Kapitel 51

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Kralles Sicht

Ach ja wie die Zeit doch vergeht, jetzt haben wir schon Dezember und bald steht Weihnachten vor der Tür. Die letzten Monate waren nicht unbedingt spannend, es gab kaum Veränderungen oder etwas wirklich Spannendes. Carinas Schwester war ein paar Mal mit ihren Kindern bei uns und wir waren gemeinsam im Wald spielen. Es waren sehr nette Nachmittage, auch wenn die Kinder sehr lebendig sind und viel Blödsinn machen. Carinas Schwester ist eigentlich auch eine ganz liebe, wir telefonieren sehr oft und dann auch lange, weil sie in Köln wohnt und wir uns deswegen recht selten sehen. Sie redet unglaublich viel und ist ein ziemliches Lästermaul, aber auf eine recht witzige Art und genau deswegen dauern die Telefonate auch immer so lange. Während der Gespräche hatte sie auch mal gefragt, wann Carina und ich denn heiraten wollen. Oh man, ähm, nie! Ich halte da nicht so viel von und bin mir bei Carina auch nicht wirklich sicher, ob sie die Frau meines Lebens sein soll. Mal ehrlich, sie ist meine erste Freundin, wir sind zwar schon fast sieben Jahre ein Paar, aber dennoch habe ich da ganz tief im Bauch so ein Gefühl, dass sie nicht die Richtige ist. Natürlich haben wir über das Thema auch schon mehrfach gesprochen und ich habe ihr klargemacht, dass ich lieber in einer wilden Ehe mit ihr Leben will, weil heiraten sehr teuer ist und man nie weiß, wie es enden wird. Während dieser Gespräche kamen wir dann auch auf das Thema Kinder zu sprechen und haben gemeinsam lange überlegt, ob wir welche wollen. Am Ende haben wir uns dazu entschieden, es zu versuchen. Carina nimmt seit zwei Wochen keine Pille mehr und auch sonst gibt es keine Verhütung bei uns. Wenn ich da gerade so darüber nachdenke, dann kommt es mir schon ziemlich dumm vor, dass ich ja gesagt habe. Was ist, wenn Carina wirklich nicht die Richtige ist und wir auseinander gehen? In meinem Magen stellt sich ein flaues Gefühl ein und etwas unsicher schaue ich in meine Kaffeetasse. Wenn ich ihr allerdings jetzt sage, dass ich es mir anders überlegt habe, wird sie unglaublich traurig sein. Sie hat sich so gefreut und schon voller Elan nach Namen gesucht und all so ein Zeug. Ich weiß einfach, dass meine Gefühle für Carina nicht mehr so stark sind, wie sie mal waren und ich bin mir sehr unsicher, was unsere Zukunft betrifft. Erst kürzlich war eine Bekannte von uns zum Kaffee da und es war tatsächlich so, während sie nur was erzählt hat, dass ich sie mit meinem geistigen Auge quasi ausgezogen habe. Nicht nur das Anna mir durch meine Fantasie geistert, jetzt fange ich vermehrt an, auch andere Frauen in meine Fantasie einzubauen. Ich habe sogar schon mal mit dem Gedanken gespielt, diese Bekannte zu Fragen, ob sie nicht Bock hat mit mir zu vögeln. Gott sei Dank habe ich sie nicht gefragt, aber der Gedanke ist immer noch präsent. Ok, nach Carinas Patzer mit der Frisur kann man mir das vielleicht nicht ganz so übel nehmen. Sie hat sich von ihren langen Haaren getrennt und ist auf eine schulterlange Frisur gegangen. Sie wollte nicht so viel auf einmal wegschneiden lassen und sich Stück für Stück den kurzen Haaren nähern, aber es sieht furchtbar aus. Ich habe es hingenommen, weil es ja in die Richtung geht, welche ich mir wünsche, hoffentlich kommt da bald mehr ab. Vor einigen Monaten hatte sie die Haare noch Feuerwehrrot gehabt und lang, das sah auch ganz nett aus, aber der aktuelle Schnitt, Hilfe, ne.

