Kapitel 69

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Kralles Sicht

Sanft dudelt mir Amy McDonald's Lied „this is the life“ in die Ohren und ganz leise höre ich die Kaffeemaschine grummeln. In ein paar Minuten wird Carina in unser Schlafzimmer kommen und mich wecken, so wie sie es jeden Morgen macht, wenn wir die gleiche Schicht haben.
„Aufstehen, Kaffee ist fertig.“
Müde trotte ich in die Küche, auf dem Tisch steht mein Kaffee, mit Milch und drei Teelöffel Kakao, so wie ich ihn mag. Ich lasse mich auf meinen Stuhl sinken und greife nach der ersten Zigarette des Tages. Carina weiß ganz genau, dass ich ein ziemlicher Morgenmuffel bin und man mich besser erst anspricht, wenn ich meinen zweiten Kaffee vor mir stehen habe. Während ich mir Kaffee und Zigarette zu Gemüte führe, macht Carina unsere Brote fertig und packt sie in die Taschen.
„Voll machen bitte“, nuschle ich und halte ihr meine leere Tasse hin. Während sie diese voll macht, stopfe ich zwei weitere Zigaretten.
„So, wir sollten uns anziehen und dann auch los, es wird Zeit“, sage ich nach etwa zwanzig Minuten zu Carina und gehe ins Schlafzimmer um meinen Klamotten zu holen.
„Bin fast fertig, nur noch die Haare kämmen, dann können wir“, antwortet sie mir und geht selbst ins Bad.
Wir arbeiten beide zwar bei der Firma Kux, allerdings in zwei verschiedenen Werken. Carina ist in Werk 2, dem großen Logistikzentrum, und arbeitet als Kommissioniererin, während ich in Werk 1 arbeite, im Bereich der Retoure und Reserve. Beide Werke liegen etwa fünf Minuten mit dem Auto voneinander entfernt und somit setzte ich sie morgens immer ab, bevor ich selbst zur Arbeit fahre, zumindest wenn wir die gleiche Schicht haben. Theoretisch können wir zu Fuß gehen, aber Fahren geht schneller und ist am Morgen meist angenehmer.
„Viel Spaß“, rufe ich ihr hinterher, „ich bin dann gegen Zwei wieder hier.“
„Alles klar, bis später“, ruft sie zurück.

Jeden Morgen, wenn ich durch die Glastür in unser Werk gehe, freue ich mich auf einen tollen Tag. Hier in Werk 1 ist es immer lustig und wir sind ein tolles Team, außerdem ist die Tätigkeit extrem vielfältig, sodass es nie langweilig wird. Ich gehöre zu den wenigen, die fast alle Bereiche beherrschen und auch mit den speziellen Fahrzeugen für die schmalen Hochregallager fahren dürfen.
Mein erster Weg führt mich zur Pausenecke, dort treffen wir uns morgens fast alle und quatschen ein wenig.
„Moin, moin“, rufe ich fröhlich in die Runde.
„Ach du scheiße, der schon wieder“, lacht Jörg laut auf. Jörg ist mit einer der ältesten Kollegen hier, aber auch der mit dem losesten Mundwerk. Es vergeht kein Tag, ohne dass er tief in die Kiste der zweideutigen Bemerkungen gegriffen hat.
Wir unterhalten uns alle ein wenig, als es auch schon Zeit wird um nach unten zu gehen. Jeden Morgen gibt es ein kurzes Meeting und eine Zuteilung der einzelnen Aufgaben durch unsere Chefin. Für mich ist heute Einlagern, Auslagern und Umlagern dran, was bedeutet, dass ich ins Hochregallager gehe und die großen Maschinen fahre. Ulla, eine weitere Kollegin, unterstützt mich und bestückt die Böcke. Ulla ist echt ulkig, sie ist Mitte Fünfzig, sehr jung geblieben, schmal, groß und hat sehr langes braunes Haar. Sie findet, dass Carina und ich ein richtig tolles Paar sind und wir heiraten sollten. Woher Ulla sie kennt? Jede Woche gehen zwei aus unserem Team nach Werk 2 um Waren aus der Retoure wieder zu verräumen und dort hat sie Sie gesehen. Außerdem haben Carina und ich Ulla öfter mal in der Stadt getroffen und uns unterhalten.
„Ich hab euch beide letztens in der Stadt gesehen, man ihr seid so ein süßes Paar“, erzählt Ulla vergnügt.
„Oh, ok. Na so süß sind wir auch nicht“, lache ich zurück.
„Doch, ihr seid echt ein tolles Paar und Carina ist so eine Liebe. Ihr solltet heiraten und Kinder bekommen, die wären bestimmt total süß.“ Man kann das strahlen in ihren Augen nicht leugnen.
„Das mit dem heiraten wollen wir beide nicht, ein Anwalt kostet mehr als die ganze Hochzeit und das Thema Kinder hatten wir ab und an mal. Ich bin mir nur nicht wirklich sicher, ob Carina sich selbst sicher damit ist“, gebe ich mit einem nachdenklichen Ton zurück.
„Naja, es stimmt schon, wenn man sich sehr liebt, dann muss man nicht unbedingt heiraten. Wenn ihr aber Kinder wollt, dann ist es einfacher für euch und außerdem wärt ihr bestimmt tolle Eltern.“
Wenn Ulla wüsste, wie es doch bei uns kriselt und welche Hoffnungen ich den anstehenden Umzug setzte, dann würde sie vielleicht ein wenig anders denken, aber ich trete mit solchen Dingen nicht an andere heran. Das sind private Probleme und ich denke nicht, dass da jemand von Außen helfen kann. Was das Thema Kinder betrifft, so habe ich Carina gestern Abend gebeten, mir in einem Brief mal ihre Meinung zu erzählen. Dieser Brief liegt zu Hause und war inhaltlich eine Katastrophe:
Mein kleines dickes Pony,
Ja, so nennt sie mich wirklich.
Wir haben doch schon oft über Kinder gesprochen und eigentlich will ich welche mit dir haben. Ich mache mir nur große Sorgen, dass wir es nicht schaffen, schließlich habe ich die Arbeit noch nicht so lange und müsste sie dafür wieder aufgeben. Wir können es gerne weiter versuchen oder soll ich vielleicht doch wieder die Pille nehmen? Ich wollte sowieso nochmal zum Frauenarzt, weil mir die Muschii beim Pipi machen etwas brennt. Vielleicht vertrage ich den neuen Weichspüler nicht, einfach mal nach schauen lassen. Ich freue mich schon darauf, wenn wir beide Feierabend haben, dann können wir wieder kuscheln und ich hätte Lust darauf, dass du mir deinen Schniedel in den Popo steckst. Hast du auch Lust darauf? In die Muschi will ich im Moment nicht, weil die ja so brennt und nicht das es danach noch mehr brennt, weißt du.
Ich liebe dich so sehr mein kleines Pony, du bist so süß und toll.
Deine Carina

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 13, 2022 ⏰

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