29. Hektor

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„Alle Gäste des Balls sind abgereist, Sir." Klickerte der Hauptmann der Wache und verbeugte sich immer wieder ängstlich vor mir. Knapp nickte ich und gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass er verschwinden sollte. Sofort kam er meinem Befehl nach. Schlau von ihm. Ich hatte heute nicht gerade die beste Laune.

Genervt von den ganzen Ereignissen dieses Tages fuhr ich mir durch die blonden Haare. Warum musste ich immer die Drecksarbeit für Corvin machen und hinter ihm aufräumen? Das kotzte sowas von an!

Langsam verließ ich die Eingangshalle und ging rüber zum Salon. Zwei Wachen standen vor der Tür, die sofort den Blick senkten, sobald ich auch nur in ihre Nähe kam. Sie waren Schwach und konnten mir einfach nicht das Wasser reichen. Warum sollten sie es also nur versuchen?

Ich betrat den edel eingerichteten Raum und schaute mich kurz um. Alles war, wie ich es verlassen hatte. Zwei weiter dämonische Wächter standen schweigend vor den Fenstern und einer am Kamin. Alle beobachteten sie genau, was die schwarzhaarige Dämonin in ihrer Mitte so trieb. Momentan starrte diese allerdings nur mürrisch vor sich hin. Ihr Tag war beziehungsweise würde vermutlich noch schlechter werden als der meinige. Dieser kleine Lichtblick hob meine Laune etwas.

Seufzend ließ ich mich auf die Couch gegenüber von Vanessa fallen und lehnte den Kopf nach hinten. Im Geiste ging ich meine Auftragsliste durch und setzte Häkchen dort, was schon erledigt wurde. Erfreut stellte ich fest, dass alles Wichtige bereits getan war. Nur ein paar Kleinigkeiten waren noch zu tun, aber die hatten Zeit bis morgen. Heute Nacht würde ich mich, um mich selbst und meine Pläne kümmern.

Die kleine Hexe wurde immer gefährlicher für Corvin und ich konnte nicht weiter zulassen, dass sie so auf ihn einwirkte. Leider waren meine Hoffnung nicht eingetreten, dass Corvins Besuch beim Boss ihn zu verstand bringen würden. Nein, es war sogar noch schlimmer als vorher geworden! Der Besuch hatte ihn noch mehr Flausen in den Kopf gesetzt. Jetzt war er komplett versessen von dieser Hexe. Am liebsten hätte ich ihm eine vor die Rübe gegeben, in der Hoffnung, dass er dann wieder klar denken würde. Leider brachte diese Möglichkeit zu viel Stress mit sich und ich hatte gerade auch kein Bock drauf, mich mit einem Höllenfürsten anzulegen.

„Corvin ist nicht gerade gut drauf." Durchschnitt eine hohe, melodische Stimme meine Grübeleien.

Langsam öffnete ich meine Augen, die mir irgendwann in den letzten Minuten zugefallen waren, und hob meinen Kopf von der Lehne. Olivgrüne Augen starrten mich an und forderten mich zu einem Duell heraus. Etwas genervt nahm ich die Herausforderung an. Vanessa war ein starker Dämon ebenso wie ich. Doch zeigte sich nach einer Minute, dass ich stärker war. Sie senkte missmutig den Blick und akzeptierte so meinen Sieg.

Meine Stimme triefte nur so vor Ironie, als ich mich endlich dazu herablies etwas auf ihre Aussage zu erwidern. „Er ist ein Höllenfürst. Was denkst du denn, wie er drauf sein sollte? Soll er dir ein Straus rosa Blümchen bringen?"

Kokett zwirbelte sie eine Strähne ihres Haares zwischen den Fingern und schenkte mir ein kleines Lächeln. „Ich glaube, du bist eher der Typ für Blumen."

„Ich?!" Ich schnaubte spöttisch. Sie hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Ihr Lächeln wurde schmeichelnder und sie schlug verführerisch die Augen nieder. „Ja, du. Du bist viel attraktiver als der dunkle Höllenfürst."