Es gab aber auch noch zwei wirklich tolle Dinge, die passiert sind und über die freue ich mich immer noch riesig. Zum einen haben wir uns beim Kung Fu angemeldet. Nach zwei Probestunden haben wir sofort zugesagt. Es macht wirklich viel Spaß, nur leider zieht die Schule jetzt um und es wird etwas dauern bis wir wieder trainieren können, aber egal, wir freuen uns beide sehr darauf und sind im Moment total im Kung Fu Fieber. Die letzten Tage haben wir mehrere Filme geschaut und ich ziehe mir eine Doku nach der anderen darüber rein. Auch wenn unser Wohnzimmer recht kleine ist, so üben wir die gelernten Schritte mindestens dreimal in der Woche, es macht einfach großen Spaß. Und das zweite wirklich tolle ist, dass Pia endlich wieder da ist. Sie kam vor ein paar Tagen aus Hattingen wieder zurück zu ihren Eltern. Soweit ich weiß, hat sie diesen komischen Vogel sitzen lassen, weil er sie betrogen hat oder sowas. Wir wollen uns heute mal treffen und sie sagte mir schon, dass sie viel zu erzählen hat.
So jetzt aber genug in der Vergangenheit geschwelgt, Zeit was zu tun! Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass Carina auch bald nach Hause kommt. Ich habe mir den letzten Freitag und Donnerstag vor Weihnachten freigenommen und danach bis in den Januar erstmal richtig schön Urlaub, fand Carina gemein. Bei dem Gedanken muss ich etwas schmunzeln. Nur weil ich Frei habe, heißt es nicht, dass ich faul in der Gegend rumsitze, nein, ich war heute schon richtig fleißig. Den Vormittag habe ich mit Bad putzen und staubsaugen verbracht, bevor ich mir vorhin einen Kaffee getrunken habe, habe ich noch die Küche gemacht und jetzt will ich schnell noch Carinas Geschenke für Weihnachten einpacken, bevor sie etwas davon mitbekommt. Sie bekommt von mir ein Bremsscheibenschloss für das Motorrad und je einen Gutschein für H&M, DM und ein paar romantische Dinge, welche ich dann mache. Die Gutscheine packe ich in einen hübschen Umschlag und schreibe ihr dazu ein paar liebe Worte, ich hoffe sie freut sich. Das Schloss wird schön eingewickelt mit Geschenkpapier. Während ich mit dem blöden Tesa kämpfe, vibriert mein Handy, Pia. ‚Pia: Hey, bleibt es bei heute Abend? Ich wäre gegen 22 Uhr an der Shell. Früher geht nicht, weil Sabine mir die Haare macht und das muss einwirken. Bin froh endlich diese Blond los zu sein.‘
‚Kralle: Huhu, ja klar bleibt es dabei. Ok, bin dann auch an der Shell. Ganz ehrlich, dass Blond sah scheiße aus XD‘, antworte ich ihr schnell, lege mein Handy beiseite und schaue auf das Paket. Naja, es könnte schöner sein, aber im Einpacken war ich noch nie besonders gut. Noch eine kleine Schleife darauf und einen Pappstern mit Carinas Namen und fertig. Wo verstecke ich das jetzt am besten? Mein Blick schweift durch das Wohnzimmer, aber hier gibt es keine Ecke, also ab ins Schlafzimmer und das Geschenk ganz weit unter das Bett schieben. Da ich hier schon gesaugt habe, wird sie da nicht mehr ran gehen. Noch ein Blick auf die Uhr, in einer halben Stunde hat Carina Feierabend. Schnell räume ich die Sachen vom einpacken weg und gehe wieder in die Küche um eine frische Kanne Kaffee zu machen. Auf dem Küchentisch liegt der Einkaufszettel, welchen wir heute früh gemeinsam geschrieben haben und ich überfliege ihn noch mal schnell. Vielleicht fällt mir doch noch etwas ein, was wir brauchen. Bevor die Feiertage losgehen, habe ich es lieber, wenn wir etwas mehr einkaufen und wir alles nötige da haben. Wir werden über Weihnachten kaum zu Hause sein und auch Silvester werden wir bei meiner Familie feiern, dazwischen liegt noch ein Geburtstag und somit ist nicht viel Zeit, um mal eben etwas zu kaufen.

Ich sitze in der Küche, als ich das Schloss der Wohnungstür höre und Carina reinkommt.
„Kaffee wartet schon auf dich“, rufe ich ihr zu.
„Danke, den brauche ich jetzt auch.“ Ich höre wie sie ihre Jacke und Schuhe auszueht und kommt in die Küche, „Gott sei Dank, endlich Urlaub. Man was tun mir die Füße weh. Du Penner hattest ja gestern schon frei und konntest die Füße hochleben.“ Erschöpft lässt sie sich auf den Stuhl gegenüber fallen und nimmt sich eine Zigarette vom Tablet.
„Ich hab hier gestern und heute ordentlich aufgeräumt. So musst du jetzt erst mal nichts machen und wir können gleich ganz entspannt einkaufen fahren. Kommst du heute Abend denn mit raus? Pia ist ja wieder da und sie freut sich bestimmt dich auch zu sehen.“ Eigentlich rechne ich schon mit einem Nein.
„Wenn wir uns gleich etwas hinlegen, dann sollte ich fit genug sein und dann komme ich gerne mit. Vor allem können wir morgen ordentlich ausschlafen, das wird schön.“ Grinsend nippt sie an ihrem Kaffee und ich bin doch freudig überrascht, dass sie mit will.
„Dann sollten wir jetzt auch nicht so lange hier rumsitzen und gleich schnell einkaufen. Ein kleines Nickerchen kann ich auch vertragen.“ Auch wenn ich Frei habe, bin ich mit Carina aufgestanden und war den ganzen Tag was am machen. Klar, dass ich dann auch etwas müde bin. Wir rauchen noch eine und machen unsere Tassen leer, dann geht es auch schon los.

Im Rewe war der Teufel los, alle wollten noch schnell was kaufen vor dem Wochenende. Nächste Woche wird es wohl noch schlimmer, da holen dann alle die Geschenke auf den letzten Drücker. Gut das wir schon alles haben.
„Mach mir mal noch eine Tasse Kaffee, ich räum schnell die letzten Sachen in den Schrank“, sage ich zu Carina. Wir haben schon kurz nach vier und müssen uns etwas ran halten, wenn wir noch schlafen wollen. Der Einkauf ging zwar ganz fix, aber das Bezahlen hatte sich gezogen. Die Schlangen an den Kassen waren ja fast endlos. Ich bin froh, dass das jetzt erledigt ist und freue mich auf mein Bett. Heute Abend wird es bestimmt lustig mit Pia.
„Dein Kaffee steht auf dem Tisch, ich mach mich schon mal fertig fürs Bett und komm dann auch noch eine rauchen“. Carina quetscht sich an mir und der Tüte mit Einkäufen vorbei und geht ins Bad. Schnell räume ich diese ein und ziehe mir meine Klamotten aus.
„Hast du schon Zigaretten gestopft?“. Carina steht, ebenfalls nackt, in der Tür.
„Ne, wollte ich grade machen, Moment.“ Ich stopfe zwei Zigaretten und gemeinsam rauchen wir diese. Bevor wir uns hinlegen, eile ich nochmal pinkeln und dann geht es auch schon ins Land der Träume. Ich kuschle mich unter meine Decke und wie so oft, beginnen meine Gedanken zu Kreisen. Es dauert nicht lange und ich bin weit weg, irgendwo in einem Gewirr aus merkwürdigen Träumen.

Gegen halb acht klingelt mein Handywecker und etwas genervt greife ich nach dem doofen Ding. Während ich es aus mache, höre ich in der Küche schon die Senseomaschine brummen. Carina ist schon ein Schatz, sie scheint etwas eher wach geworden zu sein und macht mir einen Kaffee. Sowas freut mich natürlich immer sehr. Ziemlich verpeilt pelle ich mich aus meiner Bettdecke und watschle in die Küche. Carina hat sich immer noch nichts angezogen und während ich mich auf meinen Stuhl setzte, um meinen Kaffee zu trinken, betrachte ich ihren Arsch. Netter Anblick so direkt nach dem Aufstehen, findet mein Penis auch.
„Wir essen heute Brötchen, das reicht. Sollen wir einen Film schauen oder eine Serie?“, frage ich Carina.
„Ok. Wir schauen mal was im Fernsehen läuft. Wenn wir mit Pia raus wollen, dann lohnt sich ein Film nicht wirklich, finde ich.“ Damit hat sie recht und so trinke ich meinen Kaffee und fange dann an, mir mein essen zu machen.
Während wir auf der Couch sitzen, geht mein Handy und Pia schreibt, dass sie sich gleich auf den Weg macht.
„Lass uns fertig machen, Pia macht sich gleich auf den Weg“, lasse ich Carina wissen und stehe auf.
