Kapitel 33

1K 51 4
                                    

Das Erste, was ich erblickte, als wir durch die imposante Tür traten war der riesige Kronleuchter an der Decke. Das Licht, das durch die hohen Bogenfenster an der Wand fiel, brach sich in den unzähligen Kristallen und warf leuchtende Reflexionen an die Decke. Es bildeten sich kleine Lichtflecken, die durch die dunklen Farben der Decke umso heller und strahlender schienen. An irgendetwas erinnerte mich das, aber ich kam einfach nicht darauf, an was.

Erst jetzt fielen mir die Deckenbemalungen auf. Es stellte eine Schlacht dar. Krieger kämpften gegeneinander ohne eine ersichtliche Ordnung. Die rote Farbe musste für Blut stehen und die pechschwarze Farbe ... Sie schien von hinten zu kommen und alles zu verschlingen, was sich ihr in den Weg stellt. Die Panik in den Gesichtern der Männern, die vor der ... Dunkelheit davonliefen war sogar aus sechs Meter Höhenunterschied deutlich zu erkennen. Es war ein absolutes Chaos und ich versuchte, die zwei verschiedenen Gegner auszumachen.

Den Kopf in den Nacken gelegt, ließ ich meinen Blick über das Deckengemälde streifen. Mit zusammengekniffenen Augen suchte ich den entscheidenden Hinweis, der mir anzeigte, wer zu welcher Truppe oder König gehörte. Farben oder ein Banner, aber ich konnte nichts entdecken.

Ich fokussierte meinen Blick auf die Mitte des Gemäldes, an der sich die hellsten Farben trafen. Langsam konnte ich erkennen, wer gegen wen kämpfte. Das Gemälde wurde schärfer, als stände ich direkt darunter und die Farben und Formen begannen sich zu bewegen, sich zu vermischen.

Mir gefror das Blut in den Adern.

Die Soldaten, die silberne Rüstungen trugen, kämpften gegen ... Monster. Anders konnte ich sie nicht beschreiben. Schreckensgestalten, die aus einem Gruselbuch hätten stammen können, mit seltsam verdrehten Gliedern und Glatzen stellten wohl etwas dar, was einmal Menschen gewesen waren.

Die Menschen und diese Gestalten waren so präzise und exakt gemalt worden, als hätte der Maler sie schon einmal gesehen. Es gab Details, wie bei dem einen Mann eine Narbe auf der Stirn, die eigentlich nicht in ein solches Gemälde gehörten.

Ich hatte das Gefühl, in das Gemälde gesogen zu werden und glaubte, Kampfgeschrei zu hören und Rauch zu riechen.

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und erschrocken fuhr ich herum. Einen Moment war mir schwindelig und ich taumelte leicht zur Seite. Es hatte sich angefühlt, als wäre ich aus einem bodenlosen Loch herausgefallen. Kleine schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und ich blinzelte mehrere Male, um meine Sicht zu klären.

"Ava, alles in Ordnung?" Luans besorgter Blick traf auf meinen wahrscheinlich orientierungslosen und ich nickte leicht.

"Siehst du das, Luan?" Ich deutete auf das Deckengemälde und Luan folgte meinem Finger. Einige Sekunden lang war er still und starrte nach oben. Dann wandte er sich wieder zu mir und legte den Kopf leicht schief. "Was soll ich dort sehen?"

"Diese ..." Aufgeregt schaute ich nach oben, um ihm die Monster zu zeigen, erstarrte aber mitten in der Bewegung.

" ... Gestalten", flüsterte ich bestürzt. Ich konnte nur noch eine Schlacht erkennen. Nicht mehr, nicht weniger. Die Gestalten, die ich wenige Sekunden zuvor unglaublich scharf gesehen hatte, konnte ich nicht mehr finden. Alles, was zu sehen war, waren Personen, die gegeneinander kämpften.

"Aber ... das ist unmöglich.", murmelte ich und fuhr mit meinen Augen über das gesamte Gemälde. Kein Verschwimmen oder Bewegen der Farben. Nur ein lebloses Gemälde mit in der Bewegung erstarrten Personen.

Verwirrt fuhr ich mir über die Stirn. Was hatte das alles zu bedeuten? Was geschah mit mir? Und warum zur Hölle sah ich Gespenster?

Erst jetzt fiel mir auf, dass wir die Einzigen waren, die noch hier waren. Die golden eingerichtete Eingangshalle war gespenstisch leer.

Ich strich mir eine Locke aus dem Gesicht, die sich aus meinem Dutt gelöst hatte und sah Luan entschlossen an. Auf gar keinen Fall ließ ich mich von so etwas aus der Ruhe bringen. Dann sah ich eben seltsame Dinge manchmal. Na und! Wer tat das nicht?

"Gehen wir!", forderte ich Luan etwas harscher auf, als es nötig gewesen wäre, aber das war mir im Moment egal. Wir hatten ein paar Piraten zu treffen und wir würden ganz sicher nicht zu spät kommen.

Ohne darauf zu achten, ob Luan mir folgte, stapfte ich los in Richtung der großen Treppe am anderen Ende der Halle, die Gemälde an der Wand und die Goldverzierungen, denen ich normalerweise wahrscheinlich ziemlich viel Aufmerksamkeit geschenkt hätte, ignorierend. Meine Schritte hallten laut durch die leere Halle und schienen hundertfach von den Wänden zurückgeworfen werden, wodurch ein Echo entstand, das sich so anhörte, als würde mehr als nur ein Mädchen durch die Halle laufen.

Im glänzenden Marmorboden konnte ich mich selbst erkennen, aber selbst diese Makellosigkeit blendete ich komplett aus. Wir hatten ein Piratentreffen vor uns, Ablenkungen waren jetzt nicht von Nutzen.

Ich legte meine Hand auf das goldene Geländer und stellte meinen Fuß auf die erste Treppenstufe. Jetzt gab es nur noch einen Weg. Und seltsamerweise drängte mich etwas in mir dazu, weiterzugehen. Wer weiß, vielleicht wartete dort die Antwort auf alle unsere Fragen. Vielleicht war ich nicht die Einzige, die seltsame Erscheinungen und Träume hatte. Vielleicht klärte sich alles und der Krieg, vor dem sich alle fürchteten, würde überhaupt nicht stattfinden. Insbesondere, da niemand zu wissen schien, gegen wen wir überhaupt kämpfen würden.

Neue Zuversicht durchströmte mich und ich atmete tief ein.

Alles würde gutgehen, daran musste ich glauben. An etwas anderes durfte ich nicht einmal denken.

Luan trat neben mich und ich erlaubte mir, mich noch ein letztes Mal in dem strahlenden Saphirblau zu verlieren. Kraft aus der Liebe und Wärme zu tanken, die ich darin erkennen konnte. Egal, was passierte, ich wusste, ich konnte auf Luan zählen und das war der entscheidende Antrieb, den ich benötigte, um den nächsten Schritt zu machen.

________________________

Hallo meine kleinen Piraten,

hier bin ich wieder mit einem Kapitel! Wie fandet ihr es?

Ich freue mich über jedes Vote und jeden Kommentar.

Eure Sophie :)

Pirate's LoveWhere stories live. Discover now