29 - Die Mutprobe 💜

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Felix POV

Es war kurz vor sieben, als ich am vereinbarten Treffpunkt mit Chan eintraf. Dieser war noch nicht eingetroffen, aber ich hatte auch noch fünf Minuten Zeit.
Mein Herz klopfte so heftig, dass ich dachte, es würde mit aus der Brust springen. Ich hatte Angst, dass ich diese Entscheidung bereuen werde und irgendetwas Schlimmes passieren wird.
Seufzend sah ich in den Himmel hinauf. Wie gerne ich jetzt den Hund bei mir hätte. Ich fühlte mich so klein und hilflos. Und die Zeit schien einfach nicht vorbei zu gehen.
Ich sah mich nach Chan und Changbin um. Sie mussten eigentlich schon da sein. Ich kannte die beiden zumindest so gut, dass ich wusste, dass diese beiden noch nie zu spät im Unterricht waren. Trotz ihres krassen Bad Boy-Image. Ich würde sie als Lehrer's Liebling und Arschkriecher bezeichnen. Doch dazu fehlte mir im Moment einfach der Mut. In diesem Moment fühlte ich mich klein und schwach. Am liebsten wollte ich wieder umkehren und nach Hause laufen. Doch ich konnte jetzt keinen Rückzieher machen. Meine Angst vor den Folgen war zu groß.
"Schön, dass du kommen konntest.", begrüßte mich auf einmal jemand. Erschrocken drehte ich mich um. Changbin, Jisung und Chan standen hinter mir und hatten schon wieder dieses widerliche, siegessichere Grinsen in der Visage. "Was ist? Sei doch nicht so erschrocken, uns zu sehen. Du wusstest, dass wir uns hier treffen." Mit viel Willenskraft verkniff ich mir jetzt jeglichen Kommentar. Es wäre sinnlos, einen belanglosen Streit anzufangen.
Jisung zog die Schultern hoch. "Nun gut. Wie auch immer. Wie wir dir ja schon mitgeteilt haben, sollst du heute eine klitzekleine Mutprobe für uns bestehen. Wenn du sie erfolgreich bestehst, wird das Foto gelöscht. Und du kannst uns beim Wort nehmen, dass wir dies auch tun werden." Mein Gewissen sagte mir, dass ich so schnell wie möglich verschwinden sollte. Doch ich konnte es nicht. Meine Angst lähmte mich.
Ich folgte meinen Mobbern bis zu einem alten, abgesperrten Industriegelände. Auf dem Zaun war ein großes 'Betreten Verboten'- Schild angebracht. Jisung, Changbin und Chan kletterten so locker drüber, als gäbe es für sie keine Gesetze. Sie klammerten sich an das Gitter auf der anderen Seite und sprangen wieder zu Boden. Dann sah Jisung mich erwartungsvoll an. "Kommst du oder willst du etwa kneifen? Wir können das Ganze auch auf die harte Tour machen. Die Entscheidung liegt bei dir."
Ich konnte schon an seinem Ton hören, wie egal ich ihm war. Doch mir sollte es recht sein. Ich würde mich selbst auch hassen.

Als ich die Innenausstattung der Fabrik sah, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Überall lagen alte Computer, Kabel, Autobauteile und weitere elektronische Geräte herum. Der Wert dieser Dinge musste unvorstellbar hoch sein.
"Und was genau soll ich jetzt tun?", fragte ich und drehte mich zu den Jungs um. Changbin trat einige Schritte vor. "Siehst du dieses Auto dort oben?" Er zeigte auf einen halb verschrotteten Toyota, der von einem Kran ganz weit oben herunterhing. Das Seil war so brüchig, dass der Wagen jeden Moment auf die Erde krachen könnte. "Ja. Und?" "Wir haben dort oben etwas versteckt. Wenn du es schaffst, dieses Päckchen zu holen, löschen wir das Foto." Meine Arlarmglocken läuteten so laut, dass ich fast schon dachte, sie wirklich hören zu können. Doch, wenn sie das Foto nicht löschten, bin ich ganz umsonst dort raufgeklettert. Und das wollte ich nicht so wirklich.
"Gut. Ich mache es." Jisung grinste. "Sehr schön. Dort führt eine Leite hinauf zu den Metallstreben an der Decke. Klettere dort hinauf und hol das Paket aus dem Wagen. Dann geh den gleichen Weg wieder zurück. Ich denke nicht, dass dies ein Problem für dich dastellt, oder Felix?"
Damals, als ich an diese High School kam, hatte ich eine riesige Angst vor Changbin, Jisung und Chan. Doch jetzt machten sie mich einfach nur noch wütend. Es gab Augenblicke, wo ich mich für alles, was sie mir und Hyunjin angetan haben, rächen wollte. Doch dazu fehlte mir einfach der Mut. Wenn ich doch nur stärker wäre. Nur ein bisschen.
Ich fasste all meinen Mut zusammen und stieg die Leiter hinauf. Sie war sehr alt, wackelte bei jedem Schritt hin und her. Mein Herz klopfte wie wild. Doch ich machte nicht Halt. Ich lief weiter. Umkehren war jetzt eh nicht mehr möglich und einen Rückzieher zu machen könnte mich alles kosten, was mir lieb war. Und dafür wollte ich nicht alles riskieren. Ich wollte nur, dass dieser Alptraum endlich ein Ende nahm und mit Hyunjin glücklich werden. Schon wieder stand ich den Tränen nahe. Doch ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Ich musste jetzt stark sein. Sonst wird das Leiden nie ein Ende nehmen. Ich hockte mich auf das schmale Brett, welches die Decke der Fabrik zusammenhielt. Und direkt vor mir war das Auto. Mit kleinen Schritten bewegte ich mich langsam darauf zu und sprang mit einem Satz hinein. Die Sitze waren entfernt und die Pedale fehlten ebenfalls. Also wird es nicht schwierig sein, dieses Päckchen zu finden.
Langsam durchsuchte ich den Wagen, bis ich das Päckchen im Handschuhfach fand. Es war schwer, doch ich konnte es auf alle Fälle bis nach unten tragen.
Mit der Beute machte ich mich wieder auf den Rückweg. Das Auto schaukelte gefährlich hin und her. Ich bekam Angst, doch ich durfte es mir nicht anmerken lassen, sonst war ich noch verletzbarer als eh schon.
Nach einer kurzen Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, war ich endlich wieder auf festem Untergrund. Mein Herz klopft immer noch wie wild. Ich drehte mich zu Chan, Changbin und Jisung um und warf ihnen das Paket zu. "Gut gemacht. Du kannst jetzt gehen. Unseren Teil der Abmachung halten wir selbstverständlich ein."
Doch ich misstraute ihnen weiterhin. Sie haben sich noch nie um das Wohl anderer geschert. Sie wollten nur ihre eigene Haut retten.
So schnell ich konnte machte ich mich aus dem Staub. Doch bevor ich verschwand, konnte ich sehen wie in Jisung's Hand etwas aufblitzte. War das etwa eine Kamera?
Doch darum wollte ich mich jetzt nicht kümmern. Ich wollte nur noch nach Hause.

Painful Love ♡ HYUNLIXWhere stories live. Discover now