„Mach keinen Stress, die war doch schon immer langsam und, so wie du sagtest, hat die ordentlich zugenommen. Da brauch die noch länger.“ Carinas gehässiger Unterton ist absolut nicht zu überhören. Sie hatte schon immer ein Faible dafür, über dicke Leute herzuziehen
„Ja, trotzdem sollten wir sie nicht unbedingt warten lassen. Komm auf auf.“ Carina erhebt sich gemütlich von der Couch und ich werfe ihr einen genervten Blick zu, aber letztendlich gehen wir dann doch los. Wir sind auch relativ schnell an der Shell, da wir quasi um die Ecke wohnen. Pia ist noch nicht da und so gehen wir schon mal rein, um uns ein Energy zu holen. Normalerweise treffen wir uns an der Aral, weil die da Booster haben, aber die Shell ist für Pia auch näher und ich denke mal, dass sie diese gewählt hat, weil sie eben etwas zugelegt hat. Lange müssen wir nicht warten, da kann man sie schon auf der anderen Straßenseite sehen. Pia ist wirklich breit geworden, das lässt sich nicht leugnen und ich höre Carina neben mir ein leises „Alter“ stöhnen.
„Na ihr beiden, ich geh schnell rein und hol mir was“, grüßt sie im Vorbeigehen und eilt in den Shop.
„Mach das“, kann ich ihr nur hinterher rufen. Als sie wieder rauskommt begrüßt sie uns beide mit einer Umarmung und einem riesigen Grinsen.
„Schön euch beide wiederzusehen. Man tut das gut und es ist eine Ewigkeit her. “ Sie steckt sich eine Zigarette in den Mund und öffnet ihre Dose, „Ich hab Durst. Hab mir mal zwei Dosen geholt“, lacht sie. Man sieht ihr an, dass der Weg anstrengend war, denn leichte Schweißperlen glitzern auf ihrer Stirn und ihre Atmung ist etwas flach.
„Du warst aber auch lange weg. Wie konntest du es nur so lange mit diesem Idioten aushalten? Als ihr zu Besuch wart, hab ich mich im Nachhinein gefragt, was du an dem finden kannst und auch bei den Geschichten die du mir am Telefon erzählt hast, man man man.“ Ich habe Pia wirklich nie verstanden, was sie an dem Uhu finden konnte.
„Ich habe ihn geliebt und später war Anna der Grund, warum ich geblieben bin. Aber erstmal müsst ihr mir erzählen, was es hier so neues gibt. Ist Sören immer noch so ein Griesgram? Und was ist mit Rocko und dem Rest?“ Wir erzählen Pia von den Dingen, welche sich hier ereignete haben. Unsere Geschichte mit dem Sport, dass Sören immer noch der gleiche ist und von unseren abendlichen treffen. Da nicht allzu viel Spannendes passiert ist, sind wir auch relativ schnell durch. Pia hört gebannt zu und muss lachen, als sie hört, dass Sören sich nicht wirklich verändert hat. Auch bei der Story über Sörens Verhalten im Fitnessstudio und seinem glauben, er wäre die Superkante, muss sie lauthals lachen.
„Wie du siehst, war ohne dich nicht wirklich was los. Mir fehlten unsere Vormittage zum zocken und unsere langen Gespräche am Abend. Es war ziemlich ruhig und wir haben die Leute eher selten gesehen.“ Man kann meine Freude über ihre Rückkehr deutlich raushören. „Und jetzt will ich aber wissen, wieso du mit dem Typen zusammen warst und warum ihr euch getrennt habt.“ Ich habe das ein oder andere mitbekommen, aber jetzt interessiert mich alles und das will ich nun wissen.
„Am Anfang war es wirklich Liebe und ich war sehr froh darüber endlich von zu Hause raus zu kommen. Kralle, du weißt wie meine Eltern mich behandelt haben und da habe ich nicht zweimal nachgedacht. Er hat sich auch sehr liebevoll um mich gekümmert und auch seine Eltern waren sehr nett zu mir. Naja, am liebsten mochte ich die Hunde, Pascha und Bonny“, ein Lachen kann Pia sich nicht verkneifen.
„Wegen den Hunden warst du aber nicht mit ihm zusammen und eine Wohnung hättest du auch hier irgendwo haben können“, etwas vorwurfsvoll schaue ich sie an.
