44 ~ Goldenes Feuer

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Schwungvoll ging die Tür auf und gab den Blick auf Jack frei. »So, ich bin fertig mit dem Aufräumen in der Küche«, sagte er. »Wir haben noch ein paar Stunden Zeit, bevor ich kochen muss. Was habt ihr schon herausgefunden?«

»Nichts«, erwiderte ich und ließ meinen Blick zu Jared schweifen, »außer dass meine Fähigkeit sich nicht durch Wut auslösen lässt.«

»Na, immerhin«, meinte Jack und musterte mein Gesicht. »Übrigens, die roten Augen stehen dir.«

Rote Augen? Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich wieder zu meinen Dämonenaugen gewechselt war. »Ich hatte doch eben noch meine normale Augenfarbe«, murmelte ich.

»Deine Dämonenaugenfarbe kommt zum Vorschein, wenn du wütend bist oder wenn du die Kontrolle verlierst«, erklärte Jared. Das erklärte einiges, unter anderem, warum ich in der Vergangenheit das Gefühl gehabt hatte, dass Jareds Augen schwarz gewesen waren.

»Ich verstehe«, erwiderte ich. »Und wie decken wir jetzt meine Begabung auf?«

»Ausprobieren, würde ich vorschlagen«, meinte Jack und ging auf mich zu. »Fass mich an«, sagte er und hielt mir seine Hand hin.

Zögernd und unsicher, worauf er hinauswollte, ergriff ich sie. Loderndes Feuer ergriff meinen Körper, aber im Gegensatz zu der Kälte von Jack war die Hitze nicht aufdringlich, sondern angenehm. Langsam kroch sie meinen Arm hinauf, als wäre sie ein wenig schüchtern und wollte mich nicht verschrecken. Es war angenehm, so angenehm, dass ich gar nicht wollte, dass es aufhörte.

»Spürst du etwas?«, fragte Jack und schaute mir in die Augen.

»Abgesehen von deinem Feuer?«, fragte ich und merkte, wie Jacks Wangen rot wurden. Er sah so immer süß aus, wenn seine Wangen sich verfärbten. Dabei wirkte er so unschuldig, so perfekt, dass ich kaum meinem Blick von ihm reißen konnte. Wie wäre es wohl, wenn Jared nicht hier wäre und ich mich Jack ganz hingeben könnte? Unser erster Kuss war so schön gewesen, aber das hatte mir noch lange nicht ausgereicht. Jetzt, wo ich wusste, wie Jack küsste, wollte ich bloß noch mehr. Und als ich in Jacks Augen schaute meinte ich zu wissen, dass auch er mehr von mir wollte.

»Monday?«, fragte Jared und zerstörte somit den magischen Moment zwischen Jack und mir. »Spürst du sonst noch etwas?«

Ich schüttelte energisch aus dem Kopf und versuchte damit gleichzeitig die Gedanken an den Kuss zu vertreiben, denn ich hatte jetzt wichtigeres, auf das ich mich konzentrieren musste. »Nein, gar nichts.«

«So wird das doch nie etwas«, schimpfte Jared kopfschüttelnd.

Gerade wollte ich erwidern, dass seine Methoden zur Findung meiner Fähigkeit auch nicht besser gewesen waren, doch dann fiel mir ein, dass ich ihm versprochen hatte, über eine zweite Chance mit ihm nachzudenken. Also ließ ich es bleiben und fragte stattdessen: »Was schlägst du denn vor?«

»Wir gehen alle Begabungen durch, die es gibt und ich helfe dir dabei, indem ich deine Emotionen wahrnehme, denn zwei Menschen sehen mehr als einer«, erklärte er und nahm meine freie Hand. Wie ein Schneesturm breiteten sich Schneeflocken in mir aus und flogen in Windeseile meinen Arm hinauf, bis sie sich in der Mitte meines Körpers mit Jacks Feuer trafen. Ich fühlte mich auf einmal hellwach.

