Kapitel 24

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Feuer. Ein so zwiespältiges Element, das gleichzeitig rettet und zerstört, Wärme schenkt und verbrennt, Leben spendet und nimmt. Und in der aktuellen Situation war ich für seinen zerstörerischen Anteil verantwortlich. Durch das gleißende Licht hindurch waren rot-orangene Flammen zu erkennen, die den Raum in ihr ganz persönliches Jagdrevier verwandelten. Vorhänge brannten und Wände färbten sich pechschwarz.  Beißender Rauch lag in der Luft und erschwerte das Atmen.

Alle von Luan und mir abgesehen waren bereits aus dem Raum geflohen, den ich in einen Vorhof der Hölle verwandelt hatte. Wie ein tödliches Virus breiteten sich die Flammen in einem rasendem Tempo aus und verschlangen alles in ihrem Weg. Gemälde, Vorhänge, die Tapeten an den Wänden. Nichts blieb von ihnen verschont. Der Rauch tauchte den Raum in einen gräulichen Nebel und wetteiferte mit dem noch immer gleißend hellen Licht um die Vorherrschaft.

Entschlossen stieß ich Luan in Richtung der rettenden Tür. "Geh jetzt!", beschwörte ich ihn. "Ich krieg das schon irgendwie in den Griff." Um ehrlich zu sein, glaubte ich selbst nicht daran, aber ich musste ihn irgendwie dazu bewegen, den Raum zu verlassen. Und wenn das durch eine Lüge geschah, war mir das nur Recht.

Luan sah schrecklich aus. Sein Gesicht und die entblößten Händen waren mit zahlreichen Brandblasen übersät, die furchtbar schmerzen mussten. Wie auch mir fiel ihm das Atmen in dem dicken Rauch zunehmend schwerer. Sollten wir das Ganze ohne eine schlimmere Rauchvergiftung überleben, würde ich zehn Kreuze schlagen. Bereits jetzt wunderte es mich, dass wir nicht längst umgekippt waren.

Trotz allem schüttelte Luan entschieden den Kopf. "Ich geh nicht ohne dich.", stellte er klar und ein Blick in seine Augen verriet mir, dass er standhaft bleiben würde, egal was ich machte oder sagte.

Plötzlich beugte er sich vor und ein heftiges Husten erschütterte seinen ganzer Körper. Er hörte sich wie ein schwerkranker Lungenkrebspatient an und ich wusste, dass er das nicht überleben würde, sollte er nicht auf der Stelle gehen. Also tat ich das einzig Richtige in der Situation.

Mit einem gezielten Faustschlag gegen seine Schläfe, den mir Zach beigebracht hatte, setzte ich ihn außer Gefecht. Bewusstlos sank er in sich zusammen und alles in mit verzog sich vor Schuld.

Später, versprach ich mir, später würde ich ihn dafür ausgiebig um Verzeihung bitten. Jetzt aber musste ich sein Leben retten.

Ich griff unter seinen Armen durch und verflocht meine vor seinem Brustkorb. Mit einem kräftigen Ruck zog ich ihn auf den Rücken. Bereits jetzt spürte ich sein nicht zu unterschätzendes Gewicht von mindestens 80 Kilo. Neben ihm fühlte ich mich immer wie eine halbe Portion.

Ohne groß darüber nachzudenken, wie unfassbar großspurig mein Plan war, einen 80 Kilo Muskelprotz durch den Raum schleifen zu wollen, begann ich damit, langsam rückwärts zur Tür zu laufen. Luan zog ich dabei mit mir mit. Schon nach wenigen Metern brannten meine Arme wegen seines Gewichts und es fiel mir zunehmend schwerer, die Tür durch den Rauch und das Licht hindurch ausmachen zu können.

Wenn wir das hier unbeschadet überstanden, würde ich damit anfangen, mehr Sport zu treiben. Zachs Training hatte meine Kondition und Kraft zwar schon erheblich verbessert - ich bezweifelte, dass ich andernfalls in der Lage wäre, Luan so hinter mir herzuschleifen - aber ich war immer noch zu langsam.

Ein Knacken hallte durch den ganzen Raum und panisch hob ich meinen Blick in Richtung des Geräuschs. Ein langer Riss zog sich durch die Holzdecke und breitete sich immer weiter aus. Wenn ich mich nicht beeilte, würde der ganze Raum einstürzen und die Etagen darüber gleich mit. Aber wie sollte ich gleichzeitig das Feuer stoppen und Luan retten. Es war einfach unmöglich. Plötzlich bereute ich es, ihn bewusstlos geschlagen zu haben. Vielleicht hatte ich zu vorschnell gehandelt. Zeit für Reue blieb aber keine, denn den Riss kümmerte meine Verzweiflung recht wenig. War es bisher nur ein einziger tiefer Riss in der Decke, zweigten jetzt zahlreiche weitere von diesem ab und durchsetzten die Wände wie Efeuranken.

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