Kapitel 57

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Alice's Sicht

Unserer beider Stimmung ist bereits den ganzen morgen über bedrückt. Ich bin traurig. Traurig darüber, dass wir heute abreisen müssen und traurig darüber, dass sich in wenigen Stunden unsere Wege vorerst wieder trennen. Sydney geht es ähnlich. Ich sehe ihm an, wie schwer es auch ihm fällt seine Sachen in seinem Koffer zu verstauen und das Hotelzimmer so zu hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben. Während er alles im Wohnbereich einpackt sitze ich im Bad auf dem Toilettendeckel und schaue auf das silberne Armband was um mein Handgelenk glänzt. Es ist schwer gegen die Tränen anzukämpfen die sich ihren Weg aus meinen Augen Bahnen wollen, jedoch schaffe ich es irgendwie.
Für den Flug habe ich mir eine gemütliche schwarzweiß karrierte Stoffhose und ein langärmliges, jedoch aus dünnem Stoff bestehendes weißes Croptop angezogen. Meine Haare sind lediglich in einem lockeren Zopf zusammen gebunden und wenn ich ehrlich bin, fehlt mir für mehr die Energie und Motivation. Es nagt viel zu sehr an mir, dass ich mich wieder für unbestimmte Zeit von meinem Freund trennen muss. Leise seufze ich und greife nach meinem Lockenstab. Während ich das Kabel aufwickel geht die Türe auf und Sydney kommt herein.

Kurz schaut er sich um und als er sieht dass es hier fast noch genauso aussieht wie vor 30 Minuten kommt er auf mich zu und zieht mich an sich. "Mir geht es genauso", flüstert er. Sein Gesicht vergräbt er in meinen Haaren, während seine Hände auf meinem Bauch liegen. Ich lege den Lockenstab ins Waschbecken und drehe mich in seinem Arm, sodass ich ihn anschauen kann. "Wie machen wir das bloß?", frage ich leise. Meine Stimme ist brüchig und wieder bin ich den Tränen nah, doch diesesmal fällt es mir noch schwerer sie wirklich zurück zu halten.
"Ich weiss es nicht. Ich könnte zu dir nach Köln ziehen", antwortet Sydney leise, jedoch schüttle ich sofort meinen Kopf. Diese Option kommt überhaupt nicht in Frage. Sydney hat sein Restaurant und ich will nicht, dass er seine Existenz für mich aufgibt. Das Restaurant läuft unfassbar gut und wer weiss, was passieren würde, wenn er es einfach verlässt. Niemand sagt, dass er in Köln ebenfalls ein so gutes berufliches Leben erreichen kann wie er es bereits in Berlin hat. "Nein auf keinen Fall. Wenn, dann ziehe ich zu dir nach Berlin", sage ich fest entschlossen. Sydney schaut mich an und lächelt leicht, bevor er nickt. "Das wäre schön, aber geht das denn? Du musst doch dein Anerkennungsjahr für die Ausbildung machen?"
"Ja das geht. Ich hatte mich ja sowieso in Berlin an der Uni beworben und das Anerkennungsjahr kann ich auch dort machen. Das muss ich vorher nur mit der Schule organisieren", erkläre ich und lächle leicht. "Wir schaffen das, ja?"
Er nickt "Wir schaffen alles Alice. Ich liebe dich und das ändert sich nicht, nur weil du für eine kurze Zeit von mir entfernt bist. Bis du endgültig nach Berlin kommst kann ich auch immer wieder nach Köln fahren und mit dir alles organisieren. Du musst das alles nicht alleine machen." Bei seinen Worten kann ich nicht anders als ihn anzulächeln und daraufhin zu küssen. Er ist sich so sicher, dass er mit mir seine Zukunft verbringen möchte, dass sich die Zweifel wie von selbst in Luft auflösen. Auch, wenn der Umzug erst einmal Stress pur bedeutet und viel Organisation benötigt weiss ich, dass wir beide das alles zusammen schaffen werden. Zusammen als ein Team.

