21 - Diagnose: Bulimie 💜

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Hyunjin POV

Rachel, Olivia und ich machten uns direkt auf den Weg ins Krankenhaus. Felix saß mit mir auf der Rückbank des Autos. Nun ja, er lag mit dem Kopf auf meinem Schoß. Sein Atem war schwer und der Schweiß perlte von seiner Stirn wie Regentropfen. Ich war in Sorge. Eigentlich war ich das ständig, doch dieses Mal war es anders. Es war eine Kombination aus Angst, Sorge und Wut. Angst, weil ich nicht wusste, was mit Felix los war. Sorge, weil ich nicht wollte, dass ihm etwas passierte. Wut, weil ich nicht da war, um ihm zu helfen. Und all das zusammen fühlte sich an wie eine Schlange, die ganz langsam mein Herz verschlang.
Felix' Zustand verschlechterte sich mit jeder Minute. Er schwitzte immer stärker und zitterte. Rachel drehte sich zu uns um. Sie seufzte: "Ihm geht es noch schlechter, als ich anfangs dachte. Der arme Junge. Olivia! Drück auf die Tube!" Das Auto fuhr schneller. Ich musste Felix ganz nah an mich herandrücken, damit er mir nicht vom Schoß rutschte. Ich fing vor Angst an zu weinen. Olivia sah uns durch den Rückspiegel zu. "Hyunjin. Er wird das durchstehen. Felix ist stärker als er es selbst glaubt. Wenn wir erst einmal im Krankenhaus sind, werden wir mehr wissen."
Ihre Worte beruhigte mich wieder etwas. Ich wischte mir die Tränen vom Gesicht und zwang mich dazu, ein Lächeln aufzubringen. Doch dahinter war ich mehr als nur kaputt. Ich hatte Angst, dass ich Felix vielleicht verlieren könnte. Ich wollte das nicht. Nicht, wo wir gerade erst zueinander gefunden haben.

In der Notaufnahme war es nicht wirklich voll. Auch kam uns eine Ärztin gerade entgegen. "Holt mir sofort eine Krankenliege! Kollabierte Person im Eingangsbereich!" Ich war überrascht, dass sie das sofort erkennen konnte.
Zwei Assistenten kamen mit einer Krankenliege auf mit einer Lampe in Felix' Augen. Dann wandte sie sich zu uns. "Was ist genau passiert?" Ich fing an die Ereignisse zu berichten: "Wir sind von der Schule nach Hause gekommen und ich habe uns etwas zu essen gemacht. Ich habe ihn nur kurz alleine gelassen, dann hat seine Schwester Rachel nach mir gerufen. Als ich Felix dann in diesem Zustand gesehen habe, bin ich panisch geworden und schließlich hat er sich übergeben. Wir sind sofort mit ihm hierher gefahren." Die Ärztin überprüfte Felix' Pupillenreflexe mit einer winzigen Lampe. "Pupillen sind akurat. Hat Felix normal gegessen?"
Jetzt waren auch Rachel und Olivia sprachlos. Ich hatte keine Ahnung, wie ich jetzt reagieren sollte oder was ich sagen sollte. Doch Olivia kam mir zu Hilfe: "Nein. Er hat in den letzten vierzehn Tagen immer die Hälfte übrig gelassen. Oft ist er nach dem Essen ... auf Toilette verschwunden." Olivia wurde auf einmal kreideweiß im Gesicht. Auch mir wurde jetzt klar, was Felix hatte.
Die Ärztin sah sich Felix' Rachen mit einer kleinen Lampe an. Mein Herz schlug wie verrückt.
"Ich habe einen Verdacht.", sagte sie schließlich. Ich schluckte den schweren Kloß in meinem Hals herunter. "Und welcher wäre das?" Die Ärztin knipste die Lampe wieder aus. "Es könnte sich um eine Essstörung handeln. Sein Rachen ist leicht verätzt und da ihr mir gerade gesagt habt, dass er nach dem Essen auf der Toilette verschwindet, könnte es sich um Bulimie handeln. Bei Teenagern in seinem Alter nicht ungewöhnlich, doch bei Jungs eher selten."
Ich bekam den blanken Schock zu spüren. Mein Verdacht letzte Woche war also goldrichtig. Felix übergibt sich. Und das mit Absicht. Ich schwankte rückwärts und wäre beinahe hingefallen, hätten Rachel und Olivia mich nicht aufgefangen. "Setz dich hin, bevor du dir wehtust.", sagte Olivia und platzierte mich auf einem Stuhl in der Ecke des Behandlungszimmers. Ich konnte mich immer noch nicht rühren. Der Schock saß einfach zu tief. "Muss Felix hier bleiben?", fragte Rachel. Die Ärztin verneinte es. "Er kann nach Hause, doch jemand sollte ihn im Auge behalten. Felix darf sich auf gar keinen Fall übergeben. Wenn wieder etwas ist, rufen Sie mich an." Die Ärztin überreichte mir eine Visitenkarte. Ich las sie mir kurz durch, lächelte und sagte: "Dankeschön." "Sie können jederzeit anrufen. Jetzt muss ich wieder los. Es ist gerade ein Notfall reingekommen. Alles Gute."
Die Ärztin verließ das Zimmer. "Es tut mir leid, Hyunjin.", murmelte Felix und sah mich mit Tränen in den Augen an. Ich drehte mich zu ihm und griff nach seiner Hand. "Dir muss nichts leid tun. Ich bin dir deswegen nicht böse. Ich ... wünschte mir nur, ich hätte es früher bemerkt. Dann hätte ich dir helfen können." "Du hättest mir nicht helfen können. Keiner kann das." Diese Worte trafen mich wie einen Pfeil. Es tat richtig weh, das von Felix zu hören.
Ich zog Felix' Gesicht näher zu mir und küsste ihn. Dann sagte ich: "Du bist nicht alleine. Egal, was auch immer geschieht, ich werde dir helfen und dich beschützen. Wir stehen das gemeinsam durch." Felix lächelte. "Ich liebe dich, mein Schatz." "Und ich liebe dich." Wieder versanken wir in einem langsamen Kuss. Ich hätte mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorstellen können, dass unsere Beziehung so weit gehen würde. Niemand durfte von Felix' Störung erfahren. Das würde ihn nur noch mehr zum Mobbing-Opfer machen und er hatte schon genug um die Ohren. Noch mehr Leid würde er nicht ertragen.

Painful Love ♡ HYUNLIXWhere stories live. Discover now