Winterferien

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Es stellt sich eine Frage: Wirst du die Highschool überleben? Werde ich überleben? Denn ich kenne zu viele Leute, die es nicht geschafft haben. Ich habe manchmal diesen Traum. Justin weckt mich und sagt mir, dass Monty nicht tot ist, sondern lebt. Dann fahren wir ins Gefängnis, um mit ihm zu sprechen. Monty macht mir Vorwürfe, sagt, alles sei meine Schuld und dass ich statt er in dem Gefängnis sitzen sollte. Weil wir ihm einen Mord angehängt haben, den er nie begangen hat. Ich entschuldige mich bei ihm, erkläre ihm, dass ich dachte, er sei tot, doch nichts ändert sich an der Tatsache, dass wir Monty alles in die Schuhe geschoben haben. Ich will es wiedergutmachen. Monty sagen, dass ich für ihn aussagen werde, doch er lacht nur und fragt, wie Bryce Gerechtigkeit bekommen soll. Als ich sage, dass er ein Vergewaltiger war und Monty ebenfalls einer ist, lacht er und springt auf mich drauf, um mich zu würgen. Tja und hier endet der Traum dann. Schweißgebadet wache ich auf und versuche nach Luft zu schnappen, weil Monty mich eben doch noch gewürgt hat. So auch heute. Mein T-Shirt ist nass und als ich an meine Stirn fasse, merke ich, dass auch sie mit Schweiß bedeckt ist. Ich habe diese Albträume so gut wie jede Nacht. Das ist ziemlich scheiße, aber ich kann sowas sehr gut verbergen. Ich glaube nicht, dass meinem Dad irgendwas aufgefallen ist. Nachdem ich unter der Dusche war und mich angezogen habe, gehe ich in die Küche, wo Tante Polly Rührei zubereitet hat. Weil ihre Wohnung einen Wasserschaden hat, wohnt sie eine Weile wieder bei uns, was total komisch ist. Es fühlt sich an wie früher. Bevor mit Hannahs Tod alles anders wurde und ich einen Hass auf die ganze Welt bekam. Besonders auf die Liberty High. Noch immer erschöpft von meinem Traum stochere ich in meinem Essen herum. "Abby, willst du heute nicht mitkommen? Zu dieser Einrichtung?", fragt Tante Polly mich lächelnd, was mich aufschauen lässt. "Könnte nett werden."
"Wie soll denn etwas, das Einrichtung genannt wird jemals nett sein?", frage ich sie und fange nun doch an zu essen. Während ich das Essen nur mühsam runterbekomme, schaufelt sich mein Dad eine Ladung nach der anderen rein.
"Justin möchte dich vielleicht sehen.", meint er dann mit vollem Mund.

"Ich seh ihn doch zu Hause. Bei der Party."

"Abby, deine Erstsemesternoten sind gestern gekommen."

Entsetzt sehe ich meinen Dad an.
"Warum bekommt ihr meine Noten?" Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hab ich etwas gesagt, was ihn sehr verwirrt. Er runzelt die Stirn und sieht mich verwundert an.
"Die Schul-E-Mail. Wie immer.", antwortet meine Tante Polly lachend.

"Klar, also... Die Prüfung lief nicht besonders.", erkläre ich und senke den Blick. Meine Noten waren immer sehr gut. Doch seit einiger Zeit gibt es Dinge, die mir wichtiger sind als die Schule.
"Was ja kein Wunder ist.", meint mein Vater ruhig und legt die Gabel neben den Teller. "Wir werden uns mit der Schule mal unterhalten."

"Nein.", entfährt es mir sofort.

"Wir werden sie ganz einfach bitten, zu berücksichtigen, was du durchgemacht hast. Aber, Abby... Konzentrier dich jetzt bitte auf's College." Mein Vater sieht mich so bittend an, dass ich einfach nur nicke.
"Bist du mit der Bewerbung fertig?", fragt Tante Polly lächelnd. "Wir wollen nur, dass du weißt, dass du mit allem zu uns kommen kannst." Doch ihre Worte dringen gar nicht zu mir durch. College. Ich wusste, dass ich etwas ganz wichtiges vergessen habe. Nämlich, mich zu bewerben. Die ganze Zeit war ich so mit meinen Freunden beschäftigt, dass mir völlig entfallen war mich zu bewerben. Fuck. Erst das Scheppern eines Glases lässt mich wieder zurück in die Realität kommen. Ein leises Fluchen kommt aus Dads Mund, während er sich zu mir umdreht. "Tschuldigung."

"Also, Abby", beginnt Tante Polly langsam. "Was denkst du?"

"Worüber denn?", entgegne ich fragend, da ich überhaupt nicht mehr zugehört habe.

"Darüber Dr. Ellman zu sehen."
Seufzend stehe ich auf und nehme meinen Teller in die Hand.
"Ich weiß es nicht.", murmel ich leise. Und es ist wirklich so. Ich weiß nicht, ob ich hingehen soll. Die Sache ist die: Im Grunde ist alles okay mit mir. Naja, so okay wie man sein kann, nachdem man einen Monat wegen Mordes im Knast saß. Das Vibrieren meines Handys lässt mich aufhorchen. Ich stelle den Teller in die Spühle und greife in meine Hosentasche nach meinem Handy. Tyler. Mit schnellen Schritten verlasse ich das Haus und setze mich auf die Veranda, bevor ich rangehe. "Hey, Tyler." Doch als er mir sagt, dass er auf das Polizeirevier bestellt wird, werde ich augenblicklich bleich. "Was? Wurde gesagt, wieso?" Tyler ist total aufgeregt, während er mit mir spricht und ich verstehe nur die Hälfte davon. "Okay, okay. Ganz ruhig. Hör zu, reg dich ab. Atme durch und warte. Gib mir ein paar Minuten." Aber dann werde ich gebraucht und fühle mich wieder lebendig. Mein Freund? Nein. Er braucht mich nicht. Ich glaube, er liebt mich. Oder er mag mich. Glaub ich. Aufgeregt öffne ich die Tür zu meinem Zimmer und trete hinein. Zach steht mittendrin und sieht verwundert auf mein Bett, das noch nicht gemacht wurde. Meine nach Schweiß stinkenden Schlafsachen liegen ebenfalls dort. Ich habe vergessen, sie mit ins Haus zu nehmen. Als Zach mich sieht, kommt er auf mich zu. "Hey", begrüßt er mich und lächelt.
"Hey", gebe ich kleinlaut von mir und senke den Kopf.
"Da freut sich aber jemand mich zu sehen." Zach witzelt nur, das weiß ich. Doch gerade mache ich mir um andere Sachen Sorgen. Zach beugt sich vor und küsst mich, doch ich löse mich relativ schnell wieder von ihm.
"Was ist denn los?", frage ich ihn.

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now