63 ~ Danach

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Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch das Fenster und tauchten das Boxspringbett, in dem ich, lediglich in einem von Jareds T-Shirts bekleidet, lag, in ein wunderschönes goldenes Licht. Das Zimmer war nicht gerade ordentlich. Auf dem Boden lagen einige Schulbücher und mein Bikini musste auch irgendwo in einer Ecke liegen. Jared hatte seine Badehose wieder angezogen, als er das Zimmer verlassen hatte, um auf die Toilette zu gehen.

Ich bereute es. Wie sollte ich das Jack erklären? Musste ich es ihm überhaupt erklären? Vielleicht würde er gar nichts merken. Ich könnte es ihm einfach verschweigen. Warum sollte ich ihm auch überhaupt etwas sagen? Er war doch derjenige, der nichts von mir wollte, bloß, weil ich nicht nur auf ihn, sondern auch auf Jared stand.

Aber andererseits bereute ich es auch nicht. Es war schön gewesen. Jareds unerwartet sanfte Haut auf meiner, seine Berührungen. Es war viel heißer, trotz der Kälte, als ich es mir jemals vorgestellt hatte. Und das war es doch, was ich wollte, oder etwa nicht?

Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich wusste doch selbst nicht, was ich wollte. Eines stand fest: Wenn Jack hiervon erfuhr, dann wäre es zwischen uns endgültig vorbei. Was, wenn er in der Zwischenzeit angekommen war? Er würde eins und eins zusammenzählen können, wenn Jared und ich zusammen sein Zimmer verlassen würden.

Nein, ich kann nicht auf Jared warten, stellte ich fest und beeilte mich, meinen Bikini wieder anzuziehen. Das T-Shirt zog ich wieder drüber. Ohne war mir zu kalt, doch ich nahm ich mir vor, es wieder auszuziehen, sobald ich im Garten meine Klamotten fand.

Schnell schritt ich zur Tür, rannte die Treppe hinunter und dann den Flur entlang.

Kurz bevor ich den Garten erreichen konnte, übertönte ein einziges Wort den Partylärm.

»Tuesday.«

Wie festgefroren blieb ich stehen.

War ich gemeint? Mit dem Namen meiner Schwester? Ich sah fast genauso aus wie sie, sofern sie wirklich das pinkhaarige Mädchen in meinem Traum gewesen war, also wäre es nicht verwunderlich, dass jemand, der uns beide kannte, uns verwechseln würde. Aber warum sollte irgendjemand auf Jareds Geburtstagsfeier meine Zwillingsschwester kennen?

»Wir müssen reden!«, kam es von derselben Stimme. Ich konnte sie zu keiner Person zuordnen. Verwirrt drehte ich mich zu der Quelle um und entdeckte die Blonde von vorhin, Jareds Schwester.

Bevor ich ihr erklären konnte, dass ich nicht Tuesday war und sie danach fragen konnte, warum zum Teufel sie meine Zwillingsschwester kannte, redete sie weiter.

»Ich mag deine neue Haarfarbe, vorhin habe ich dich fast gar nicht erkannt. Ehrlich gesagt bist du mir erst aufgefallen, als ich dich mit meinem Bruder gesehen habe. Warum hast du mir eigentlich nie gesagt, dass du mit ihm zusammen bist? Ich hoffe, du hast Jared nicht gesagt, dass wir uns kennen?«

»Dass wir uns kennen?«, fragte ich, noch immer verdattert.

»Ich will wirklich nicht, dass er erfährt, wie ich zu meinem neuen Körper gekommen bin«, erwiderte die Blonde erklärend und deutete an sich hinunter, doch ich verstand nur Bahnhof. »Er ist so ein lieber Junge und er war so erfreut, mich wieder zu sehen. Ich glaube, es würde ihn zerstören, wenn er davon erfährt.«

Ein lieber Junge? Redete sie von einem anderen Jared als ich?

Ich wollte etwas erwidern, sie fragen, was sie meinte, doch ich wusste gar nicht, wo ich mit meinen Fragen anfangen sollte. Ich war sprachlos.

»Wie dem auch sei. Bitte, bitte sag ihm einfach nichts, okay?«, bettelte Jareds Schwester, dann schaute sie Richtung Treppen. »Ich glaube, ich höre Stufen. Das ist bestimmt Jared. Gib einfach vor, mich nicht zu kennen.« Sie fügte noch ein leises »Bitte« hinzu, bevor sie hinaus in den Garten verschwand.

Ich schaute ihr verdattert hinterher, bis mir einfiel, warum ich überhaupt runtergegangen war.

Ich wollte nicht mit Jared gesehen werden!

Schnell folgte ich hier hinaus und erspähte nach kurzem meine Klamotten am Rande des Pools. Auf dem Weg dorthin stellte ich fest, dass es während meiner Abwesenheit deutlich leerer auf der Party geworden war. Tatsächlich sah ich fast ausschließlich Wesen mit Dämonenaugen. Es war also beinahe so weit für die Höllenparty.

Ich hob meine Jeans auf und stieß einen leisen Fluch aus.

Scheiße!

Meine Hose war pitschnass. Und mein T-Shirt ebenso. Was sollte ich denn nun anziehen?

Verzweifelt schaute ich mich um und entdeckte wenige Meter von mir Jack, der gerade auf mich zuging.

»Hey«, sagte er. »Wie war die Party?«

»Gut«, erwiderte ich kurz angebunden. Ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen, nicht nach dem, was eben mit Jared passiert war.

»Ist das ein Männershirt?«, fragte Jack, die Arme vor der Brust verschränkend.

Ich schaute auf den Boden. »Vielleicht.«

»Nun, das sagt wohl alles, was ich wissen muss.« Die Enttäuschung in Jacks Stimme war deutlich zu hören. So viel zu meinem Vorhaben, ihm nichts zu sagen. Meine Augen brannten und nur mit Mühe konnte ich die Tränen zurückhalten. Unauffällig wischte ich mir mit meinem Handrücken über die Augen.

»Es ist nicht so, wie es aussieht«, meinte ich.

»Also hattest du keinen Sex mit einem der Geburtstagsgäste?«

»Äh, nein.« Das war nicht einmal wirklich gelogen. Jared war kein Gast.

Ich spürte, wie Jack mich sanft am Kinn fasste und versuchte, mein Gesicht zu ihm zu drehen, doch ich schlug seine Hand beiseite.

»Monday, schau mich an.« Ich hob meinen Blick, doch starrte leicht an ihm vorbei. »Bitte, Monday.«

Zögernd schaute ich ihm ins Gesicht. Jack schaute mich mit leicht gerunzelter Stirn an. Als er meinen Blick erfasste, wurden seine Züge weicher.

»Ist schon okay, du musst mir nichts sagen«, meinte er. »Tut mir leid, dass ich gefragt habe. Es geht mich nichts an.«

Ich blinzelte meine Tränen aus den Augen.

»Sag mal, Monday«, meinte Jack. »Ist das eine Alkoholfahne? Bist du etwa betrunken?«

»Nein, nein. Ich bin schon wieder ausgenüchtert.«

Nun konnte ich es nicht mehr zurückhalten. So sehr bereute ich es, es mit Jared gemacht zu haben. Jack war so lieb zu mir, obwohl er wusste, dass ich mit einem anderen geschlafen hatte und doch hatte ich mich im betrunkenen Zustand für Jared entschieden. Dabei wollte ich doch gar nichts von dem.

Die Welt verschwamm vor meinen Augen, als ich in Tränen ausbrach.

Monday - Dämonen der VergangenheitWhere stories live. Discover now