15 ~ Probleme

1K 79 20
                                    

Mein Dienstagmorgen fing mit einer Doppelstunde Deutsch an. Wenigstens konnte ich die neben Lina verbringen. Eine bessere Sitznachbarin hätte ich mir gar nicht vorstellen können.

Den ganzen Unterricht über hörte ich nur mit halbem Ohr zu. Das andere Ohr war damit beschäftigt, Lina zuzuhören.

Irgendwann bekam ich mit, dass die Lehrerin meinte, wir müssten als Hausaufgabe in Zweiergruppen eine Präsentation vorbereiten. Na toll. Musste ich mir auch noch Extraarbeit für die Schule machen. Schon in zwei Wochen sollte die fertig sein.

»Machen wir zu zweit?«, fragte Lina.

»Natürlich, gerne.«

Unsere Aufgabe war, vier Kapitel aus einem Buch, das wir eigentlich schon gelesen haben sollten, zusammenzufassen und zu analysieren. Problem dabei war, dass ich mir das Buch noch gar nicht gekauft hatte. Sollte ich vielleicht mal machen.

»Wir können uns ja wieder am Wochenende treffen«, schlug Lina vor.

Ich stimmte zu und konnte mein Lächeln nicht unterdrücken. Das würde heißen, dass ich Jack wiedersehen würde!


In der Mittagspause setzte ich mich in den Oberstufenraum, mal wieder allein. Vielleicht würde Jack ja noch kommen und sich zu mir gesellen.

Als die Tür aufging und ich hoffnungsvoll aufschaute, war es jedoch nur seine Schwester, die hereinkam.

»Monday!«, rief sie. »Ich habe dich gesucht.«

»Warum?«, fragte ich.

»Willst du mit mir mit zum Supermarkt kommen?«, fragte sie. »Ich hab keinen Bock, alleine zu gehen.«

»Ja klar«, meinte ich und folgte Lina nach draußen.

Wir kamen jedoch nicht weit. Denn vor der Schule stand Jared und presste jemanden gegen eine Mauer.

Als ich näher kam, erkannte ich voller Schrecken, wen er da bedrohte. Bei seinem Opfer handelte es sich um niemand Geringeren als meinen Stiefbruder.

Jared setzte gerade an, um ihn zu schlagen.

Voller Entsetzten rannte ich auf die beiden zu. »Jared, lass das!«, schrie ich.

Dieser drehte sich nur kurz zu mir um. Seine saphirblauen Augen streiften mich flüchtig, so als würde er mich gar nicht erkennen.

»Halt dich da raus«, meinte er und wandte sich wieder Adam zu.

Wütend versuchte ich ihn von meinem Stiefbruder zu ziehen, doch er wehrte sich und schlug nach meinem Gesicht. Schnell wich ich aus. Hinter mir konnte ich Lina irgendetwas schreien hören.

Jared wandte sich von Adam weg zu mir.

»Habe ich nicht gesagt, du sollst dich nicht einmischen?«, knurrte er und holte erneut zu einem Schlag aus. Immerhin griff er jetzt nicht mehr Adam an.

Ich duckte mich und versuchte Jared zum Fall zu bringen, doch er hielt stand. Warum war er stärker als ich?

Kraftvoll drängte Jared mich gegen die Wand. Seine rechte Hand presste er gegen meine Brust, während er mich mit seiner Linken wieder schlagen wollte. Dort, wo er mich berührte, wurde mir schlagartig eiskalt.

Als ich die Kälte spürte, hielt er plötzlich inne. Warum bewegte er sich nicht mehr? Hatte er es auch gespürt? Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken.

Ich nutzte die Chance und befreite mich aus seinem Griff, indem ich ihn mit mir zu Boden riss. Ohne sich zu wehren blieb er dort liegen.

»Jared, was sollte das?«, fragte ich zornig.

»Monday, hab ich dir wehgetan?«, fragte Jared so leise, dass nur ich ihn hören konnte. Sein Gesichtsausdruck war genauso ernst wie immer, seine Augen so schwarz wie sie gestern ausgesehen hatten. Nur seine Stimme ließ erahnen, dass er besorgt war. Warum? Warum versuchte er in einem Moment, mich und Adam zu verprügeln, um im nächsten Moment zu fragen, ob er mir wehgetan hatte?

Misstrauisch hielt ich ihn am Boden fest.

»Du hast Adam wehgetan«, warf ich ihm vor. »Was sollte das?«

»Sorry«, meinte der. Ernsthaft? Nur ein Sorry und nicht einmal eine Erklärung?! Dieser Kerl machte mich so wütend!

»Du bist so ein Idiot«, schimpfte ich. »Wie kannst du mit anderen Menschen so umgehen, ohne dich überhaupt schuldig zu fühlen?«

»Ich hab doch gesagt, dass es mir leid tut.«

Zornentbrannt gab ich ihm eine Backpfeife, stand auf und ging zu Adam. Erst im Nachhinein fiel mir ein, dass er eigentlich eine weitaus schlimmere Bestrafung verdient hätte. Dafür, dass er Adam verletzen wollte.


Als wir Chor hatten, ging Jared auf uns, Veronica, Lina und mich, zu.

Veronica hatten wir selbstverständlich nichts von Jareds Wutausbruch erzählt. Die hätte das dann Kim erzählt oder es selbst der ganzen Schule erzählt.

»Halt dich von uns fern«, zickte Lina ihn an.

Auch ich starrte nur feindselig in seine Richtung.

»Es tut mir wirklich leid«, sagte Jared.

»Dir kann ich nicht verzeihen«, behauptete Veronica.

Jared guckte sie nur verwirrt an. »Wovon redest du?«, fragte er.

»Du entschuldigst dich dafür, dass du Schluss gemacht hast«, meinte Veronica. »Aber zwischen uns läuft nichts mehr, selbst wenn du mich jetzt zurück haben willst.«

Sie dachte nicht wirklich, dass er sich dafür entschuldigte?

»Genau, das Verhalten einer männlichen Schlampe ist nicht zu verzeihen«, warf ich ein.

Die umstehenden Schüler sollten bloß nicht denken, dass zwischen Jared, Adam und mir irgendetwas vorgefallen war.

Jared lachte kurz auf, dann drehte er sich um und ging zurück zu Jack.

»Da denkt er ernsthaft, er hätte noch eine Chance bei mir«, murrte Veronica.

Wenn sie nur wüsste.

Monday - Dämonen der VergangenheitWhere stories live. Discover now