13 ~ Adam, das hast du dir eingebildet

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Verzweifelt wickelte ich die Silberkette um ihren Hals und drückte fest zu. Der Handdruck auf meinem Herzen verstärkte sich. Kurz bevor meine Lebensenergie vollkommen verflogen war, zuckte die Dämonen ein letztes Mal zusammen und zerfiel dann zu Asche.

Neben mir lag Adam. Lebte er noch? Erschöpft ließ ich mich neben ihn fallen und tastete nach seinem Herzen. Genau wie bei mir war dort ein riesiger blutroter Abdruck zu sehen, doch sein Herz schlug noch. Wir waren beide am Leben!


»Was ist passiert?«, fragte Adam. Ich hatte ihn mit meinen letzten Kräften nach Hause getragen und auf unser gemeinsames Bett gelegt. Nach einer Stunde war er aus seiner Ohnmacht aufgewacht. Nun blinzelte er mich verwirrt an.

»Wir wurden überfallen«, log ich. »Jemand hat dich geschlagen und dann bist du ohnmächtig geworden.«

»Es war eine Frau«, meinte Adam. Dann schaute er mich entsetzt an. »Sie hatte rote Augen. Warum hatte sie rote Augen?«

Warum zum Teufel konnte Adam ihre Augenfarbe sehen? Er war kein Dämonenjäger, also warum konnte er sie sehen? Adam hatte keine speziellen Fähigkeiten. Und wenn er von der Existenz von Dämonen wüsste, dann würde er in Angst leben müssen. Das konnte ich ihm nicht antun. Ich musste ihn anlügen.

»Adam, die Frau hatte keine rote Augen. Das hast du dir eingebildet.«

»Ich weiß, was ich gesehen hab, Monday«, murmelte Adam zerstreut.

»Ich habe die Frau doch auch gesehen. Sie war ganz normal, nur war sie mit einem Messer bewaffnet und hat versucht mich umzubringen.«

»Warum wollte sie dich töten?«, fragte Adam und schaute mich mit so einem entsetzten Blick an, dass ich mein Lachen kaum verkneifen konnte. Dieser Blick bei Adam war einfach zu lustig.

»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ist sie psychisch krank.« Ich legte mich zu Adam auf das Bett. »Warum warst du überhaupt bei mir?«

Er schaute mich kurz an, schien dabei zu überlegen. »Du warst so lange weg beim Einkaufen. Ich habe mir Sorgen gemacht und dann bin ich losgegangen und habe dich gesucht«, sagte er schließlich.

»Du hast dir Sorgen um mich gemacht... Wie Süß!«, meinte ich.

Hoffentlich würde ich heute Nacht schlafen können.


Kurz bevor der Dämon mich erreichte, wich ich zur Seite aus, sodass er auf dem Boden landete. Schnell lief ich zu Aleksej, bückte mich und nahm ihm das Silbermesser aus seiner leblosen Hand. Als ich wieder aufstand, war auch der Dämon schon aufgestanden und nahm erneut Anlauf, um sich auf mich zu stürzen. Zwar war der Dämon eine Eins, aber besonders schlau schien er nicht zu sein.

Er sprang direkt in mein Messer hinein, ahnungslos von seinem bevorstehenden Schicksal. Seine letzten Schreie hallten durch den Raum, als er sich langsam in Asche auflöste. Langsam ließ ich meinen Blick auf den Aschehaufen zu meinen Füßen gleiten, als mir Aleksej wieder in den Sinn kam.

Regungslos lag er auf dem Boden. Wäre da nicht überall Blut auf seinem Körper, hätte man denken können, dass er nur schläft. Der Dämon hatte ihn anscheinend nicht ausgesaugt, sondern hatte ihn mit einem normalen Küchenmesser getötet.

Er hatte Aleksej umgebracht. Mein Aleksej war tot.

Genauso wie mein Vater.

Vollkommen erstarrt blickte ich auf Aleksej. Wie sollte ich ohne ihn leben? Ich merkte, wie mir die Tränen das Gesicht hinunter liefen. Hektisch schnappte ich nach Luft. Ich konnte nicht ohne ihn, konnte nicht noch eine Person verlieren.

