Kapitel 87

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2am... Seit geschlagenen zwei Stunden saßen Harry, Niall und ich schon in unserem Wohnzimmer, vergeblich versuchend die deprimierende Stimmung anzuheben. Mein Körper fühlte sich weiterhin wie betäubt an, nachdem ich haarknapp von einem Auto umgefahren wurde und Louis wiedergesehen habe... An den Stellen, wo mich Louis verzweifelt festgehalten hatte, spürte ich brennende Blitze. Merkwürdig, als würden sie mich foltern, hänseln, dass ich mich dummerweise auf Louis eingelassen habe. Fröstelnd zog ich die Beine an meine Brust und ließ mit zusammengekniffenen Augen den Kopf hängen.

"Soll ich dir eine Decke holen, Honey ?", fragte Harry mit einer besorgten Miene und ohne, dass ich ihm antworten konnte, war er schon auf den Beinen und marschierte aus dem Wohnzimmer. Niall, der mich ununterbrochen knuddelte, strich vorsichtig mit dem Handrücken über meine Wange.

"Haz !", rief Niall meinem Bruder zu, "Ihr ist schon so total heiß. Hol ihr lieber ein leckeres Eis."

"Ich will kein Eis, Ni.", murmelte ich und legte den Kopf auf die Seite, um den kleinen Iren anzuschauen, "Einfach ein bisschen... Ablenkung von... Du weißt schon."

Nichtmal seinen Namen konnte ich auf die Zunge bringen, ich fühlte mich so dumm... So schrecklich dumm. Aufmunternd streichelte Niall mir übers Haar und platzierte einen flüchtigen Schmatzer auf meine Wange, legte danach den Kopf auf meine Schulter.

"He.", meinte Harry grinsend, der mit einer kuscheligen Decke zurückkam und diese mir überstülpte - oder eher Niall und mir, "Wollt ihr vielleicht ein paar Witze hören ?"

"Nein, bloß nicht !", schnauzte Niall, gefolgt von einem schallenden Lachen, "Die werden Helen nur umso mehr deprimieren."

Als ich Harry's empörten Gesichtsausdruck erblickte und Niall's ansteckenden Lachen nachgab, hoben sich meine Mundwinkel tatsächlich ein Stückchen. Niall bemerkte dies und lächelte triumphierend, drückte mich ganz fest. Erschöpft ließ sich Harry neben mich auf die Couch fallen, gesellte sich näher zu uns und legte ebenfalls die Decke um sich, sodass wir drei eingekuschelt unter einer flauschigen Decke saßen.

Plötzlich hörte man schwach ein Handy summend vibrieren, gefolgt von einem genervt aufstöhnenden Harry und Niall, der genauso fertig motzte: "Nicht schon wieder !"

Ich wiederum blickte verwirrt von Niall zu Harry, wiederholend. Augenverdrehend holte mein großer Bruder sein vibrierendes Handy aus der Hose und starrte auf den hellleuchtenden Display. Unauffällig schielend erhaschte ich einen Blick auf die Anrufer ID, ebenso das dazugehörige Bild und mein Herz zog sich ruckartig zusammen. Achtlos drückte Harry den Anruf weg, woraufhin Niall zu mir sprach: "Lass uns dich etwas ablenken, wie wäre es mit einem guten Buch ?"

"Klingt beruhigend, Ni.", stimmte ich schwach lächelnd zu, "Uhm, in meinem Zimmer stehen einige, die ich noch gar nicht angefangen habe zu lesen. Wärest du so lieb und holst einige runter ?"

Eifrig und mit einem breiten Lächeln nickte Niall und flitzte augenblicklich davon, mein großer Bruder und ich saßen ganz still nebeneinander unter der kuscheligen Decke. Niall's Schritte hallten auf der Treppe, durch die zweite Etage, bis er wohl in meinem Zimmer angekommen war und stehen blieb.

Aufmunternd und beschützerisch legte Harry einen Arm um mich, drückte kräftig zu, wobei ich einmal keuchen musste. Beinah hat er mir die Luft weggedrückt, durch seine voller Liebe steckende Umarmung. Seufzend lehnte ich mich näher an Harry an, nuschelte gegen seine Brust: "Wieso hat Louis versucht dich an zurufen ?"

Es herrschte eine unangenehm Stille im Haus, selbst Niall hörte man überhaupt nicht, wohlmöglich nur meine wirren und hoffnungslosen Gedanken um Louis. Meine Güte, langsam brauchte ich wirklich einen Therapeuten, der meine unergründlichen Gefühle aufklärte ! Was ist bloß mit mir falsch gelaufen ? Mein gesamtes Leben war sinnlos und unerklärlich - erstmals wieso ich überhaupt anfangs so ein kindisches und absurdes Mädchen gewesen war... Ehrlich gesagt, würde ich von der Gegenwart aus in meine Vergangenheit schauen, könnte ich ein reines unselbständiges Kind erkennen. Ohne jegliche Probleme, unter ihrer kleinen schönen Familie und mit etwas mangelnden Freundenkreis. Manchmal dachte ich mir, ich sollte ordentlich über meine Vergangenheit urteilen und daraus schließen, wie ich meine Zukunft gestalten möchte...

c'mon c'mon » l.t. ✓Donde viven las historias. Descúbrelo ahora