Kassette 3, Seite A

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Jungs sind Arschlöcher. Manche sind die ganze Zeit über Arschlöcher. Alle sind manchmal Arschlöcher. So sind Jungs nunmal. Naja, vielleicht nicht alle Jungs. Meistens sind Jungs Arschlöcher, aber Mädchen können bösartig sein.“
Mit weit aufgerissenen Augen schaue ich an die Decke meines Zimmers. Wieder ein Albtraum. Und wieder spielte Hannah darin die tragende Rolle. Ich habe es satt, sie ständig in meinen Träumen zu sehen, aber was bedeutet denn schon, was ich will? Die halbe Nacht habe ich die nächste Kassette weiter gehört und bin irgendwann einfach eingeschlafen. Müde stehe ich auf, um mich umzuziehen und gehe dann nach unten in die Küche. Tante Polly versucht immer noch das Familien-Frühstück durchzuziehen. “Morgen.“, murmel ich, als ich die Küche betrete und mich setze.
“Guten Morgen, Mäuschen.“, begrüßt mich mein Vater fröhlich.
“Abby, ich würde dir gern etwas sagen.“, beginnt meine Tante, als sie sich zu uns setzt.
“Shit, ich muss gehen.“, sage ich mit dem Blick auf die Uhr. “Ich treffe jemanden im Monet's bevor die Schule losgeht. Ein Projekt.“ Ich stehe auf, nehme meinen Rucksack und gehe. “Hab euch lieb!“, rufe ich noch bevor ich das Haus verlasse. Schnell steige ich auf mein Fahrrad und fahre einfach davon.
Im Monet's hole ich mir einen Coffee-to-Go bevor ich zur Schule fahre. Während ich warte, entdecke ich Courtney mit ihren zwei Vätern. “Courtney Crimson. Was für ein hübscher Name. Und was für ein hübsches Mädchen. Mit ihrer perfekten Familie. Jeden Morgen gemeinsam Kaffee. Und du bist auch so lieb, Courtney. Das sagen alle. Du bist zu jedem nett. Immer. Du gehörst zu den beliebtesten Mädchen in der Schule. Und du bist echt so.... so nett. Richtig? Falsch.“
Als ich in der Schule ankomme, sehe ich, wie sich Bryce und Montgomery über Tyler lustig machen. Sie stellen sich auf die Bänke draußen und ziehen ihre Hosen runter, so dass man ihre nackten Hintern sieht. Tylers und mein Blick begegnen sich. Sein Blick ist kalt. Und ich weiß, er würde mich am liebsten auch demütigen. Ich steige von meinem Fahrrad und schließe es ab, so wie immer. Dann gehe ich ins Gebäude ohne die anderen Jungs auch nur eines Blickes zu würdigen. Sie sind sicher sauer, dass ich letzte Nacht nicht zu Bryce gekommen bin, um ihnen die Kassetten zu geben. Aber es ist endgültig Schluss mit Spielchen. Auf dem Weg zu meinem Spind, fängt mich Tyler ab. “Was soll der Scheiß, Abby? Jeder in der Schule hat dieses Foto.“
“Ja, das kommt vor, nicht wahr?“, sage ich kalt und gehe weiter.
“Was willst du damit erreichen?“, fragt Tyler weiter.
Ich bleibe stehen und sehe ihn an. “Irgendwas. Ich versuche nur irgendwas zu erreichen, das deine Tat übertrifft.“
“Ich bin der einzige, der diesen Scheiß irgendwie betrifft, okay? Der einzige, dem du was angetan hast. Über mich lacht jetzt die ganze Schule.“, antwortet Tyler sauer. “Noch, Tyler.“, sage ich stur. Noch bist du der einzige.“ Tyler schüttelt den Kopf und geht dann an mir vorbei. Mein Blick bleibt an Courtney hängen, die an mir vorbeigeht. Sie hat Blumen für Hannahs Denkmal in der Hand. Wie ich feststelle, diesmal keine Rosen. Als es klingelt, wende ich mich von ihr ab und gehe Richtung Klassenzimmer. Jedoch höre ich jemanden meinen Namen rufen. Es ist Justin, der mir hinterher läuft. “Hey, Justin.“, sage ich gespielt fröhlich und will weiter gehen, doch Justin stellt sich mir in den Weg.
“Du hast ein schickes Bild von Tyler gemacht.“, sagt er spöttisch.
“Nicht so schick wie das, was er von Hannah gemacht hat.“, gebe ich zurück.
“Du hast dich bewiesen. Jetzt gib Ruhe.“
“Ich soll Ruhe geben?“, lache ich. “Wer sagt denn sowas?“ Justin geht bedrohlich einen Schritt auf mich zu und baut sich vor mir auf. Sollte mir das wirklich Angst machen?
“Es geht jetzt über uns hinaus. Es betrifft die ganze Schule. Wenn wir fallen, gehst du mit uns unter.“
Mit verschränkten Armen sehe ich ihn an. “Vielleicht ist es mir egal.“, erwidere ich provokant.
“Sollte es aber nicht.“ Justin sieht mich noch einmal eindringlich an und geht dann. “Ich hab gehofft wir könnten Freundinnen sein, Courtney. Ich brauchte eine Freundin. Und du auch, denke ich. Aber du hattest ein paar Geheimnisse, die geheim bleiben sollten. Sogar vor dir. Noch Tage nachdem Tylers Bild rumging, wollte ich deine Aufmerksamkeit gewinnen. Du hast mich wochenlang ignoriert. Aber ich entschied genug war genug. Ich wollte mit dir reden. Ich meine, wir saßen beide in diesem Boot, zusammen. Nicht wahr?“

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now