Teil36

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Am nächsten Morgen gingen die beiden den Plan so richtig an. Dugan inspizierte als erstes Andys Kühlschrank, fand aber nicht viel Brauchbares und beschloss, erstmal einkaufen zu gehen. Sie würden reichlich Energie brauchen, auch wenn nur einer von ihnen eine Verwandlung vornahm. Als er mit drei vollen Tüten zurückkam, hatte Dallas bereits die Katzen versorgt und es sich mit Geronimo und Cochise am Küchentisch bequem gemacht. Gleich nach dem Frühstück beschlossen sie, die Gegend um den Club zu erkunden. Es wäre wichtig, so Dugan, dass sie jede Gasse und jeden dunklen Winkel genau kannten, die womöglich für ihre Jagd in Frage kamen. Und es wäre ungünstig, wenn sie nicht wüssten, ob z. B. Bauarbeiten in der Gegend wären. Also liefen sie die Umgebung des Clubs ab und machten sich Notizen, wenn irgendetwas besonders günstig oder ungünstig war. Nach einer Weile hatten sie zwei etwas abseits von der Straße gelegene Hinterhöfe entdeckt, die genügend Deckung für die Verwandlung bieten würden. Möglich wäre auch, dass sie den Wagen irgendwo abstellten und Dugan darin seine Wolfsgestalt annahm. Für Dallas war das noch immer ein heikler Punkt bei der ganzen Sache. Zwei enge Straßen endeten in einer regelrechten Sackgasse. Die wären geeignet, um die Schläger hineinzutreiben und dort in Schach zu halten, bis die Polizei kam. Eine andere Straße würden sie auf jeden Fall vermeiden, weil dort gerade eine Baugrube war, in der das Wasser von einem Rohrbruch stand. Andere Notizen machten sie sich bezüglich der Anzahl von Fenstern oder der Hunde, die ihnen auf der Straße begegneten. Menschen und Hunde als übereifrige Alarmschläger könnten der ganzen Sache hinderlich sein. Als nächstes fanden sie heraus, wo das nächste Polizeirevier war und wie lange man von dort voraussichtlich bis in die ausgesuchten Gassen brauchen würde. Mit all ihren Informationen ging es dann zurück zu Andys Wohnung. In dem Hof begegneten sie einer Nachbarin, die zwar etwas neugierig bis irritiert schaute, als Dallas und Dugan vorn zur Tür hineingingen, die aber sonst keine Anstalten machte, irgendwelche Fragen zu stellen. Das war schon auf eine gewisse Art seltsam. Andy war doch ein sympathischer, junger Mann gewesen. Wieso scherte es die Nachbarn so wenig, was mit ihm geschehen war oder was sich da in seiner Wohnung tat? Normal wäre es, wenn jemand aus Andys Familie käme, um sich um die Wohnungsauflösung zu kümmern oder die Katzen. Aber auch das passierte nicht.

„Weißt du irgendwas über ihn oder seine Familie? Er muss doch irgendwo herkommen?", fragte Dugan schließlich, was Dallas auch schon überlegt hatte.

Dallas schüttelte den Kopf. „Leider gar nichts, wir waren, naja, mit anderen Dingen beschäftigt. Ich weiß nur, dass er Friseur war."

Dugan nickte nur. „Wenn wir jetzt sowieso seine Küche weiter auf den Kopf stellen, können wir später auch nach Anhaltspunkten suchen", fand er, „vielleicht Fotos oder ein Adressbuch oder so."

„Ist das nicht irgendwie freakig? Er ist tot und wir durchsuchen seine Sachen?"

„Wir planen gerade etwas noch Freakigeres, wenn ich das so sagen darf."

„Stimmt auch wieder."

Sie kramten jetzt in den Küchenschränken, bis sie gefunden hatten, was sie brauchten, um ein paar Omeletts zu machen. Dugan rührte und brutzelte reichlich was zusammen und Dallas kam der Gedanke, dass er offenbar „auf Vorrat" essen wollte, spätestens als er aufgab und Dugan noch längst nicht satt zu sein schien. Als seine Lordschaft irgendwann genug gegessen hatte, machten sie sich daran, mit Hilfe eines Stadtplans und ihrer Erkenntnisse der Gegend den Plan für die Jagd nach Andys Mördern weiter auszubauen. Entscheidend wäre in jedem Fall Dallas' körperliche Fitness, Dugans ungestörte Verwandlung und eine Sackgasse, um die Typen darin festzuhalten, bis Polizei da war. Leider fanden sie keine Lösung für das Problem mit der drei-Minuten-Phase von Dugan. Es sei denn...

„Was ist, wenn wir jemanden bitten, bei der Sache mitzumachen?", dachte Dallas laut.

„An wen denkst du? Fitzgibbons?"

Dallas überlegte. „Der ist sicherlich loyal genug und einiges gewohnt, aber ist der nicht vielleicht schon ein wenig alt?"

Dugan musste nicht überlegen. „Da hast du wohl recht. Wenn da noch ein anderer Freund von Andy wäre..."

„Aber wir kennen seine Freunde oder Ex- Freunde nicht. Woher sollen wir wissen, wem wir vertrauen können?"

Dugan überlegte weiter. „Dann muss es jemand sein, den du kennst." In dem Moment kam er darauf: „Was ist mit..."

Dallas kam zeitgleich derselbe Gedanke: „...Tariq!?"

„Ja genau. Der und du, ihr versteht euch doch gut, so sah es jedenfalls aus."

Dallas nickte, bekam dann aber Bedenken. „Das heißt noch nicht, dass er gemeinsame Sache mit einem schwulen Fotografen und seinem schwulen Werwolf-Freund macht."

„Er muss ja nicht wissen, dass ich ein Wolf bin..."

„Du meinst, wir kriegen ihn dazu mitzumachen, ohne dass wir ihm alles auf die Nase binden..."

„Wenn wir es clever anstellen..."

Dallas sann darüber nach. Tariq war ein Typ zum Pferdestehlen, daran bestand kein Zweifel und – naja- auf eine gewisse Art war er ihm fast sowas wie einen Gefallen schuldig. Immerhin war er jetzt mit Janice zusammen, was zumindest teilchenweise mit Dallas zutun hatte. „Ich rufe ihn an", beschloss er, „wenn er nicht will, braucht er es ja nur zu sagen."

„Cool. Dann muss ich jetzt nur noch tanzen lernen. Willst du noch ein Omelett?"

Highland SagaWhere stories live. Discover now