Gemeinsam packen wir noch die restlichen Sachen ein und während ich in 30 Minuten kaum voran gekommen bin nur im Badezimmer ist jetzt nach 45 Minuten alles in unseren Koffern. Seufzend lasse ich mich ein letztes mal auf das große Bett fallen, bevor wir endgültig das Zimmer verlassen müssen.
Ich beobachte Sydney ein wenig wie er auf seinem Handy herum tippt, bevor ich ihn angrinse, als er meinen neugierigen Blick bemerkt. "Das Taxi ist in einer Stunde da und bringt uns zum Flughafen, bis dahin müssen wir nur noch auschecken", sagt er. Ich nicke und setze mich aufrecht hin, greife nach meinem Handy nur um auf die Uhr zu schauen. Es ist 12 Uhr mittags. "Dann sollten wir mal runter gehen. Um diese Uhrzeit müssen die meisten auschecken und das könnte was dauern", sage ich. Sydney stimmt mir nickend zu und lässt das Handy in seiner Hosentasche verschwinden, bevor er nach seinen Koffern greift und diese nach draussen in den Flur trägt. Als all unsere Sachen draussen sind gehe ich noch einmal das gesamte Zimmer durch und schaue nach, ob wir nicht doch etwas vergessen haben, finde jedoch nichts, weshalb auch ich nun zu Sydney und unseren Sachen auf den Flur gehe.
Gemeinsam laufen wir mit unserem Gepäck zum Aufzug und fahren nach unten. Ich hatte recht, mit meiner Vermutung denn die Leute stehen einmal quer durch die Lobby und warten darauf, dass sie auschecken können. "Setz du dich ruhig hin und pass auf unsere Sachen auf. Ich stelle mich an", sagt Sydney und bevor ich auch nur etwas dagegen sagen kann, lässt er mich bereits allein und stellt sich in die Schlange. Ich lache leise, setze mich jedoch in einen der Sessel in der Lobby und ziehe unser Gepäck zu mir, sodass alles in Reichweite ist. Ganz besonders achte ich auf meine Handtasche und auf Sydneys Tasche wo seine Kamera und das ganze drum und dran drinne ist.

Knapp 40 Minuten muss ich auf Sydney warten, bis er schliesslich seufzend neben mir auf der Sessellehne sitzt. "Da hat einer voll den Stress gemacht, weil er das Pfand für die Schlüsselkarte nicht bar sondern wieder überwiesen bekommt", sagt er und verdreht dabei die Augen. "Oh, echt?", hake ich nach, da ich das ganze nicht mit bekommen habe. Er nickt. "Ja, du hast irgendwas ganz Konzentriert auf deinem Handy gelesen", teilt Sydney mir mit und ich muss lachen. "Ja ich hab in einem E-Book gelesen", zucke ich mit den Schultern. Ich entsperre mein Handy und zeige ihm den Titel, woraufhin er schmunzelt "Du liest was von Jane Austen? Ist das nicht schon unfassbar alt?"
"Es geht", sage ich lediglich und stehe auf. "Wollen wir los? Das Taxi dürfte gleich da sein."
Auch Sydney steht auf und nimmt wieder sein Gepäck, während ich meins nehme. Da er einen meiner Koffer genommen hat, nehme ich ihn die Kameratasche ab und folge ihm nach draussen, wo bereits ein Taxi steht und auf uns wartet. Gemeinsam verstauen wir alles im Kofferraum, bevor wir einsteigen und der Fahrer uns zum Flughafen fährt. "Ich fliege wieder bis nach Düsseldorf mit dir und nehme dann den Zug nach Berlin. Ich wollte nicht, dass wir getrennt fliegen müssen", sagt Sydney irgendwann und unterbricht somit die Stille. Skeptisch schaue ich ihn an. "Das ist doch voll die Zeitverschwendung für dich, oder nicht?", spreche ich schliesslich meine Gedanken aus, jedoch zuckt er lediglich mit den Schultern und greift nach meiner Hand. Unsere Finger verschränkt er ineinander "Ich will noch so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen Alice, da nehme ich das gern in Kauf."

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