Ausdruckslos schaute ich sie an, während ich mich zurücklehnte und die Beine übereinanderschlug. Ganz genau beobachtete ich jede ihrer Bewegungen. Nach wenigen Sekunden begann sie sich unwohl unter meinem Blick zu rekeln. Ich ließ sie noch etwas zappeln.

„Was willst du? Warum machst du dir solche Mühe, mir Honigs ums Maul zu schmieren?" fragte ich schließlich.

Ein verbitterter Ausdruck huschte über ihr Gesicht, wurde jedoch sofort von einem beschämten Lächeln ersetzt. Als würde ich auf diese Maske reinfallen.

Leicht auf ihrer Unterlippe kauend sagte sie schließlich: „Ein Deal. Ich möchte einen Deal mit dir."

Gelangweilt musterte ich meine Hände. „Ich höre."

„Bring mich hier heraus und ich schulde dir einen Gefallen."

„Wegen eines einzigen Gefallens soll ich meinen Meister hintergehen?"

„Du kannst uneingeschränkt alles Verlangen, außer noch weitere Gefallen."

„Verlockend. Wirkliche Verlockend..." Das war es wirklich. Nachdenklich neigte ich den Kopf. In ihren Augen blitzte Gier auf, in der Vermutung, dass ich angebissen hätte. Das war Dumm. So was von Dumm. Ein kaltes Lächeln lag auf meine Lippen, als ich weitersprach: „aber nein danke!"

Sofort viel die Maske von ihr ab und sie funkelte mich wütend an. Mein Lächeln wurde breiter und reizte sie noch mehr. Mir war gerade der Sinn nach einem Kampf mit jemanden unterlegenen.

Sie war kurz davor, mir an die Gurgel zu springen. Leider ertönte in dem Moment ein zorniger Ruf durchs ganze Anwesen. Ich hasste Corvin dafür, dass er immer zu den ''perfektesten'' Zeitpunkten auftauchte.

„Wo ist sie? Wo ist diese schwarzhaarige Schlampe?"

Seufzend stand ich auf und ging zum Eingang des Salons, um ihn in Empfang zu nehmen. Ich hatte gerade einen Fuß auf den Marmorboden des Flurs gesetzt und da kam auch schon ein verflucht zorniger Corvin auf mich zu gerauscht. Rasch machte ich ihm Platz, ehe er mich einfach umrennen konnte, und betrat hinter ihm den Raum. Mit verschränkten Armen und ausdruckslosem Gesicht lehnte ich mich an den Türrahmen und schaute amüsiert dem Schauspiel vor mir zu.

Mit wenigen Schritten hatte Corvin den Raum durchquert und packte Vanessa an der Kehle. Sie faste panisch nach seinen Händen und versuchte verzweifelt seinen Griff zu lockern, was ihr freilich nicht gelang. Erst als sie kurz vor der Bewusstlosigkeit stand, lockerte sich Corvins Griff leicht, nur um im nächsten Moment wieder fester zu werden, damit er Vanessa besser durch den Raum schmeißen zu können. Die dunkelhaarige Dämonin folg einen hohen Bogen durch den Raum und landete nur wenige Meter neben mir krachend an der Wand. Ich zuckte noch nicht mal mit einer Wimper, als ich das knacken von Knochen und das protestierende knirschen von Steinen hörte. Stöhnend rutschte Vanessa an der wand hinab und hinterließ dabei einen schwarzen streifen Dämonenblut auf der eingedellten smaragdgrünen Tapete. Autsch, dass sah irgendwie schmerzhaft aus. Was sie getan, dass Corvin nur so wütend war?

Diesen Zorn wollte ich niemals in meiner ganzen Existenz auf mich gerichtete sehen. Trotzdem würde es ein Vergnügen sein, dem Höllenfürst dabei zuzuschauen, wie er die Dämonin auseinandernahm. Innerlich rieb ich meine Hände aneinander. Die Vorführung konnte beginnen!

Dämon - Höllisch VerhextWhere stories live. Discover now