06 ~ Die Familie geht essen

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Missmutig setzte ich mich mich neben Adam an den Tisch. Evelyn und Norbert hatten ohne uns zu fragen entschieden, dass wir chinesisch gehen essen würden. Nun saßen sie uns gegenüber und blätterten fröhlich in der Speisekarte.

Nachdem wir alle bestellt hatten waren Norbert und Evelyn die Einzigen, die redeten. Wie konnten sie so fröhlich sein, wo es offensichtlich war, dass unsere »wunderbare« Patchwork-Familie für Adam und mich nicht so toll war, wie sie es sich vorgestellt hatten? Na ja, war ja nicht so, als würde meine Mutter sich irgendwann darum kümmern, was für mich am besten wäre.

»Wie war es noch mit Jared?«, unterbrach Adam meinen Gedankengang.

»Äh... super«, log ich. Die Dämonenbegegnung war garantiert nicht super verlaufen. Nein, das war mir ganz und gar nicht angenehm gewesen. Aber ich würde Jack nicht töten, sobald ich die Gelegenheit dazu bekam. Das hatte ich mir vorgenommen. Mein ganzes Leben lang hatte ich nichts anderes getan, als Dämonen umzubringen. Jetzt, wo ich die Gelegenheit dazu hatte, würde ich versuchen Jack besser kennenzulernen. Würde in Erfahrung bringen, wovor Dämonen sich fürchten, wie ich ihnen weh tun könnte. Irgendetwas musste es doch geben, was ihnen Angst machte? Dämonen umzubringen war keine gerechte Strafe für den Tod an meinem Vater und an meinem Freund. Sie verdienten weitaus mehr als nur den Tod.

»Da hört sich ja jemand begeistert an«, meinte Adam.

»Nein, du hattest recht, ich will nichts mit ihm zu tun haben.« Nicht, nachdem ich gesehen hatte, wie er Veronica mit nach Hause nahm. Der machte wirklich mit jedem Mädchen rum. »Warum magst du ihn eigentlich nicht?«

»Er ist nicht nett.«

»Alles klar, das erklärt alles«, erwiderte ich und schüttelte meinen Kopf. »Und was macht er so böses?«

»Er geht nicht nett mit seinen Mitschülern um.«


Nach dem Essen fuhren wir wieder nach Hause.

»Können wir vielleicht einen Boxsack kaufen?«, fragte ich im Auto.

»Wir haben nicht genug Geld«, behauptete meine Mutter.

»Jaa, ist klar, aber zum Essengehen bleibt genug Geld«, entgegnete ich.

»Essen ist wichtiger, als dass du einen Boxsack hast.«

»Aber ich brauch einen, um zu trainieren!«

»Du joggst doch schon, das reicht als Training«, behauptete Evelyn.

»Joggen hat doch gar nichts mit einem Boxsack zu tun!«

Plötzlich klingelte mein Handy. Es war Veronica.

Ich war nicht besonders erpicht darauf mit ihr zu sprechen, also ließ ich es klingeln.

»Monday, jetzt geh doch mal ran!«, rief meine Mutter. »Dieser Klingelton ist ja kaum auszuhalten.

Widerwillig nahm ich den Anruf entgegen.

»Hey, was ist?«, fragte ich.

»Hey Monday«, hörte ich Veronicas Stimme am anderen Ende des Apparates. »Du, es tut mir leid, aber morgen habe ich auch keine Zeit.«

»Oh. Warum denn?«

»Naja, ich habe ein Date mit Jared.« Deutlich konnte ich die Freude aus ihrer Stimme hören. »Wir haben uns heute getroffen und dann bin ich zu ihm nach Hause. Die anderen Mädchen haben nicht gelogen.«

»Womit haben sie nicht gelogen?«

»Damit, dass er gut im Bett ist.«

Ich seufzte. »Veronica, das solltest du nicht tun. Ich kenne dich zwar noch nicht lange, aber du verdienst einen Besseren als Jared. Der will auch nicht mehr von dir als nur das Eine.« Jedes Mädchen verdiente etwas besseres als einen Typen, der mit jeder ins Bett ging, oder etwa nicht? Sogar Veronica, auch wenn sie sich so blöd verhielt.

»Jetzt ist es sowieso schon zu spät. Und vielleicht verliebt er sich ja in mich.« Genau, der Fuckboy verliebt sich. Träum weiter, Veronica.

»Du solltest dich wirklich nicht mit ihm treffen«, sagte ich. »Sag ihm, du hast keine Zeit.«

»Du bist doch nur eifersüchtig!«, schrie Veronica und legte auf. Ich hatte doch nur versucht ihr zu helfen. Er würde ihr das Herz brechen.

Adam schaute mich an. »Deswegen bist du auf einmal nicht gut auf Jared zu sprechen«, sagte er.

»Warum?«

»Weil du gesehen hast, dass er dich nicht will. Er kann jedes Mädchen haben.«

»Ich bin mir nicht so sicher, ob er das wirklich kann. Mich jedenfalls kann er nicht haben«, entgegnete ich.


»Was ist da eigentlich zwischen euch los, zwischen dir und deiner Mutter?«, fragte Adam, als wir in seinem Zimmer lagen. »Ihr benehmt euch fast wie Fremde.«

»Sie war nie für mich da. Nur mein Vater. Aber alle Menschen, die ich in meinem Leben je geliebt habe, sind gestorben –«

»Dein Vater ist gestorben?«, fragte er.

Ich schaute ihn an. »Das wusstest du nicht?«

»Nein, ich weiß über dich nur, was du mir erzählt hast.«

»Adam, ich habe so Angst«, meinte ich.

»Angst? Wovor?«

Ich zitterte. Warum war es auf einmal so kalt in unserem Zimmer? Frierend rollte ich mich zu einer Kugel und versuchte die Enden der Decke unter mich zu schieben, sodass keine kalte Luft mehr unter die Decke kriechen konnte. »Angst vor allem. Angst, jemanden zu lieben.«

Ich schaute hoch zu Adam, welcher vom Bett aus zu mir runterschaute.

»Ich will niemanden verlieren«, flüsterte ich. »Es ist so, als würden alle Personen sterben, wenn ich sie liebe. Manchmal denke ich, es ist meine Schuld, dass sie tot sind.« Es war meine Schuld. Zumindest der Tod von Aleksej. Ich war zu spät gekommen, hatte mir zu viel Zeit gelassen. Warum hätte ich nicht schneller rennen können?

»Es ist nicht deine Schuld«, sagte Adam.

Ich nickte. Aber im selben Augenblick glaubte ich ihm nicht. Er log.

Es war meine Schuld.

Jedoch würde ich Aleksej rächen. Ich würde die Dämonen besser kennenlernen, um sie zu zerstören.

Monday - Dämonen der VergangenheitWhere stories live. Discover now