Kapitel 37

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Die zehn Minuten gingen leider schneller um, als erhofft und vom Kaptain angeführt gingen wir zurück in die große Halle, die noch wie leergefegt war. Nur vereinzelt standen ein paar Piraten in Grüppchen herum und es war unschwer zu erraten, über was sie sich unterhielten. Die finsteren Blicke, die sie mir zurwarfen, sprachen für sich.

Das konnte aber auch nur ich hinbekommen. Gerade erst angekommen und schon den Hass fast aller Piraten auf mich gezogen. Das konnte noch eine lustige Woche werden.

Da sich Luan mit seinem Vater unterhielt, erkundete ich ein wenig die Halle. Als erstes lief ich zu den dunkelroten Vorhängen, die das Licht am Eindringen hinderten. Ohne groß darüber nachzudenken, riss ich mit einem Ruck zwei Vorhänge auseinander und bekam eine große Portion Staub ins Gesicht, die mich zum Niesen brachte. Die hohen Bogenfenster öffneten den Blick auf den wunderschön angelegten Vorgarten und einen strahlend blauen Himmel, an dem keine einzige Wolke zu sehen war.

Mit gutem Zureden und ein bisschen Gewalt schaffte ich es dann auch, die Vorhänge komplett auseinanderzuziehen und machte dasselbe bei den anderen Vorhängen. Einige Minuten lang blickte ich einfach nur nach draußen und unerwartet zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen, als ich mich an meine Familie und Ivy erinnerte. In den letzten Wochen hatte ich es vermieden an sie zu denken, doch jetzt kamen die Erinnerungen und der damit verbundene Schmerz mit einem Schlag zurück. Ich fragte mich, was sie gerade machten, ob sie mich vermissten. Besonders für meine Eltern musste es hart sein. Durch den Tod meines Bruders hatten sie schon ein Kind verloren und mein Verschwinden musste sich wie ein bodenloses Loch für sie anfühlen. Hatten sie die Suche schon aufgegeben oder hofften sie weiter auf meine Rückkehr?

Tränen stiegen mir in die Augen und ich verspürte Heimweh. Klar, ich hatte nur eine Freundin und auch sonst war ich nicht gerade das, was man unter beliebt verstand, aber ich hatte meine Eltern und Ivy und das reichte mir vollkommen. Früher hatte ich immer gedacht, dass ich nach meinem Abschluss auf ein College weit weg von Denver gehen würde, aber in meiner momentanen Lage wusste ich nicht einmal, ob ich überhaupt jemals auf ein College gehen, geschweige denn überhaupt nach Denver zurückfinden würde.

Im Fenster sah ich, dass meine Augen feucht schimmerten und ich wusste, es fehlte nicht mehr viel und ich würde weinen. Schnell wischte ich mir über meine Augen und verdrängte das Heimweh in die hintersten Tiefen meiner selbst.

Als ich wieder in das Fenster schaute, stieß ich einen spitzen Schrei aus und wich leicht nach hinten zurück.

Unbemerkt hatte sich ein junger Mann an mich herangeschlichen und sich neben mich gestellt. Ich drehte mich zur Seite, um ihm richtig ins Gesicht sehen zu können und erstarrte kurz, als ich seine kalten gelbgrünen Augen auf mir spürte.

Mit seinem kantigen Gesicht, dem leichten Bartschatten und den hellblonden Locken, die ihm verwegen um den Kopf fielen war er durchaus attraktiv. Sehr attraktiv, wie ich zugeben musste.

Sein schön geschwungener Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln und mein Blick fuhr über seine Kleidung, die mit dem weißen Hemd und der braunen Stoffhose sich den anderen Piraten anpasste.

Zu spät bemerkte ich meinen Fehler und meine Blick schnellte wieder nach oben, nur um von einem zufriedenen und arroganten Lächeln begrüßt zu werden.

Innerlich verfluchte ich mich selbst. Jetzt musste er denken, dass ich etwas von ihm wollte, was definitiv nicht der Fall war. Er hatte etwas Böses an sich, das mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ.

"Hallo, Schönheit.", meinte er mit einer dunklen Stimme, die wohl verführerisch klingen sollte. Sein Pech, das ich bereits einen großartigen Freund hatte, den ich für nichts auf der Welt eintauschen würde.