So stand ich nun zwischen den beiden Jungs, in der einen Hand Jacks, in der anderen Jareds Hand. Es war mir unangenehm, dass Jared meine Gefühle wahrnehmen konnte, als würde er mir einen Teil meiner Privatsphäre klauen. Die Gewissheit, dass er auch mein Unwohlsein spüren konnte machte das Ganze nicht besser. Noch dazu kamen die Hitze und die Kälte, welche sich in meinem anfühlten, als würden sie miteinander tanzen.

»Konzentriere dich auf mich«, befahl Jared. »Siehst du meinen Geist? Spürst du meine Gedanken?«

Ich schaute ihm ins Gesicht, tief in die saphirblauen Augen, doch nichts geschah. »Ich glaube kaum, dass ich deine Fähigkeit habe«, erwiderte ich. »Außerdem habe ich keine Ahnung wie man einen Geist sehen kann.«

»Es gibt noch andere Fähigkeiten, welche mit dem Geist anderer Menschen zu tun haben«, erklärte Jared geduldig. »Aber ich merke schon, du kannst meinen Geist nicht wahrnehmen.« Er legte meine Hand auf sein Herz. »Spürst du meine Seele?«

Ich schloss meine Augen und versuchte mit meiner Hand seine Seele zu ertasten. Erst nahm ich nichts wahr außer Dunkelheit, doch dann spürte ich es, nur ganz zart. Ein kleiner, verschwommener goldener Fleck in Höhe von Jareds Herzen. Ich konzentrierte mich auf den Fleck, welcher nun immer größer wurde. Wie ein goldenes Feuer waberte es in Jared herum und ich konnte es wahrnehmen mit einem Sinn, denn ich zuvor noch nicht kannte. Entzückt öffnete ich meine Augen und betrachtete die Seele vor mir. Sie war wunderschön. Was wollte Jared, was ich mit ihr mache? Könnte ich sie vielleicht mal probieren? Alle anderen Dämonen konnten Seelen aussaugen, also vielleicht ja auch ich als Halbdämon. Zögernd zog ich mit meinen inneren Kräften an dem goldenen Feuer. Sofort merkte ich, wie die Seele meinen Arm hinaufkroch und es sich an meinem Herzen gemütlich machte. Erst jetzt, mit einem Blick an mir herunter, nahm ich wahr, dass auch ich eine goldene Seele hatte.

»Monday!«, unterbrach Jared mich und riss ruckartig meine Hand herunter. »Ich habe nur gefragt, ob du meine Seele sehen kannst, nicht, ob du sie mir klauen willst.«

»Tut mir leid«, murmelte ich. »Sie war so verlockend.«

»Mach das nicht noch einmal«, meinte Jared mit grimmiger Mine und legte erneut meine Hand auf sein Herz. »Jetzt versuch einmal, mir die geklaute Seele zurückzugeben.«

»Ich denke nicht, dass sie meine Begabung hat«, mischte Jack sich ein. »Aber gut, probiers doch. Deine Versuche funktionieren ja wunderbar«, fügte er in sarkastischem Tonfall hinzu.

»Versuch mal«, forderte Jared mich auf, ohne auf Jacks Bemerkung einzugehen.
Ich schaute auf meine eigene Seele hinunter und versuchte einen Teil abzureißen und zu Jared zu schicken. Es hatte keinen Zweck, meine Seele waberte zwar munter umher, aber sie bewegte sich nicht so, wie ich es wollte.

»Klappt nicht«, meinte ich.

»Siehst du irgendetwas klarer? Hast du ein besseres Gehör als vor deiner Bestimmung?«, fragte Jared. »Manche Dämonen haben die simple Begabung, dass einer ihrer Sinne stärker ausgeprägt ist als normal.«

Neugierig schaute ich mich in dem Gästezimer um, jedoch bemerkte ich keinen Unterschied.

Bedauernd schüttelte ich meinen Kopf.

Wie lange würde es bitte auf diese Art dauern, bis ich meine Fähigkeit herausfinden würde? Das konnte doch nicht so schwer sein.

Monday - Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt