Teil 13 Nichts wie weg!

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Als Dallas die Treppenstufen des Turms hinunterstürmte, merkte er, wie er immer mehr die Kontrolle verlor, wenn er sie denn überhaupt gehabt hatte. Er wurde schneller und schneller, am Fuße des Turms angelangt, lief er schließlich so schnell er konnte und spürte, wie ihm jetzt Tränen der Wut und Enttäuschung in die Augen schossen. Nichts wie weg, bloß weg. Er lief und lief, bis er nicht mehr konnte und kam so endlich zum Parktor. 

Dort fiel ihm nichts Besseres ein, also kletterte er über die Mauer. Hoch war weniger schwierig als der Sprung hinunter, bei dem er schmerzhaft aufkam, um dann leicht humpelnd weiterzugehen. Er hätte eine von diesen blöden Golfkarren nehmen und stehlen und damit durch das verfluchte Tor fahren sollen. Fuck! An der Straße zum Ort versuchte er mehrmals einen Wagen anzuhalten und schaute nach, ob sein Handy nicht doch Empfang hatte, aber nein. Beides zeigte keinen Erfolg. Dann eben nicht! Als er eine Weile gelaufen war, kamen ihm die wirrsten Gedanken in den Sinn. Wie er so irre gewesen sein konnte, sich auf so eine wilde Nacht mit einem völlig Unbekannten einzulassen. Dass das alles nicht passiert wäre, wenn er nicht die Prophezeiung von dieser Hexe im roten Anorak ernst genommen hätte. Kaum war er in den Highlands, da ließ er sich auf so einen Aberglauben ein! Und überhaupt wäre wahrscheinlich alles einfacher, wenn er wie die meisten anderen Typen auf Frauen, wie zum Beispiel auf Janice abfahren würde. Sie war intelligent, erfolgreich, hübsch- seine Mum wäre begeistert... 

Aus all dieser Flut von Gedanken leitete er sich selbst beinahe sowas wie einen guten Vorsatz ab. Er würde mehr auf seinen Verstand setzten und nicht auf seinen Instinkt, seine Gefühle, seinen Schwanz, sein Herz. Fuck! Sein Verstand hatte ihn gerade eben in diese Situation gebracht. Wenn sich sein Verstand nicht gemeldet hätte, würde er es wahrscheinlich gerade auf der obersten Turmspitze von diesem alten Kasten mit Dugan treiben, bis ihnen beiden hören und sehen verginge. Und dann würde er Fotos schießen und sich davonmachen. Und alles wäre wie schon gehabt. Halt, nein! Sein Herz war schuld. Wenn er nicht plötzlich dabei gewesen wäre, sich zu verlieben, dann hätte er prima noch eine Nacht mit Dugan durchmachen können und dann hätten sie sich verabschiedet und Nummern ausgetauscht oder auch nicht und es wäre alles wie schon mal dagewesen. 

Aber egal, was ihm da durch den Kopf ging, es änderte nichts an der Tatsache, dass er Dugans Küsse und seine Berührung noch immer spüren konnte und dass er ihn schon jetzt vermisste. Wenn ihm dieser Trip sowas wie Orientierung im Leben hatte geben sollen, dann war gerade wohl eher das Gegenteil erreicht. Er konnte nicht mal den realen Boden unter seinen Füßen spüren und dann schon gar nicht den im übertragenen Sinn. Als er endlich den Gasthof erreichte, hatte ein Nieselregen angefangen und er hatte angefangen zu frieren. Weil er mit unangenehmen Fragen rechnen musste, schaute er zuerst durch die Fenster zum Gastraum, ob Tariq, Robert und Janice dort saßen, was tatsächlich der Fall war. Um keinen Preis wollte er sich jetzt verhören lassen! Er stülpte die Kapuze über und versuchte, sich zusammenzureißen, als er den Gastraum betrat. Robert schien ihn sofort zu bemerken und Dallas ging energisch ein paar Schritte auf den Tisch der Gruppe zu. 

„Hey Dal, wo kommst du jetzt her?", begann Tariq und sah dann offenbar, dass was nicht stimmte. 

„Egal, holt euer Zeug, wir müssen hier weg." Er wusste, dass er ihnen mit seinem Anblick sicher einen Schrecken einjagen würde. Er war halb durchnässt und seine Hosenbeine voller Schmutz von dem Mauersprung und der Landstraße und er war völlig abgekämpft.

„Was, wieso? Was wird aus den Fotos?", wollte Janice wissen.

„Es gibt keine Fotos. Ich habe Mist gebaut. Holt euer Zeug!"

„Fuck", kam es von Robert.

Tariq und Janice sahen sich an. „Was hast du angestellt?", fragte Janice, die offenbar eine bessere Erklärung erwartete.

„Komm, lass ihn", kam ihm Tariq zu Hilfe.

„Ich habe mich komplett verrannt und jetzt geht packen!" Dallas bockte.

Janice war das noch immer nicht genug. „Dass du gerannt bist, kann ich sehen. Aber was wird aus dem Job, den wir hier zu erledigen haben?"

Nun verlor Dallas jeden Rest von Geduld. Lauter als nötig gewesen wäre fuhr er sie an: „Janice, das ist gerade egal. McLanark und ich, wir hatten erst Sex und dann Streit. Reicht das jetzt?" McLanark. Irgendwie war das einfacher, als den Namen zu nennen, den er gerufen hatte, als...

Janice war nun so sehr überrascht, dass sie nur mit offenem Mund dastand. Wieder griff Tariq ein. Er warf Dallas einen Blick zu, der klar sagte, er solle gehen und sein Gepäck holen. Er würde Janice beruhigen.

„Ich und der Wagen sind in zwanzig Minuten bereit", rief ihm Robert hinterher. Dann ging er auch auf sein Zimmer. Dallas eilte inzwischen die Treppe zu seinem Zimmer hinauf und begann sogleich, seinen Kram in seine Tasche zu schmeißen. Als er das Walkie-Talkie fand, schmiss er es an die Wand und fluchte vor Wut. 

Highland SagaWhere stories live. Discover now