Kassette 3, Seite B

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“Erinnert ihr euch noch an den Fragebogen zum Valentinstag? Die haben Spaß gemacht, oder? Man füllt einen Fragebogen aus, ein Computer analysiert die Antworten und für nur einen Dollar bekommt man Name und Telefonnummer seines Seelenverwandten geliefert. Und das alles noch zu einem guten Zweck. Das Cheerleadingcamp. Der Fragebogen zum Valentinstag hatte zwei Teile. Im ersten Teil musste man sich selbst beschreiben und im zweiten Teil seinen Wunschpartner. Während ich meinen Bogen ausfüllte, bemerkte ich, dass ich eine ganz bestimmte Person von unserer Schule beschrieb. Man sollte meinen, dass diese Person zumindest unter den Top 5 auftaucht. Aber nein.“
Ich nehme die Kopfhörer von den Ohren und gehe auf die Menge zu, die sich auf dem Schulhof versammelt hat. Als ich mich durch die Menge dränge, sehe ich wie sich Alex mit Montgomery prügelt. Anstatt, dass jemand die beiden auseinander zieht, sehen alle Schüler einfach nur zu. Manche machen Bilder. Andere lachen nur darüber. Vor allem,weil es so aussieht als würde Alex Haus-hoch verlieren. “Mit der Person, die wirklich richtig für mich gewesen wäre, habe ich nicht zusammengepasst. Vielleicht lag es nicht an mir. Vielleicht kann niemand von uns sagen, wer wir wirklich sind. Vielleicht sind wir mehr als wir zu sein scheinen. Oder weniger. Vielleicht ist niemand von uns so, wie er nach außen hin wirkt.“ Alex lässt sich buchstäblich von Montgomery verprügeln ohne sich zu wehren. Doch als ich denke, es würde schlimmer werden, kommt Mr Porter und zieht Montgomery von Alex runter. “Schluss jetzt! Stop. Was soll denn das werden?“, fragt er aufgebracht.
“Er hat angefangen!“, verteidigt sich Monty und zeigt auf Alex.
“Ja? Und was wollten Sie tun?“
“Es beenden.“ Monty lacht, doch Mr Porter findet es überhaupt nicht witzig.
“Finden Sie das lustig? Ja? Kommen Sie, wir gehen.“ Er packt Montgomery am Arm und hilft dann Alex hoch. “Herrschaften, zurück in die Klasse. Die Show ist vorbei. Zurück zum Unterricht!“ Ohne auch nur noch eine Sekunde länger stehen zu bleiben, gehe ich auf das Gebäude zu. Jedoch spüre ich eine Hand auf meiner Schulter und drehe mich um. Es ist Justin. “Wohin geht's, Abby?“, fragt er. “Wo ist mein Fahrrad?“, frage ich sauer. Seinetwegen musste ich zu Fuß zur Schule kommen.
“Wir behalten es für einige Zeit. Und du wirst nichts sagen, richtig?“ Justin will auf Nummer sicher gehen. Doch ich will ihn provozieren.
“Was hast du denn vor, Justin? Mich auch so verprügeln? Nur zu. Kommt sicher gut ein Mädchen zu schlagen.“ Justin geht einen Schritt auf mich zu. “Ich tu es, wenn du mich zwingst.“, droht er mir, aber ich weiß das würde er nicht machen.
“Okay, du weißt wo du mich findest.“, sage ich schlicht und gehe einfach an ihm vorbei.

Vielleicht war es naiv von mir noch Hoffnungen zu haben. Hoffnungen auf den Richtigen.“  Vorsichtig mache ich meinen Spind auf und hole mein Französischbuch heraus. Die Tatsache, dass ich es niemandem erzählen würde war eine Sache. Aber ich würde diese Menschen trotzdem weiterhin quälen, so wie sie Hannah gequält haben. Neben mir taucht Zach auf und sieht mich an. “Betreten auf eigene Gefahr. Wenn du nicht Abstand hälst, dann knalle ich dir das Buch ins Gesicht.“, sage ich zickig und schließe kurzerhand den Spind. “Ich werde schon niemandem was über die anderen sagen, klar?“ Zach lacht leicht und lehnt sich gegen den Spind. Doch als ich ihn finster ansehe, merkt er, dass ich die Drohung ernst meine und geht einen Schritt zurück.
“Hör zu, ich wollte dir nur sagen, dass es mir leid tut, was gestern passiert ist.“ Überrascht sehe ich ihn an. “Wieso glaube ich dir das nicht?“, frage ich.
“Weil du denkst, dass ich ein Arschloch bin.“, antwortet Zach seufzend.
“Oh nein, Zach. Das denke ich nicht nur. Das weiß ich sogar.“, sage ich und gehe den Flur entlang. Zach folgt mir jedoch und läuft neben mir her. “Du kennst mich doch eigentlich gar nicht.“
“Auf wiedersehen, Zach.“, trällere ich und will weiter gehen, doch Zach hält mich fest. Ich werfe ihm einen bösen Blick zu und deute auf mein Buch in der Hand. Schnell lässt er meinen Arm los und atmet durch.
“Ich bin kein schlechter Mensch. Und eigentlich finde ich dich auch ziemlich nett.“ Ungläubig ziehe ich eine Augenbraue nach oben.
“Achso, deshalb bringst du mich fast mit einem Auto um und klaust mein Fahrrad. Was sich neckt das liebt sich oder wie geht der Spruch nochmal?“ Ich weiß, dass ich gerade echt gemein bin. Aber er will es nicht anders. “Hey, das war Justins Idee. Und dein Fahrrad hat auch er. Ich wollte, dass er es dir zurückgibt, aber er denkt, du könntest Ärger machen.“
“Nett von dir, dass du trotzdem mitmachst. Außerdem habe ich seine Kassette doch schon längst gehört. Wovor hat er Angst?“, frage ich verwirrt.
“Das kann ich dir nicht sagen.“ Ich lache auf und sehe ihn an.
“Wie vorhersehbar.“, meine ich dann. “Ich bin eigentlich hier, um dir zu sagen, dass wenn du reden willst, ich dir zuhöre.“ Zach sieht mich eindringlich an, aber ich weiß nicht, ob er das ernst meint. Vielleicht ist das nur wieder ein Trick, um mich ruhig zu stellen.
“Zach, spiel ruhig das Schoßhündchen für Justin oder Bryce. Geht mich nichts an. Aber sag mir nicht, dass ich dir in irgendeiner Hinsicht was bedeute, wenn du eigentlich nur willst, dass ich nichts von den Kassetten erzähle.“ Völlig verwundert sieht Zach mich an. In seinem Blick liegt etwas Enttäuschung, aber ich weiß nicht wieso.
“Wenn ich dich so bescheuert finden würde, hätte ich dich beim Winterball nicht zum Tanzen aufgefordert.“, sagt er gekränkt. “Und ich hätte dir auch nicht angeboten mit mir über Hannah zu reden.“ Dann geht er an mir vorbei und verschwindet. In meinem Magen sammelt sich eine Mischung aus Wut und Erleichterung aus. Ich bin sauer, dass er mir mit Justin und Alex Angst gemacht hatte, aber ich bin erleichtert, dass Zach Dempsey vielleicht doch nicht so ein Arsch ist, wie ich immer denke.

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