Kassette 2, Seite A

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Der Unterricht bei Coach Patrick ist mehr als langweilig, weshalb ich kaum zuhöre. Wir schauen einen Film über den zweiten Weltkrieg. “Keine Gespräche, keine SMS. Geschlafen wird auch nicht.“ Der Coach lehnt sich zurück und schließt die Augen. Kurz denke ich nach und sehe dann, wie ein Schüler sich in den Raum schleicht. Ich tippe Sheri an und beuge mich zu ihr rüber. “Sagst du mir bescheid, wenn er aufwacht?“, frage ich flüsternd. Sherry nickt. Also stehe ich auf und schleiche mich aus dem Klassenzimmer, nur um Alex dabei zuzusehen wie er Plakate von der Wand reißt und sie zerknüllt. Vorsichtig gehe ich auf ihn zu. “Vielleicht, Alex... warst du einfach nur ein Arschloch.“ Als Alex mich sieht verdreht er die Augen. “Zurück in den Unterricht.“, sagt er und wirft eines der Plakate in den Papierkorb.
“Was machst du?“, frage ich, obwohl es mehr als offensichtlich ist.
“Ich räume auf. Was denken die, dass die das Leben von jemandem retten könnten? Suizid ist keine Option? Offensichtlich ist es eine Option. Weißt du, warum schreiben sie nicht 'Seid nicht so scheiße zu euren Mitmenschen', warum gibt's keins von diesen Postern?“ Alex ist aufgebracht, was man schnell an seiner Stimme merkt.
“Hey, ich versuche kein Arsch zu sein.“, verteidige ich mich.
“Ja, wir alle versuchen das.“, antwortet Alex.
“Also, hast du es getan? Was Hannah erzählt, das mit ihr und Jessica.“
“Was denkst du denn?“, fragt Alex. Langsam nervt mich, dass er ständig mit Gegenfragen antwortet. Ich höre Tyler die Treppe runterkommen. “Was treibt ihr denn da?“, fragt er und sieht uns an.
“Ich rekrutierte Abby für die Illuminati. Willst du mitmachen?“, scherzt Alex.
“Alex, du solltest keine Scherze machen über die Illuminati, verstanden? Vertrau mir.“, sagt Tyler ernst. Verdattert schaue ich ihn an. Sind nun alle verrückt geworden? “Also worüber redet ihr?“, fragt er dann.
“Hausarbeiten. Für ein Projekt.“, lüge ich.
“Ja, richtig. Der alte Projekt-Trick. Der einzige gemeinsame Unterricht von euch ist Sport.“ Verwundert schaue ich Tyler an.
“Es ist gruselig, dass du das weißt. Geh einfach weg.“, sagt Alex. Ich sehe Tyler entschuldigend an und warte bis er weg ist.
“Weißt du was ich denke?“, wende ich mich dann an Alex. “Dass du sowas nicht tun würdest. Ich dachte du liebst Jessica.“
“Das hab ich mal. Und vielleicht tu ich das immer noch, aber...“
“Und wieso hast du dann...“
“Darüber können wir jetzt nicht reden.“, unterbricht Alex mich und deutet auf Mr Porter.
“Hey ihr beiden. Wo sollten Sie jetzt eigentlich sein?“, fragt er während er auf uns zukommt.
“Das ist ne schwere Frage. Das ist sozusagen existenziell, also...“, beginnt Alex.
“Alex, kommen Sie mit mir. Ich wollte sowieso mit Ihnen reden.“ Alex nickt und geht auf Mr Porter zu. “Abigail, Sie können auch mitkommen.“ Nervös spiele ich mit dem Saum meines Shirts.
“Uhm, Coach Patrick hat mich in die Bibliothek geschickt. Er hat die falsche John Wayne DVD, deswegen wartet die ganze Klasse.“, erfinde ich eine Geschichte und hoffe, dass ich eine bessere Lügnerin bin als ich denke.
“Alles klar. Dann sprechen wir später.“ Ich nicke und sehe den beiden hinterher. Als ich wieder in die Klasse gehen will, sehe ich wie Ryan im Müll herumwühlt. “Und schon was interessantes gefunden?“, frage ich und ziehe eine Augenbraue nach oben.
“Eigentlich nicht. Nur das Übliche. Angst, Verzweiflung, liebeskranker Mist. Langweilig.“, antwortet Ryan. “Aber, ich plane eine Sonderausgabe in Gedenken an Hannah Baker. Willst du was dazu beitragen?“ Erwartungsvoll sieht er mich an.
“Oh, nein nicht wirklich.“ Ryan zuckt mit den Schultern und betrachtet das Foto von Hannah an der Wand. Ich gehe an ihm vorbei zurück zum Klassenraum.

Ich nahm den Müllsack, um ihn zuzuknoten und stellte ihn an die Seite. Hannah kam aus dem Kinosaal und lief schnell zu mir rüber. “Er ist noch da drin.“, sagte Hannah belustigt.
Geht's ihm gut? Der Abspann ist doch schon lange durch.“, entgegnete ich verwirrt. Als die Tür aufgestoßen wurde, sahen wir Alex.
“Nacht, schlaft gut.“, sagte er im Vorbeigehen.
“Keine Jessica heute?“, fragte Hannah neugierig.
“Oh nein.“ Fragend sah ich ihn an.
“Ist alles okay bei dir?“
“Ja. Wir sehen uns.“ Bedrückt verließ er das Kino und ließ Hannah und mich stehen.

13 Reasons WhyWhere stories live. Discover now