6. Corvin

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„Hat noch jemand ein Problem mit mir oder meinem Führungsstil? Jetzt hätte er die Chance, was zu sagen." Kalt schaute ich jedem einzelnen der übrigen Wachen in die Augen. Alle senkten sie ängstlich ihren Blick und schüttelten stumm den Kopf.

„Ich höre nichts!"

„Nein, Meister." Erklang die gemeinsame Antwort.

„Ach ja, bevor ich es vergesse: Ab heute wohnt eine Hexe hier im Haus. Ich möchte, dass ihr euch von ihr fernhaltet. Sie gehört mir! Und jeder, der sich ihr unbefugt nährt oder es auch nur wagt daran zu denken, sich von ihr zu nähren, verbringt die nächsten Jahre im Fegefeuer. Genau das gleiche gilt für ihren Hund. Kapiert?"

Erneut erklang der gemurmelte Antwortchor. Zufrieden wedelte ich mit einer blutbeschmierten Hand. „Dann Abmarsch an die Arbeit!" Schnell wie der Blitz war der Raum leer - Naja, fast leer. Mit einem angewiderten Laut warf ich den leblosen Körper, den ich in meiner rechten Hand hielt, zu den Zweien, die schon vor meinen Füßen lagen.

Zwei meiner Wachen hatten es gewagt meine Autorität in Frage zu stellen und die anderen Wachen gegen mich aufzuwiegeln. Bei einem hatten sie es geschafft. Nur doof für sie, dass ich so etwas nicht einfach hinnahm. Den Preis dafür hatten sie mit einer Fahrt zurück in die Hölle bezahlt.

Schweigend sah ich zu, wie die Körper langsam anfingen zu rauchen und die ersten Höllenflammen sie zu verzehren begannen. Es würde ein paar Jahre dauern bis sie wieder auf die Erdoberfläche zurückkehren würden. Im Gegensatz zu den Menschen, Hexen, Gestaltenwandlern und so weiter, konnten wir Dämonen nicht sterben. Man konnte unseren Körper zerstören, aber unser ''Ich'', unsere Präsenz, landete im Fegefeuer, wo wir solange schmoren mussten, bis der Boss gute Laune hatte und uns rauslassen würde. Erst dann bekamen wir wieder einen Körper und konnten die Hölle verlassen um auf der Erde zu wohnen.

Als ich mich umdrehte und den kleinen Raum am hinteren Ende des rechten Teils vom Haus verließ, war von den geschundenen und ehemals geflügelten Körpern noch nicht mal ein Aschehaufen übriggeblieben. Die Höllenflammen waren beim Aufräumen von ''toten'' Dämonen immer sehr gründlich. Nur die Blutspritzer, welche den Raum an den Wänden, der Decke und dem Boden verzierten, kündeten noch von meiner Bestrafung. Auch meine Kleidung sowie die Arme und Hände waren von dem schwarzen Dämonenblut befleckt. Schnellen Schrittes machte ich mich zu meinen privaten Räumen im Turm auf. Ich musste unbedingt duschen, sonst würde die kleine Hexe noch einen Schock fürs Leben bekommen, wenn ich so Blut besudelt bei ihr auftauchen würde - auch wenn es ihr vielleicht guttun würde.

„Larr!" ich hob nicht meine Stimme, als ich den Befehl aussprach, doch wenige Sekunden später tauchte der blaue Dämon vor mir auf und verbeugte sich tief - seine Nase berührte fast den kalten Marmorboden des Ganges.

„Ihr habt gerufen Meister."

„Beseitige das Blut der Dämonen im Raum und lass all ihre Sachen verschwinden. Find ich irgendwas und sei es nur ein winziger Blutfleck an der Decke, ist die Kacke für dich am Dampfen. Hast du mich verstanden?"

„Sehr wohl, Meister!"

„Gut, dann verschwinde." Nach einer weiteren Verbeugung war er weg und ich setzte meinen Weg fort.

Alle Lichter waren aus, nur der Kamin beleuchtete den kleinen Raum sowie die Couch und die Sessel. Im warmen schein des Feuers schlief die kleine Hexe auf dem Sofa, mit einer Decke zugedeckt, ein Arm unter dem Kopf, den anderen um den Köter geschlungen. Auf dem kleinen Kaffeetisch neben der Couch standen ein benutzter Teller sowie Tasse und eine Kanne mit kaltem Tee. Gegessen hatte sie scheinbar - gut.

Auf leisen Sohlen nährte ich mich ihr, darauf bedacht sie nicht zu wecken. Doch dieser dumme Hund versaute alles. Er drehte den Kopf zu mir und knurrte mich warnend an. Der Laut riss Nelly aus dem Schlaf. Erschrocken fuhr sie hoch, dabei blitzte in ihrer rechten Hand etwas Metallisches auf.

Dämon - Höllisch VerhextWhere stories live. Discover now