unterricht anfängt.", meinte Micha lächelnd und schulterte seine Tasche wieder an den richtigen Platz. "Komm.", sagte er und nahm sanft die Hand des Neuen. Sie war weich und groß. Die Hand passte perfekt zu die des Anderen und es fühlte sich absolut angenehm an. Micha spürte, wie sich ein bisschen die Kälte auf seiner Hand ausbreitete. Die Hand von Maurice war etwas kühl, doch störte es den
Braunhaarigen nicht. Eher im Gegenteil. Es war schön zu wissen, dass nicht alle Jungshände warm waren und es fühlte sich so perfekt an. Maurice sah ihn verdutzt und verwirrt an. Er spürte das gleiche Gefühl wie Micha, doch war es bei ihm gefühlte 1000 mal stärker. Seine Hand kribbelte und sein Herzbeben wurde wieder schneller. Ohne auf irgendwas zu warten, zog Micha den Neuen in das Gebäude herein und dann vor das Klassenzimmer. In der ganzen Zeit hatten sie ihre Hände gehalten. Niemand hatte es für nötig gehalten, diese voneinander zu lösen. Maurice hatte mehr mit seinen Gedanken zu tun gehabt, da diese in Michas Nähe verrückt spielten und alles schien wie benebelt in seinem Kopf. Jetzt war der Traum allerdings vorbei, da Micha seine Hand losließ und die Tür öffnete. Kaum war die Tür offen, konnte man das laute Reden und Tuscheln der Klassenkameraden hören. Plötzlich hörten die Gespräche auf und alle starrten den Braunhaarigen und den blonden Jungen an. Besonders sah man verwirrt zwischen beiden hin und her. Es war nicht alltäglich, dass der Youtuber, mit dem lilafarbenen Zylinder und dem Monokel als Markenzeichen, mit jemand anderem als seinen Freunden das Klassenzimmer betrat. Zumal er immer kurz vor Anfang des Unterrichtes kam,
wenn seine Freunde schon längst im Klassenzimmer saßen. So war es sehr verwunderlich für die Klasse, dass er nun mit dem Neuen durch die Tür getreten war. Gleichzeitig. Maurice schluckte hörbar und sah unsicher zu seinem besten Freund aus dem Internet. "Warum...", weiter konnte er seine Frage nicht stellen, denn Micha war einfach zu seinem Platz gegangen. Verwirrt und eingeschüchtert von den Blicken der Klasse, ließ Maurice sich neben Daniel auf seinen Platz fallen. "Es ist unnormal, dass Zombey mit jemand anderen das Klassenzimmer betritt.", erklärte der Braunhaarige lächelnd auf die nicht ausgesprochene Frage von Maurice. Der Neue nickte und sah zu Micha. "Warum ist das nicht normal?", fragte der Blonde an Daniel gerichtet, doch blieb sein Blick weiterhin bei Micha. Seine Stimme war wieder ganz normal und nicht verstellt. Solange Micha ihm nicht zuhörte, konnte er seine ganz normale Stimme verwenden. Als Antwort auf die Frage zuckte sein Nachbar mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, warum das jetzt so hochgepusht werden muss.", erklärte er daraufhin und sah den Neuen ratlos an. Die Tür wurde plötzlich wieder geöffnet und der Lehrer kam herein. Dieser begrüßte die Klasse und begann auch sofort mit dem Unterricht. Daniel, der schon nach wenigen Minuten genervt war von dem Gelaber, was der Lehrer von sich gab, sah jetzt aus dem Fenster. Wozu musste er denn jetzt einen Test machen, welcher Job zu ihm passte, wenn er schon wusste, was er machen wollte? Die Musik war sein Leben und daran würde sich nichts ändern. Er würde Singles und EPs herausbringen und nebenbei mit Youtube und dem Streamen auf Twitch sein Geld einnehmen. Wozu jetzt also dieser Test? Die Blätter dazu wurden ausgeteilt, doch rührte sich Daniel kein Stückchen. Er blickte noch immer aus dem Fenster und sein Kopf wurde mit seiner Hand gestützt. Seine Gedanken schweiften langsam zu Micha und Maurice. Er hatte sofort gemerkt, dass Maurice etwas verbarg, dafür kannte er Menschen einfach zu gut. Allerdings wollte der Braunhaarige den Neuen nicht nötigen ihm das zu sagen. Maurice sollte es von sich selbst aus tun, wenn er dies wollte. Der Junge war sehr schüchtern und ruhig. Zumindest von außen. Daniel vermutete,dass, wenn er mal richtig aufgetaut war, mit ihm viel Spaß haben konnte. Sollte Maurice ihm sein Geheimnis anvertrauen, dann würde er vielleicht auch sagen, wer er war. Daniel hatte auch sofort erkannt, dass man mit ihm gute, lange und ernste Gespräche führen konnte. Dafür war Maurice der perfekte Freund und das hatte man nicht oft. Daniels Blick glitt langsam
von Maurice zu Micha. Dieser sah kurz zu Daniels Nachbar. Die Blicke der zwei Braunhaarigen kreuzten sich. Ertappt sah der Let's Player ihn wütend an. Daniel
dagegen schmunzelte nur. Als ob Micha eifersüchtig auf ihn sein müsste. Micha hatte Maurice ganz für sich allein. Auch wenn Micha es jetzt noch nicht wusste. Maurice und ihn verband etwas ganz Großes und wunderbares. Schon fast etwas magisches. Daniel hatte es gestern in der Pause gesehen. Diese Blicke gab es nur, wenn beide in den jeweils anderen verliebt waren und es ihnen nicht bewusst war.

Who Are You?Where stories live. Discover now