Kapitel 32

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Schon längst hatten wir den Hafen hinter uns gelassen und mit einer warmen Teigtasche in der Hand lief ich zusammen mit den anderen Piraten durch die Stadt.

Ich biss ein großes Stück ab und die süße Köstlichkeit aktivierte sämtliche Geschmacksnerven in meinem Mund. Es waren definitiv Schokolade, Mandeln, Curry und noch etwas anderes, undefinierbares in der Süßigkeit, die sich wohl eher als Nachtisch und nicht als Frühstück eignete. Luan hatte sie mir empfohlen, als wir an einem Stand, der verschiedene Speisen anbot, vorbeigingen.

Das Viertel, das wir durchquerten, war heruntergekommen und nicht ein Fenster war unversehrt. Entweder zogen sich tiefe Risse durch die Scheibe oder ein Loch zeigte die Stelle an, an der ein Stein das Fenster getroffen hatte.

Die Farbe der Wände war schon größtenteils heruntergeblättert und nicht nur einmal sah ich im Augenwinkel, wie ein Vorhang hastig zugeschoben wurde, als wir vorbeiliefen.

Die Straße vor uns war so mit Rattenkot und Dreck bedeckt, dass die eigentliche Straße darunter kaum noch zu sehen war. Unkraut und Pflanzen wuchsen zwischen den kaputten Pflastersteinen hervor und schon zweimal war ich gestolpert, weil eine Pflanze einen herausragenden Stein verdeckt hatte.

Es war jedes Mal Luan gewesen, der mich davor bewahrt hatte, den Boden zu küssen.

Ich versuchte, das ungute Gefühl abzuschütteln, dass mich seit der Ankunft in der Stadt nicht loszulassen schien. Unsere Entscheidung, an diesem Piratae Colloqium teilzunehmen, schien einen Stein ins Rollen gebracht zu haben, der nicht mehr aufzuhalten war. Weder wusste ich, was uns die Zukunft bringen würde, noch wusste ich, ob das, was uns erwartete, abgewendet hätte werden können, wenn wir nicht hergekommen wären. Das Einzige, das ich mit Sicherheit wusste, war, dass uns etwas Schlimmes erwartete. Das Regal, das mich beinahe umgebracht hatte und der seltsame Traum waren Beweis genug dafür. Doch war ich bereit dazu, mich dem Übel zu stellen?

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Nach einem schier endlosen Fußmarsch waren wir endlich an unserem Ziel angelangt. Auf unserem Weg hatten wir ein Viertel durchquert, in dem sich Villen an Villen reihten, von denen eine schöner und pompöser war als die andere.

Doch unser Ziel übetraf selbst diese herrschaftlichen Anwesen. Vor uns befand sich eine Art Schloss, das etwas abseits der Stadt lag. Ein reichverziertes Tor versperrte uns den Zugang und durch die Gitterstangen hindurch konnte ich einen Blick auf die Fassade erhaschen.

Das Haus war in die Länge gebaut und hatte bestimmt vier Stockwerke. Auch die Fassade war mit zahlreichen Verzierungen bedeckt und zu beiden Seiten streckte sich ein Turm in die Höhe. Zahlreiche Fenster übersäten die pastellgelbe Hauswand.

Eine Tür konnte ich durch das Gitter zwar nicht sehen, aber sie würde vermutlich genauso pompös und groß sein wie der Rest des Hauses.

Meine Füße schmerzten vom vielen Laufen und auch sonst hätte ich im Augenblick nichts dagegen, mich einfach hinzulegen und zu schlafen. Nur Luans warme Hand, die meine umschloss, hinderte mich daran, mich auf die zwar unbequeme, aber durch die Sonne aufgewärmte Straße zu legen.

Meine Aufregung war nichts im Vergleich zu vorher. Außer einem leicht erhöhten Herzschlag spürte ich nichts an mir, das auf Nervosität hindeuten würde. Das überraschte mich ein wenig, aber hauptsächlich war ich froh darüber.

Mit einem lauten Quietschen öffnete sich das Tor und gab den Blick frei auf einen langen Weg, der auf beiden Seiten von grüner Fläche gesäumt war. Mein Mund stand weit offen, als ich die kunstvoll geschnittenen Hecken und die bunte Blumenvielfalt bestaunte, die mir das Gefühl vermittelten, mich vor einem imposanten Schloss zu befinden. Um ehrlich zu sein, würde es mich nicht wundern, wenn jetzt noch ein Prinz heraustreten und uns wütend vom Gelände scheuchen würde.

Nur das klischeehafte Zwitschern der Vögel fehlte, was mir einmal mehr zeigte, dass das hier nicht irgendein kitschiger Märchenfilm war, sondern die Realität.

Erst jetzt bemerkte ich den hochgewachsenen, älteren Mann, der im schwarzen Anzug mit weißem Hemd und Fliege wie ein Butler aussah. In seinen hellblauen Augen konnte ich Vorsicht und eine große Menge an Güte entdecken, die ihn sofort sympathisch machten, ohne dass ich ihn reden gehört hatte. Das graue, akkurat nach hinten gekämmtes Haar entblößte einen zurückgegangenen Haaransatz und um seine Augen befanden sich zahlreiche Lachfältchen.

"Sie werden bereits erwartet.", meinte der Mann mit keinerlei Emotionen in der Stimme und ich runzelte verwundert die Stirn. Hatte mich meine gute Menschenkenntnis etwa dieses Mal getäuscht? Aber noch immer konnte ich eine Wärme in seinen Augen erkennen, die so gar nicht zu seiner kühlen Stimme passte.

Luan zog mich mit sich, als wir dem Mann folgten. Vom Weg bekam ich fast nichts mit, da ich damit beschäftigt war, die Gärten zu bewundern. Es war, als würde man ein Gemälde betrachten, alles wirkte ein bisschen unwirklich und viel zu schön, um wahr zu sein.

Ein Meer aus teils sehr exotisch wirkenden Blumen wuchsen an jeder erdenklichen Stelle und selbst aus den zurechtgestutzen Hecken sprossen weiße Rosen, die einen regelrecht dazu einluden, an ihnen zu riechen.

Doch bevor ich dazu kommen konnte, hielten wir an und mein Blick wanderte zu der riesigen Holztür vor uns. Genau wie ich vermutet hatte, war auch hier nicht an Größe oder Verzierungen gespart worden. Trotz allem wirkte nichts an dem Haus hier fehl am Platz und unwillkürlich stellte ich mir vor, wie es wohl sein würde, dort drinnen zu leben.

Der Butler öffnete die Tür, was ihr ein leises Knarzen entlockte. Der Kaptain, der unseren kleinen Zug anführte, erklomm die wenigen Stufen zur Tür und Luan und ich folgten ihm. Die Aufregung kehrte ein wenig zurück und unbewusst drückte ich Luans Hand fester, was mir einen besorgten Blick von ihm einfing. Ich schaute ihn aber nicht an, weil ich ihm beweisen wollte, das ich nicht immer Trost oder einen beruhigenden Blick brauchte. Besonders da das nur meine Nervosität beflügeln würde.

Jeden Eindruck sog ich auf wie ein Schwamm und im Moment wollte ich nichts mehr, als das Innere des schlossähnlichen Hauses zu sehen.

Die kleine Tasche mit meinen wenigen Habseligkeiten wog schwer auf meiner Schulter und unruhig wippte ich mit meinem rechten Fuß auf und ab.

Wann durften wir endlich eintreten? Ich kam mir schon fast wie in einer dieser Fernsehsendungen vor, in denen die Moderatoren absichtlich die Verkündung des Siegers hinauszögerten.

Als wären meine Gebete erhört worden, drehte sich der Butler um, auf dem Gesicht immer noch diese gleichmütige Maske tragend.

"Willkommen zu Hause, meine Dame und meine Herren."

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Hey meine kleinen Piraten,

hier bin ich wieder mit einem Update! So langsam hab ich das Gefühl, dass Montag mein neuer Udatetag wird, aber das wird sich wieder auf Sonntag verschieben. Der Grund dafür fängt mit S an und hört mit chule auf -.-. Das Kapitel ist BlackArya gewidmet, da sie immer so fleißig gevotet hat, seit dem Beginn dieser Geschichte :). Danke für diese Unterstützung und Motivation!

Wie fandet ihr das Kapitel? Welchen Eindruck habt ihr vom Butler?

Votet, kommentiert, teilt :)

Eure Sophie

P.S.: Schaut euch den unglaublich tollen Trailer an! Nochmal ein riesengroßes Dankeschön an den Macher Leila_Blackwill!

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