„Das stimmt, aber es war eine Chance endlich meine Ruhe zu haben und die habe ich Hals über Kopf ergriffen. Klar, habe ich es oft bereut, gerade nach unseren Gesprächen, aber ich wollte nicht zurück. Im BZH habe ich dann ja Anna kennengelernt und sie ist wirklich eine tolle Freundin geworden. Auch als es mit Daniel bergab ging, war sie da und hat mir zugehört. Sie war ein Grund, warum ich da geblieben bin. Mit der Zeit ließ er mich immer öfter alleine und ging zu seinen Gehörlosen. Ich habe ihn darauf angesprochen und ihn auch gefragt, ob er mich betrügt. Er verneinte es immer und ich habe ihm vertraut. Bis ich dann vor kurzem von seiner Ex erfahren habe, was er wirklich da treibt, wie er schamlos mit anderen flirtet und Jeder erzählt, dass er Single ist. Das habe ich ihm an den Kopf geworfen und da ist es eskaliert. Leider hatte ich niemanden mehr, da Anna ja weggezogen ist und andere Freunde hat er nicht zugelassen. Tja, somit habe ich meine Eltern angerufen und ihnen gesagt, dass ich schnell nach Hause will. Die haben auch nicht lange gefackelt und zack, da bin ich wieder.“
Mir fehlen etwas die Worte und ich muss Pias Geschichte kurz sacken lassen. Ich nehme einen kräftigen Schluck aus der Dose und ziehe an meiner Zigarette, dann finde ich meine Sprache wieder.
„Krasse Geschichte. Dass er dich so belogen hat, hätte ich von dem Feigling nicht erwartet. Jetzt bist du also wieder bei deinen Eltern untergekommen? Was ist mit deinen Katzen, Lucky und Nora? Und überhaupt, es klingt nach wenig Liebe, was du erzählst, gab es überhaupt Intimität bei euch?“ Mir gehen so viele Fragen durch den Kopf und irgendwo habe ich das Bedürfnis, den Typen zu schlagen.
„Lucky und Nora musste ich da lassen. Sein Bruder kümmert sich um die beiden. Er war mir auch immer eine Stütze und hat mir zugehört, wenn Daniel und ich uns gestritten hatten. Auch wenn er weg war, bin ich zu seinem Bruder und wir haben Filme geschaut oder so, denn was soll ich sonst den ganzen Tag machen? Liebe? Am Anfang war ganz viel davon, ich habe sehr oft kleine Aufmerksamkeiten bekommen und wurde betüdelt von oben bis unten. Blumen, Kekse, Pralinen und was weiß ich nicht, hat er mir geschenkt. Fand ich auch immer sehr süß von ihm, nur ließ das mit der Zeit nach. Du willst wissen wie der Sex war? Scheiße! Er wollte nicht, dass ich was mache. Ich sollte nur da liegen und er macht, keine einzige Bewegung und kein Laut sollte ich machen. Nicht einmal bin ich gekommen, er aber hunderte Male. Soviel zum Thema Liebe und Sex“, schnaubt Pia verächtlich.
Sie erzählt uns noch viele weitere Details und auch das es am Ende sogar so war, dass sie im Bett saß und sich gelangweilt hat, während er am zocken oder chatten war. Ganz unverhohlen schrieb er mit anderen, während Pia keine 2 Meter daneben saß und nichts machte. Dieser Typ ist ein Arschloch und Pia hat definitiv einen besseren verdient. Sie geht auch darauf ein, warum sie so zugenommen hat. Die beiden waren so gut wie nie unterwegs, aber es gab immer sehr fettiges Essen und Süßkram, zeitweise hat Pia sich sogar den Finger in den Hals gesteckt, um nicht mehr zuzunehmen, aber vergebens. Es gab wohl auch Tage, wo sie nicht mehr als ein Stück Gurke aß, aber auch das half nicht. Gefühlte Stunden dauert unser Gespräch und man spürt einfach, dass Pia froh ist wieder hier zu sein. Was mir die ganze Zeit allerdings auffällt ist, dass Carina nicht ein Wort sagt, nicht eine Zigarette raucht und auch so nicht wirklich anwesend wirkt. Ich kenne es zwar nicht viel anders von ihr, aber dennoch dachte ich, dass sie sich auch freut, das Pia wieder da ist und viele Fragen hat.
Pia erzählt von ihren Erlebnissen und icg erzähle, was noch so geschehen ist, gemeinsam schwelgen wir in Erinnerung und reden Blödsinn. Irgendwann, im Laufe des Gesprächs, fällt das Thema Anna und ich höre unweigerlich gebannt zu. Pia zeigt uns auch ein paar Bilder von sich und Anna und schon taucht wieder dieses flaue Gefühl in meinem Magen auf und meine Atmung wird etwas flacher, gut das es keiner bemerkt. Nach einiger Zeit schaut Pia auf die Uhr.
„Oh, schon halb zwei, wir sollten mal Feierabend machen.“
„Joa so langsam. Es war schön dich wiederzusehen. Ich hoffe wir sehen uns jetzt wieder öfter.“ Ich umarme Pia zum Abschied und es tut gut, sie wieder hier zu wissen, sie ist und bleibt meine beste Freundin.

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