Kapitel 36

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Das Unwetter hatte sich inzwischen zu einem regelrechten Sturm entwickelt. Regen prasselte mit einer solchen Gewalt auf uns nieder, dass wir regelrecht nach unten gedrückt wurden und der Wind erschwerte das Vorankommen erheblich. Dazu kam der vom Regen aufgeweichte Boden, der ihn in eine regelrechte Schlammgrube verwandelt hat. Wir kämpften uns sehr mühsam vorwärts und dass unser Weg uns zunächst über Wiesen und Ebenen führte, trug ebenfalls nicht zu einem reibungslosen Fortgang bei. Ich hoffte nur, dass es nicht auch noch zu blitzen anfangen würde, denn dann wären wir die ersten, die von einem Blitz gegrillt werden würden.

Den Himmel bedeckten solch grauschwarze Wolken, dass es Nacht sein könnte und ich fragte mich, welche Naturgottheit wir wohl verärgert hatten. Warum musste es auch ausgerechnet heute so stürmen? Ein Lager würden wir erst im Schutz der Bäume aufschlagen, so Kaptain Moore und die befanden sich bestimmt noch in rund fünf Kilometer Entfernung. Normalerweise wäre das eine Strecke, die man in ein bis zwei Stunden Fußmarsch locker schaffen konnte, aber wir bewegten uns aufgrund des Unwetters so langsam, dass wir kaum von der Stelle kamen.

Noch immer hielt ich das gesamte Gepäck mit meinen Kräften in der Luft, das inzwischen bestimmt vollkommen durchnässt war. Allerdings wäre es so oder so nass geworden, deswegen ließ man es mich einfachsthalber tragen. Hoffentlich würde das Essen noch halbwegs essbar sein nach diesem Sturm, weil sonst mussten wir improvisieren. Zumindest für ein oder zwei Tage sollte es halten, dann könnten wir im Wald etwas jagen. Ich wollte nicht wissen, was passierte, wenn ein Haufen hungriger, durchnässter und frustrierter Piraten aufeinander hockte.

Im Moment liefen wir über eine Wiese, die aktuell aber mehr an ein Haufen Matsch erinnerte. Ich war unheimlich dankbar für die Schuhe, denn die trugen wenigstens etwas zum Vorankommen bei. Meine schweren Locken klebten an meinem Rücken und ich entschloss mich endgültig dazu, sie kürzer zu schneiden. Trotz der vorherigen Hitze war es nun aufgrund des Regens kalt und ich hatte mir zum Schutz vor Wind und Kälte die Arme um den Körper geschlungen.

Abrupt blieb ich stehen und ein Fluchen hinter mir deutete an, dass mir beinahe jemand in den Rücken geknallt wäre. Wie blöd konnte man eigentlich sein? Am liebsten hätte ich mir die Hand vors Gesicht geschlagen, um nachzuschauen, ob mein Kopf sich hohl anhörte. Anders konnte ich mir meine nicht vorhandene geistige Schnelle nicht erklären. Ich verfügte über Fähigkeiten, die mir eine verdammte Göttin vererbt hatte! Warum also nicht die Grenzen davon austesten?

Wie immer tastete ich mich vorsichtig zu meinem Zentrum aus Licht vor und ließ zunächst Stränge aus Licht durch meinen Körper fließen, die mich von innen heraus wärmten. Ein wohliges Kribbeln breitete sich auf meinem gesamten Körper aus und bereits jetzt lächelte ich siegessicher. Da ich stark bezweifelte, dass ich über die Fähigkeit verfügte, das Wetter zu beeinflussen, entschied ich mich für eine andere Nutzung meiner Fähigkeiten. Ein Gedanke reichte und feine Lichtfäden breiteten sich von meinem gesamten Körper aus in der Luft aus. Jeder der Stränge schlängelte sich zu einem der Piraten und webte ein feines Netz aus Licht um ihn herum. Erstaunte Rufe waren zu vernehmen und einige machten verblüfft Halt. Auch um mich legte ich ein solches Netz an und als wären wir aus dem Unwetter in ein warmes Haus mit einem Kamin getreten, befand sich auf einmal jeder in seiner eigenen persönlichen Blase. Das Licht schirmte jeden vom Wind und dem Regen ab und verbreitete eine sanfte Wärme, die die Klamotten trocknete und die Personen unter dem Lichtmantel wärmte. Der Regen prasselte nun wirkungslos auf das Lichtgehäuse und der Wind versuchte vergeblich, uns zu Fall zu bringen. Eine durchschimmernde Lichtsäule bewegte sich zügig auf mich zu und ich erkannte Luan darunter. Er lächelte mich dankbar an und nahm mich, als er bei mir ankam, kommentarlos in den Arm. Seine inzwischen etwas aufgewärmten Arme drückten mich an seine vollkommen durchnässte Brust und ich akzeptierte seine Entschuldigung, ohne dass ich groß etwas sagen musste.

Pirate's LoveWhere stories live. Discover now