Er kam einen Schritt näher und nur schwer konnte ich den Drang unterdrücken, zurückzuweichen. Er erinnerte mich an jemanden, aber ich kam einfach nicht darauf, an wen. Seine gleichgültige und gefühlskalte Ausstrahlung hatte ich schon mal bei jemandem wahrgenommen und das erst vor kurzem.

"Ich bin Zacharias Black, aber du darfst mich Zach nennen. Wie lautet dein Name, Rose?" Wieder trat er einen Schritt näher und ich kam nicht umhin zu bemerken, wie groß er war. Ich würde ihn auf mindestens ein Meter und neunzig schätzen, was ihn neben mir praktisch zu einem Riesen machte.

"Ich heiße Verzieh-dich-und-nimm-deine-blöden-Anmachsprüche-gleich-mit-Vollidiot.", bemerkte ich mit einem zuckersüßen Lächeln. Zacharias ... Black ...

Erst jetzt realisierte ich seinen Nachnamen und jetzt wusste ich auch, warum er mir so bekannt vorkam. Sein Vater war Gabriel Black, der grausame Satanist, wie ich ihn nannte.

Mein erster Impuls war, langsam den Rückzug anzutreten, aber dann besann ich mich eines Besseren. Hatte ich nicht erst vor wenigen Minuten seinem Vater gehörig meine Meinung gesagt? Da brauchte ich doch keine Angst vor diesem Frauenhelden zu haben.

Zach's Miene verfinsterte sich zunehmends und die Ähnlichkeiten zu seinem Vater wurden immer gravierender. Ich hatte das Gefühl, eine jüngere Version von Kaptain Black vor mir zu haben.

Seine gelbgrünen Augen verdunkelten sich vor Zorn, aber ich dachte gar nicht daran, kleinbeizugeben.

"Du weißt wohl nicht, wer ich bin, Miss Ich-bin-ja-so-toll.", knurrte Zach und kam einen weiteren bedrohlichen Schritt auf mich zu. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und starrte ihm herausfordernd in seine Augen.

"Heute wieder mal auf dem Originalitätszug gefahren, Mr.Green.", meinte ich bissig und grinste hämisch, als Verwirrung kurz über sein Gesicht huschte. Natürlich wusste er nicht, was ein Zug war. Woher auch. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, mit wem er sich angelegt hatte.

Bevor Zach etwas erwidern konnte, trat Luan an meine Seite.

"Wenn ich du wäre, würde ich den Abstand zwischen dir und Ava um genau zehn Meter vergrößern, ansonsten könnte es sein, dass meine Faust ihren Weg in dein Gesicht findet.", fuhr Luan Zach an und schob mich gleichzeitig hinter sich.

Ich kam gar nicht dazu, meinen Protest dazu zu äußern, denn Zach schoss schon zurück.

"Dann pass das nächste Mal besser auf dein Schoßhündchen auf, Moore."

"Hey, ich bin doch kein ...", fuhr ich aufgebracht dazwischen, wurde aber von Luan unterbrochen.

"Ich müsste nicht auf Ava aufpassen, wenn es Leute wie dich nicht geben würde, Black.", konterte Luan und machte einen Schritt auf Zach zu.

"Glaub mir, meine Existenz ist ein wichtiger Beitrag zu dieser Welt, was man von dir nicht behaupten könnte. Frag einfach nur die Mädchen dieser Stadt.", grinste Zach dreckig und  so langsam wurde mir das echt zu viel.

"Wisst ihr was. Ihr könnt mich alle beide mal. Ich geh jetzt. Tragt doch euren Kinderkrieg alleine aus, das tu ich mir echt nicht an.", fauchte ich, was die beiden aber nicht zu bemerken schienen.

Genervt verdrehte ich die Augen und stürmte davon. Sollten sie doch die Luft mit ihrem Testesteron verschmutzen, aber ich würde ihnen dabei ganz sicher nicht zusehen!

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Hey meine kleinen Piraten,

wie fandet ihr das Kapitel? Was haltet ihr von Zach?

Ich freue mich über jeden Kommentar und jedes Vote :).

Eure Sophie :)



Pirate's LoveWhere stories live. Discover now