Kassette 6, Seite B

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Am nächsten Morgen wache ich in meinem Bett auf. Tante Polly musste mich ins Bett getragen haben am Abend zuvor. Ich träumte von Hannah. Sie hat nach mir gerufen, versucht sich an mir festzuhalten, aber ich bin einfach gegangen. Als ich nach unten gehe, rieche ich bereits das Frühstück, das Tante Polly zubereitet. Sofort gehe ich auf die Kaffeemaschine zu und gieße etwas Kaffee in meine Tasse. “Du trinkst noch Kaffee?“, fragt mein Vater überrascht.
“Trinkst du noch Kaffee?“, frage ich ebenfalls.
“Ja.“, antwortet er. “Ich hätte nur erwartet, dass du keinen mehr trinkst.“
“Bestimmt leben wir etwas länger, wenn das hilft. Wenn deine Generation nicht den Planeten zerstört.“, werfe ich ein.
“Das ist zu spät, fürchte ich.“, entgegnet er und schaut in seine Zeitung.
“Abby, wegen des Baker-Prozesses...“, beginnt Tante Polly, doch mein Vater unterbricht sie.
“Gönnen wir uns einen Morgen ohne Diskussion über den Prozess?“, fragt er.
“Die Vorladungen zur Anhörung gehen heute raus.“, erklärt Tante Polly ihrem Bruder.
“An wen gehen die noch außer an mich?“, frage ich neugierig. “Entschuldigung, Abby. Ich bin nicht befugt dir das zu sagen. Vor ein paar Tagen hattest du mich gefragt, ob man belangt werden könnte, wenn man jemanden verletzt hat, aber das Opfer keine Aussage mehr dazu machen kann. Du sagtest, es wäre hypothetisch. Aber du meintest Hannah, nicht wahr?“
“Nicht wirklich, eigentlich.“, antworte ich und trinke einen Schluck Kaffee. “Denn wenn ihr etwas zugestoßen wäre und du wärst involviert in irgendeiner Art...“ Verwirrt sehe ich sie an.
“Denkst du das wirklich?“
“Polly.“, sagt mein Vater warnend. “Das tue ich nicht.“, sagt sie sofort, aber ich weiß nicht, ob ich ihr das glauben soll.
“Wenn ich etwas getan hätte, und das zugebe, gehe ich ins Gefängnis.“, merke ich an.
“Naja, das ist ein Zivilverfahren. Kein Kriminalprozess, aber man muss die Wahrheit sagen.“
“Also ist eine Lüge eine Straftat.“, stelle ich fest und werde von der Türklingel unterbrochen.
“Wieso solltest du denn jetzt lügen?“, fragt Tante Polly.
“Angenommen ich hätte ein Stoppschild umgefahren und jemand starb deswegen, ist das Totschlag?“, frage ich neugierig. Tante Polly sieht mich völlig perplex an.
“Abby, worüber redest du da überhaupt?“
“Entschuldige, ich bin nicht befugt dir das zu sagen.“,sage ich frech und stelle die Tasse weg. Wieder klopft es an der Tür. “Das ist bestimmt für mich oder nicht?“, frage ich, als niemand aufsteht, um aufzumachen.

“Da sind wir wieder. Kassette 12. Wenn ihr euch bisher alles angehört habt und euer Name noch nicht vorkam, naja, ich wette ihr wisst dann genau was jetzt folgt. Oder vielleicht habt ihr auch keinen blassen Schimmer. Könnte das sein? Könnte eine Person so krank sein? Finden wir es heraus. Aber zunächst müssen wir zum Anfang des schlimmsten Tages meines Lebens. Ich wollte Abby alles sagen. Aber wie sollte ich es anstellen, nachdem was auf Jessicas Party passiert war?“

Nachdem ich mir die Kassette im Monet's angehört hatte, bat ich Tony darum ein Aufnahmegerät mitzubringen und es mir in die Schule zu bringen. Als er die Tür zum Klassenraum öffnet, schaue ich auf und sehe ihn an. “Hast du es dabei?“, frage ich ihn sofort. Tony nimmt seinen Rucksack ab und öffnet ihn. Als er hineingreift, holt er das Gerät heraus und legt es auf den Tisch.
“Wie von dir verlangt.“, antwortet er. “Magst du mir verraten, warum jetzt doch?“
“Tut mir leid.“, beginne ich. “Ich bin nicht befugt es dir zu sagen.“
“Wir hatten einen Deal. Wir wollten das gemeinsam tun.“, redet Tony auf mich ein.
“Du hast gesagt, wenn ich die Kassetten bis zum Ende höre, tun wir, was wir tun müssen.“
“Und?“, beginnt Tony. “Bist du am Ende angekommen?“
“Naja, fast.“, gestehe ich und krame in meinem Rucksack herum. Tony sieht mich verwirrt an.
“Wirst du sie auch weitergeben?“, fragt er dann.
“Du und ich wissen beide, dass Hannah bis Kassette 13 geplant hat, aber wenn ich ihnen Nummer zwölf gebe, ist das das Ende.“,erkläre ich. “Gib mir nur einen Tag, ich hab einen Plan.“
“Abby...“
“Vertraust du mir?“, frage ich uns sehe ihn an. Tony nickt schließlich. “Ja.“

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now