Lächeln, Bitches

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Ich hatte schon immer Ecken und Kanten oder zumindest denken die Leute das. Vielleicht will ich das auch so. Aber Hannah hat das gleich durchschaut. Sie war die Art von Freundin, die mich gefordert hat, ob es mir gefiel oder nicht. Hannah und ich hatten eine Beziehung wie, naja... wir bewahrten die Geheimnisse des anderen.

Ich habe Justin abgeholt, sobald er mich angerufen hat. Ich habe ihn so mit Nachrichten bombadiert, dass er sicher irgendwann genervt war und sich gemeldet hat. Jetzt wo ich weiß, wo das Klubhaus ist, muss er mir einfach helfen Bryce dranzukriegen. “Checkst du das nicht? Es muss das Klubhaus sein.“, sage ich eifrig, doch Justin lehnt seinen Kopf an die Scheibe und starrt aus dem Fenster. “Ja.“, sagt er leise. Skeptisch blicke ich kurz zu ihm.
“Bist du high?“, frage ich.
“Scheiße, nein.“, antwortet Justin sofort.
“Weil den Scheiß kann ich nicht nochmal abziehen.“, erkläre ich und richte meinen Blick wieder auf die Straße.
“Nein, ich bin nicht high. Nur müde.“ Verständnisvoll nicke ich.
“Wenn du echt nichts genommen hast, was hast du dann in den letzten zwei Tagen gemacht?“, frage ich ihn. “Ich war bei meiner Mum.“ Entsetzt öffne ich den Mund.
“Bei deiner Mum? Ich dachte, du weißt nicht, wo sie wohnt.“ Justin sieht mich nun an.
“Tja, ich lüge wohl manchmal.“
“Warte, dann warst du Zuhause?“, frage ich nach.
“Nein, ich war bei meiner Mum.“ Justin greift in seine Tasche und zieht etwas Geld heraus. “Sie hat mir Geld gegeben.“ Verwirrt blicke ich die vielen Scheine in seiner Hand an.
“Das ist von ihr?“ Ich dachte, sie hat kein Geld.
“Hier, das ist für dich. Sieh es als Miete bis ich etwas anderes gefunden habe.“ Seufzend schüttel ich den Kopf. “Behalt es. Ich bezahl ja auch keine Miete.“, sage ich und lächle leicht. “Wenn du so viel Kohle hast, wieso rufst du mich dann an?“, frage ich ihn.
“Du hast gesagt, du brauchst mich. Ich bin... Ich will keine Scheiße mehr bauen.“ Ich wende meinen Blick von der Straße und sehe ihn an. Vielleicht habe ich mich geirrt und Justin ist kein Arsch. Ich nicke vorsichtig.
“Ja.“, sage ich. “Aber vielleicht brauche ich dich noch für die ein oder andere Scheiße.“

Ich versuche ein guter Freund zu sein. So gut ich eben kann.

Zuhause geht Justin unter die Dusche und ich gehe in mein Zimmer, wo Hannah auf dem Bett sitzt und auf mich zu warten scheint. Ich habe es satt sie ständig zu sehen. Vielleicht sollte ich anfangen meine Medikamente wieder zu nehmen. “Er ist wieder aufgetaucht.“, sagt Hannah und lächelt leicht.
“Ja.“, sage ich.
“Irgendwann kann man nicht mehr weglaufen, schätze ich.“, redet sie weiter.
“Es tut mir leid, das letztens.“, sage ich und sehe sie an. “Du hast nichts gesagt, was ich nicht verdiene “ Hannah lächelt mich an. Ich setze mich neben sie und schaue sie an. “Ich bin andauernd wütend, Hannah. Und das seit du tot bist. Ich kann es keinem erzählen.“, erkläre ich ihr. “Du solltest es jemandem erzählen. Jemandem, der lebt.“, meint Hannah und sieht mich eindringlich an.
“Ich habe versucht dich zu vergessen. Ich habe es wirklich versucht. Aber dann sitzen wir wieder hinter dem Kino oder bauen Türme aus Popcorntüten und...“, beginne ich. “Oder lästern über Zombies oder gehen zusammen nach der Arbeit nach Hause oder essen was.“, macht Hannah lächelnd weiter. Ich nicke. “Ich würde alles tun, damit wir all das wieder tun.“, sage ich mit Tränen in den Augen.
“Aber das können wir nicht. Nie mehr.“, sagt Hannah und ich weiß, dass es so ist. Fragend sehe ich sie an.
“Wieso bist du dann hier?“

Manchmal lasse ich dem Zorn dann seinen Lauf. Denn sonst zerfrisst er mich innerlich. Wenn wir aus Wut handeln, oder aus Angst, können wir Menschen verletzen, die wir gar nicht verletzen wollen.

Am nächsten Morgen gehe ich mit Justin zur Schule. “Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, Junge?“, fragt Jessicas Vater wütend, als er über den Schulhof läuft. Jessica versucht ihn aufzuhalten, aber er lässt sich nicht stoppen. Nun richten sich alle Blicke der Schüler auf uns. Bevor er bei uns ankommt, bleibt er jedoch stehen und Jessica redet auf ihn ein. Mr Davis blickt dann zu Justin und sieht ihn warnend an. “Du lässt besser die Füße still, junger Mann.“, sagt er und geht dann zu seinem Auto. Jessica und Justin schauen sich eine Weile an bis Justin dann ins Gebäude geht. Mitfühlend sehe ich ihm nach. Er bereut es. Er tut es wirklich.

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now