51 ~ Dämonen sind Handlager des Teufels

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»Was war denn das vorhin mit Veronica?«, fragte ich Adam, als wir auf dem Heimweg vor einer roten Ampel warteten.

Mein Stiefbruder lief knallrot an. Erst als seine Gesichtsfarbe wieder halbwegs normal aussah, sprach er weiter. »Was soll das schon gewesen sein?«, fragte er und zuckte überdeutlich mit den Achseln, als wollte er mir weis machen, dies wäre nichts besonderes. »Ich mag sie. Sie mag mich. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.«

Ich schaute ihn stirnrunzelnd an. »Nun mach mir doch nichts vor, Adam. Als ich sie damals in unser Zimmer eingeladen habe, bist du doch vollkommen ausgerastet. Du versuchst doch gerade nicht ernsthaft, mir vorzumachen, dass du sie magst.«

Mir entging nicht, dass Adam ungeduldig zur Ampel schaute. »Warum braucht diese Ampel immer gefühlte fünf Minuten, bis sie grün wird?«, murrte er genervt.

»So leicht kannst du nicht vom Thema ablenkten!«, machte ich ihm klar.

In diesem Moment schaltete die Ampel auf grün, doch bevor Adam mir entkommen konnte, versperrte ich ihm mit meinem Fahrrad den Weg.

»Monday, was soll denn das?«, fragte Adam.

»Veronica ist nicht gut für dich«, erwiderte ich. »Hast du etwa schon vergessen, dass sie mit Jared geschlafen hat?«

»Das liegt doch weit in der Vergangenheit«, meinte Adam und betonte dabei weit, indem er das Wort in die Länge zog. »Außerdem kann ich mich noch gut daran erinnern, wie ich dich vor Jared gewarnt habe, aber hast du auf mich gehört? Nein. Was auch immer zwischen Veronica und mir läuft, es geht dich nichts an. Also mach gefälligst Platz!«

Adam versuchte mit seinem Fahrrad rechts an mir vorbeizufahren, doch ich ließ ihn nicht passieren. Mit einem Blick auf die Ampel stellte ich zufrieden fest, dass die Ampel erneut rot war.

»Ich hätte damals auf dich hören sollen«, sagte ich. »Jared hatte etwas mit jedem Mädchen aus der Schule und bloß weil ich mit ihm etwas hatte, was nicht einmal echt war, habe ich mir alle Hoffnungen auf eine Beziehung mit Jack zerstört.«

»Stopp mal kurz. Du stehst auf Jack?«, fragte Adam verblüfft.

»Davon weißt du doch«, meinte ich. »Schließlich hast du von unserem Date mitbekommen.«

»Aber er... er ist doch ein Dämon«, stammelte Adam. »Und du ein Dämonenjäger. Er ist doch nicht einmal menschlich, wie kannst du da auf ihn stehen? Als du ein Date mit ihm hattest, dachte ich, dass du ihn ausspionierst oder sonst etwas, aber doch nicht, dass du wirklich Gefühle für ihn hast.«

»Es gibt da etwas, was ich dir nicht über Dämonen erzählt habe. Aber lass uns das lieber Zuhause besprechen, nicht, dass uns hier jemand überhört.«


»Dämonen sind nicht alle böse«, erklärte ich Adam, als wir gemeinsam in seinem Zimmer saßen. Ich hatte mich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch gesetzt, während Adam es sich auf seinem Bett bequem gemacht hatte. »Solche Dämonen wie Lina und Jack sind sehr liebevoll und im Grunde harmlos. Sie töten keine Menschen«

»Lina ist ein Dämon?«, fragte Adam entsetzt. Der Schock stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Bist du sicher? Sie ist doch so ordinär.«

»Hey, Lina ist alles andere als ordi–«, fing ich an, doch Adam wagte es doch glatt, mich zu unterbrechen.

»Sie ist langweilig. Die ganze Zeit starrt sie mich an und immer ist sie nett zu allen. Ich mag – «

»Wag es nicht, schlechte Worte über meine beste Freundin zu verlieren!«, meinte ich und starrte Adam so böse an, dass er tatsächlich schwieg. »Was viel wichtiger ist: Merk dir, dass nicht alle Dämonen böse sind. Also renne nicht einfach herum und bringe wahllos Lebewesen mit roten Augen um.«

»Als ob ich schon so weit in meinem Training bin«, murmelte Adam. »Du bringst mir ja überhaupt nichts bei. Und wozu gibt es überhaupt Dämonenjäger, wenn Dämonen gar nicht böse sind?«

»Na ja, es gibt ja immer noch die Dämonen, welche ihre Gaben ausnutzen und Menschen ihre Lebensenergie aussaugen, um selbst stärker zu werden. Wenn diese Menschen bei dem Prozess sterben, empfinde ich das durchaus als ein großes Problem. Wir Dämonenjäger müssen diese machtgierigen Dämonen vernichten. Aber diese Dämonen von den harmlosen zu unterscheiden, ist schwierig. Bis vor kurzem dachte ich selbst, dass alle Dämonen gleich sind.«

»Das Wort Dämonen sagt doch schon, dass sie Handlager des Teufels sind. Die können doch gar nicht gut sein.«

»Ach, komm, kannst du dir bei Lina vorstellen, dass sie böse ist?«, entgegnete ich.

»Vielleicht hast du dich getäuscht. Sie hat doch eine normale Augenfarbe.« Langsam begann Adams Unglauben mich zu stören.

»Hörst du mir denn nie zu, wenn ich dich trainiere? Dämonen der ersten Stufe können ihre dämonische Augenfarbe verstecken!«

»Ich denke nicht, dass sie ein Dämon ist. Und wenn doch, dann verstellt sie sich womöglich und tut bloß so nett, aber unter dieser Maske ist sie abgrundtief böse, so wie alle Dämonen.«

Es schockierte mich, dass Adam sich in solch einer kurzen Zeit eine schlechte Meinung von Dämonen gebildet hatte. Er hatte doch gar keine Ahnung von denen. Oder doch? Seiner Reaktion zu urteilen wusste er mehr, als er vorgegeben hatte. Jedenfalls war ich froh, ihm nicht von meiner Identität als Halb-Dämonin erzählt so haben, wenn er schon bei Lina so feindlich reagierte.

»Ich habe dir vor einer Woche erzählt, dass es Dämonen gibt und schon jetzt meinst du dir eine eigene Meinung darüber bilden zu können?«, meinte ich, ohne meinen Verdacht ihm gegenüber zu erwähnen. Ich würde schon dahinterkommen. »Du hast keine Ahnung von Dämonen und erst recht nicht das Recht, so über Lina zu urteilen.« Mit diesen Worten verließ ich das Zimmer und schlug bewusst laut die Tür hinter mir zu. Ich war wütend auf Adam. Was bildete er sich eigentlich ein, so zu reden? Warum bloß hatte ich das Pech, ausgerechnet ihn als Stiefbruder zu haben?

Monday - Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt