38 - Das Gerücht 💜

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Hyunjin POV

In der Mittagspause saß ich mit Felix, Minho, Jennie, Jisoo, Jackson und Mark am hintersten Tisch des Speisesaals. Meine Freunde unterhielten sich, doch meine Ohren und Augen wieder überall. So erhoffte ich mir, irgendeinen Hinweis auf Sana's Todesfall zu bekommen. Doch bei dem Gemurmel war es schwierig, praktisch unmöglich, irgendetwas informatives herauszufinden.
"Ist euch schon aufgefallen, dass Chan und Joy seit längerem Zeit miteinander verbringen?", flüsterste Jennie und schielte unauffällig zu den beiden rüber. Ich verdrehte nur die Augen. "Ja, aber das geht schon seit mindestens drei Wochen so. Das nervt einen schon fast." "Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die beiden haben ein Verhältnis miteinander.", gackerte Jisoo. "Nun.", gab Mark von sich. "Dann haben sich ja zwei Vögel gefunden. Blöd und blöder passt ja zusammen."
Wir brachen in so schallendes Gelächter aus, dass einige Schüler zu uns rüber guckten. Um ehrlich zu sein war mir das egal, denn ich hatte seit langem nicht mehr so gute Laune. Und auch Felix hatte wieder ein Lachen im Gesicht.
"Gut. Aber jetzt habe ich mal eine Frage.", warf Jisoo ein und aß von ihrem Thunfischsalat. Wir lauschten aufmerksam. "Wie kommt es eigentlich, dass Chan etwas gegen Homosexualität hat? Ich meine, heutzutage ist es doch das Normalste auf der Welt." Felix und ich tauschten einen Blick. Tatsächlich hatten wir uns diese Frage auch schon gestellt, doch sind nie zu einem Ergebnis gekommen. "Wir wissen es nicht.", gab Felix zurück und stocherte in seinem Essen herum. "Wahrscheinlich, weil er es einfach abstoßend findet oder so. Das haben wir nie hinterfragt, weil wir zu sehr damit beschäftigt waren, das Ganze für uns zu behalten. Nun ja, bis sie das Foto von uns öffentlich gemacht haben." Jackson kratzte den Rest aus seinem Früchtejogurt heraus. "Könnte doch auch sein, dass sein Vater genauso denkt. Sonst wäre es für uns hier an der Schule viel einfacher und wir könnten nicht für einen Kuss an den Pranger gestellt werden."
Da war tatsächlich etwas dran. Doch wieder fehlte uns ein klitzekleines Detail, welches all diese Fragen auflösen könnte. Sana's Todesfall, Chan's Hass gegen Homosexualität und die Dokumentenfälschung. Nur ein kleines Detail. Ein Teil in diesem verwirrenden Puzzle könnte des Rätsels Lösung sein. Doch wie sollten wir daran kommen? Wir konnten unsere Feinde ja schlecht ausspionieren.
Nur lange konnte ich darüber nicht nachdenken, da Felix mir wieder Sorgen bereitete. Er hat noch nicht einen Bissen von seinem Mittagessen zu sich genommen. Mir war bereits aufgefallen, dass er unnormal dünn geworden ist und des öfteren einen Bogen um den Speisesaal machte. Und auch jetzt starrte er einfach auf seinen Teller und rührte die Gabel nicht einmal mit dem kleinen Finger an. Mein Freund ist ein richtiges Sorgenkind geworden. Und mir war bereits aufgefallen, dass er seine Bulimie vor mir zu verstecken versuchte. Doch warum nur? Und wie konnte ich ihm helfen, wenn er nicht mit mir redete? Nicht einmal Olivia und Rachel war es möglich etwas zu tun. Sie erzählten mir auch, dass er sich zu Hause immer öfter in seinem Zimmer verkroch und das Essen verweigerte. Ich hoffte, dass er nicht in die Magersucht rutschte. Felix an eine Essstörung zu verlieren könnte ich niemals verkraften. Wahrscheinlich würde ich mir dann die Schuld dafür geben, dass ich ihm nicht helfen konnte. Wenn das so weitergeht, muss ich ihn wohl oder übel zum Arzt schleifen.
"Felix. Jetzt iss was. Ich will nicht, dass du mir im Unterricht umkippst.", bettelte ich und hielt ihm sein Mittagessen vor die Nase. Doch er wehrte sich strikt dagegen. "Was ist mit dir los?", fragte Mark. Jeder am Tisch sah ihn besorgt an. "Nichts.", murmelte mein Freund. Er war schon seit der Geometriestunde so komisch drauf. Jisoo tastete sich vorsichtig an Felix heran. "Du weißt, dass du immer mit uns reden kannst. Wir sind für dich da." Leider brachte es nichts. Mein Freund sackte immer weiter in sich zusammen. Ich saß neben ihm und wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte. Niemals hätte ich gedacht, dass es so hart für uns beide wird. Und Felix so leiden zu sehen, machte es für mich umso schwieriger, da ich mir jetzt um zwei Sachen gleichzeitig Sorgeb machte.

Nach der Mittagspause hatten wir zwei Freistunden. Wir meldeten uns freiwillig, die Schulbibliothek aufzuräumen, da wir hier unsere Ruhe hatten. Und ich konnte mal in Ruhe über alles bisherige nachdenken.
Mit Minho, Jackson und Mark räumte ich die Fachbücher vom Rollcontainer ins Regal. Felix, Jennie und Jisoo kümmerten sich um die Freizeitlektüren. Es war mal schön in der Schule zu sein und keine Angst vor den Mobbern zu haben. In der Bibliothek waren wir so ziemlich in Sicherheit. Felix und ich machten hier ja manchmal rum, wenn ich ehrlich bin. Freiwillig ging hier eh niemand hin.
"Was glaubt ihr? Ob Chan's Vater in die Sache mit Sana verwickelt ist?", fragte Minho. Ich sah ihn fragend an. "Wie kommst du denn darauf?" "Die Cheerleader erzählen sixh, dass Chan's Dad Sana erpresst haben soll. Mit was kann ich euch nicht sagen, doch er soll bereits eine Anzeige bekommen haben." Ich war total schockiert. "Und wieso hat die Polizei dann nichts getan?" "Weil es keinen handfesten Beweis gab. Angeblich wurden alle Beweise vernichtet." "Wie bitte?", fragten Jackson und ich wie aus einem Mund. Mark schnaupte. "Also wenn ihr mich fragt, hätte man Chan's Dad schon längst kündigen müssen. Urkundenfälschung und Erpressung. Will gar nicht wissen, was noch alles auf ihn zu kommen kann." Wir seufzten im Chor und ließen die Köpfe hängen. So werden wir dieses Rätsel niemals lösen. Es war, als wollte ich mich mit einem Löffel durch einen Felsen graben. Insbesondere dieses Gerücht trieb mich in den Wahnsinn. Warum sollte ein erwachsener Mann eine Minderjährige erpressen? Das ergab für mich keinen Sinn. Es war viel zu absurd, um es ernsthaft zu glauben.
Eine Stunde später waren wir mit dem Aufräumen der Bibliothek fertig. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.
"So. Die Bibliothek ist sauber. Was steht als nächstes auf dem Plan?", trällerte Jennie. "Der Unterricht ist vorbei. Also haben wir jetzt frei. Lust, was trinken zu gehen?", schlug Mark vor. Wir stimmten seinem Vorschlag zu.
Doch da lief Felix auf einmal vor ein Bücherregal und stieß sich den Kopf. "Autsch.", stöhnte er und rieb sich die Stirn. Ich drehte mich zu ihm um. Doch bevor ich ihn umarmen und trösten konnte, fiel etwas vom Regal herunter. Ich fing es auf, bevor es Felix' Kopf traf. Dieser zuckte zusammen.
"Hast du dir weggetan, Babe?" "Nur an der Stirn. Mir geht es gut. Was hast du da gefangen?" Ich sah mir das Buch an. "Keine Ahnung. Sieht nicht so aus, als gehört es in die Bibliothek." Ich begutachtete den Bucheinband genauer und stieß einen erstaunten Pfiff aus. "Guckt euch mal an, was vom Himmel gefallen ist." Es war ein Tagebuch. "Von wem könnte dieses Tagebuch sein?", fragte Jennie. Ich schlug die erste Seite auf. Als ich den Namen las, blieb mir vor Schock die Luft weg. "Was ist? Von wem ist das Buch?", hakte Jackson nach. Ich zeigte ihnen die erste Seite. "Von Sana Minatozaki."

Painful Love ♡ HYUNLIXWhere stories live. Discover now