Dämonen hatten meinen Vater und meinen Freund umgebracht.

Ich hasste sie alle.


Vollkommen verschwitzt wachte ich auf und starrte an die Decke, unfähig mich zu bewegen.

»Alles okay?«, hörte ich Adams stimme. Es dauerte einige Sekunden, bis ich mich aus meiner Starre lösen konnte.

»Nur ein Albtraum«, meinte ich.

»Wovon hast du geträumt?« fragte er.

»Die Vergangenheit«, meinte ich wahrheitsgemäß. »Ich mag nicht darüber reden.«

Nach einer Weile des Schweigens schlief ich wieder ein.


»Monday!«, schrie Adam und rüttelte an meinen Schultern.

Genervt schlug ich die Augen auf. Was?!«, schrie ich.

»Unsere Eltern wollen zusammen mit uns Frühstück essen«, meinte mein Stiefbruder und verdrehte die Augen. »Kommst du oder müssen wir noch länger auf dich warten?«

Müde stand ich auf. Und wäre der Länge nach hingefallen, wenn Adam mich nicht festgehalten hätte. Schwankend machte ich einen weiteren Schritt. Schwarze Punkte tauchten in meinem Blickfeld auf.

»Adam, ich kann nichts sehen!«, schrie ich verzweifelt und klammerte mich an ihn.

»Leg dich lieber hin«, meinte dieser irgendwo im Dunkeln neben mir und führte mich zum Bett.

»Kannst du mir etwas zu trinken geben?«, fragte ich und setzte mich hin.

»Bin gleich zurück«, sagte Adam und ließ mich allein.

Wenig später hörte ich seine Schritte. Sehen konnte ich immer noch nichts.

»Hier, ich hab Wasser für dich«, meinte Adam.

»Wo?«, fragte ich und tastete mit meinen Händen vor mir in der Luft herum. Plötzlich stieß ich mit meiner rechten Hand gegen etwas Hartes. Millisekunden später spürte ich einen kleinen Schmerz auf meinem rechten Fuß. Ich hörte ein Glas zersplittern. Eiskaltes Wasser breitete sich über meinen Füßen aus.

»Scheiße, Monday! Pass doch auf!«, schrie Adam mich an. Warum musste er so laut schreien?


Blinzelnd öffnete ich meine Augen.

Neben mir sah ich Adam hocken, welcher mit einer Küchenrolle den Boden putzte.

Als er merkte, dass ich wach war, hielt er mit seiner Putzaktion inne. »Mein Vater bringt dir gleich das Essen ans Bett. Du solltest dich lieber ausruhen.«

Warum sollte ich mich ausruhen? Was war denn passiert? Plötzlich fiel es mir wieder ein. Adam hatte mir ein Glas mit Wasser gegeben, welches ich ihm aus Versehen aus der Hand geschlagen hatte. Danach musste ich ohnmächtig geworden sein.


»Danke«, sagte ich, nachdem mir Norbert ein Glas mit Wasser und einen Teller mit zwei Broten gebracht hatte.

»Ist dir noch schwindelig?«, fragte dieser.

»Es geht wieder«, meinte ich. »Solange ich nicht aufstehe.«

»Dann ruh dich mal schön aus. Wenn es dir morgen immer noch nicht gut geht, musst du auch nicht zur Schule.« Wie süß, Norbert kümmerte sich ja mehr um mich als meine Mutter. So wirkte er ja fast schon nett.

»Mach ich«, sagte ich und lächelte.

»Wenn du aufstehen willst, dann ruf uns bitte vorher. Ich will nicht, dass du umfällst und dabei eine unserer teuren Vasen kaputt machst!«

Ich guckte ihn schief an, unsicher ob er das ernst meinte oder ob das nur ein Witz gewesen war. Als er dann mit grimmiger Miene das Zimmer veließ, hatte ich meine Antwort. Und eben hatte ich noch gedacht, dass er ganz nett war...

Monday - Dämonen der VergangenheitDär berättelser lever. Upptäck nu