Donnerstag

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Er war verletzt. Lag im Sterben. Und ich konnte ihm nicht helfen. Ich sah einfach zu, wie er verblutete. Der Autounfall mit Zach ist wie aus meinem Gedächtnis gelöscht. Ich kann mich an gar nichts davon erinnern. Nur an das, was Justin mir erzählt hat. "Die Zeit ist um!" Erst die Stimme des Coaches bringt mich wieder zurück in die Realität. Justin vor mir lässt sich entnervt auf den Boden sinken. Die Puppe vor uns verblutet, weil ich einfach nur da sitze und mich kein Stück bewege. "Ich fürchte, euer Opfer hat nicht überlebt."
"Entschuldigung.", sage ich leise und senke den Kopf, während der Coach zu den anderen Schülern geht. Nicht einmal ein Erstehilfe-Kurs hätte mir dabei geholfen Zach zu retten. Ich weiß, wie das geht. Immerhin habe ich versucht Jeff wiederzubeleben, als er diesen Unfall hatte. Wieso hat es bei Zach nicht klappen wollen? Wieso bin ich einfach nur dagesessen und habe ihn angestarrt? Und wieso kann ich mich an all das nicht erinnern? "Hey, gute Arbeit Leute. Hört zu. Ich weiß, es kann eine ziemlich harte Übung sein. Aber es dauert nur wenige Minuten bis jemand mit einer Schusswunde verblutet. Klar? Unser Ziel ist es also..." Aber ein Druckverband hilft verdammt wenig, wenn deine Eingeweide durch eine einzige Kugel aus einer RA-15 aufgerissen werden.

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"Wie wäre es damit. Statt zu zeigen, wie man Blutungen stoppt, sollte man nicht die Wahrscheinlichkeit verringern, dass auf uns geschossen wird? In einer Highschool?", frage ich aufgebracht, während ich im Raum auf und ab gehe. "Wäre das nicht sinnvoller?"

"Die Übungen waren wahrscheinlich sehr aufwühlend für Sie, nicht wahr?", fragt Dr Ellmann mich. Sie ist aber auch echt immer die Ruhe in Person.

"Ich verliere gerade etwas Respekt für Sie, wenn Sie so offensichtliche Fragen stellen.", entgegne ich entnervt.

"Soll ich Ihrer Meinung nach eher Mutmaßen, was Sie empfinden, ohne zu fragen?"

"Okay, jetzt wollen Sie dagegen halten."

"Das will ich überhaupt nicht. Wie haben Sie sich bei der Erstehilfe-Übung gefühlt?"

"Hilflos. Das Gefühl von Hilflosigkeit ist das schlimmste, das es gibt."

"Sagen Sie mir, wieso."

"Ist das nicht offensichtlich?", frage ich spöttisch.

"Ich würde sagen, nein. Wieso ist das Gefühl von Hilflosigkeit für Sie das schlimmste, das es gibt? Helfen Sie anderen Menschen gern?"

"Helfen Sie nicht gern?"

"Doch, sehr. Und manchmal bringt es sogar was."

"Und wie machen Sie das?", frage ich und bleibe stehen, um Dr Ellmann anzusehen.

"Naja, ich versuche alles, was in meiner Macht steht. Ich konsultiere Kollegen. Denn wenn ich einem Patienten mal nicht helfen kann, dann finde ich jemanden, der es kann.", erklärt sie und schließt die Tür des Besprechungsraumes.

"Aber was ist mit den Menschen, denen man nicht helfen kann?"

"Das ist unmöglich.", merkt Dr Ellmanm an. Langsam lasse ich mich auf das Ledersofa nieder. "Glauben Sie, dass man Ihnen nicht helfen kann?"

"Ja.", beichte ich leise und spiele mit meinen Fingern.

"Vor einigen Sitzungen haben wir darüber gesprochen, wie man sich selbst bestraft. Denken Sie, Sie verdienen es bestraft zu werden?"

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now