Teil 1 Weg aus London!

2.2K 103 30
                                    

Londons Straßen hatten einen besonderen Zauber, wenn es nachts regnete und sich die Lichter der Straßenbeleuchtung und der unzähligen Reklamen und Läden auf dem Asphalt spiegelten. Es schien dann, als verwischten die Konturen der Metropole und als wären ihre Farben noch bunter. Meistens stand Dallas dann am Fenster und schaute hinaus, bis die Sonne den Zauber der Nacht verblassen ließ. Normalerweise war das nach einer Regennacht alles andere als spektakulär anzusehen. Die Farben verblassten, das Sonnenlicht, das hinter einer Wolkendecke lag, schien nur blass-grau hindurch und allenfalls eine schemenhafte Erinnerung der ganzen Pracht blieb zurück. Viel seltener geschah es, dass die Wolken sich verzogen hatten und der Glanz der Morgensonne ungehindert alles was sie traf mit einem Hauch von Goldflitter zu überziehen schien. Dann konnte Dallas nicht anders und ging hinaus, über die Straße und in den Park, denn dann gab es dort das schönste Schauspiel überhaupt zu sehen: Das Glitzern der Sonne auf Millionen und Abermillionen von Regentropfen, die auf Gräsern und den Blättern der Bäume hingen. Dallas hatte immer wieder versucht, dies alles mit seiner Kamera einzufangen, aber immer war er unzufrieden mit dem Ergebnis. Keine Bildbearbeitung gab das wieder, was er zu sehen glaubte, wenn er so früh morgens in den Park lief. Aber er würde auch nicht aufhören es zu versuchen. 

 Auf dem Rückweg kam er immer an dem kleinen 24/7 Laden von Mr. Kapoor vorbei, der um diese Zeit bereits frische und noch warme Scones hatte. Die einzig mögliche Erklärung dafür war, dass irgendwo eine Mrs. Kapoor schon längst am Ofen stand, aber egal wie früh Dallas hereinkam, er erhaschte nie einen einzigen Blick von ihr. An diesem Morgen kaufte er nur zwei Scones. Mr. Kapoor lächelte wie immer, wusste aber auch sogleich Bescheid. Dallas war wieder single. Er überlegte kurz für sich, ob man das überhaupt so sagen könnte. Genauer genommen würde dies bedeuten, dass er wirklich fest mit jemandem zusammen gewesen wäre, aber länger als jetzt zuletzt die etwas mehr als drei Monate mit Colin, war er noch nie bei einem Boyfriend geblieben oder der bei ihm. Er war wohl nicht der Typ dafür. Kein Herzschmerz, keine Reue, keine Tränen. Er und Colin hatten einfach nicht viel gemeinsam. Das war ihm klar geworden, als er ihm erzählte, dass er den Job für die BBC angenommen hatte und es kaum erwarten könnte, für mehrere Wochen nach Schottland zu reisen und dort Fotoaufnahmen von potentiellen Film Locations zu machen. 

„Was willst du denn wochenlang da oben in der Wildnis? Du kriegst hier doch auch deine Jobs!" Colins Reaktion war mehr als enttäuschend, eher noch empfand Dallas sie als Schlag ins Gesicht. Er kam aus Schottland und nach Jahren in der Fremde war der Wunsch, seine Heimat wiederzusehen nur natürlich. Und er wollte nicht länger irgendwelche Jobs. Er wollte gute Jobs. „Ich dachte, du freust dich für mich. Es sind gerade mal fünf Wochen. Wenn du nicht warten kannst, dann kannst du auch gleich gehen." War das eine Überreaktion? Colin seinerseits, hatte keine Einwände dagegen aufgebracht. „Dann geh doch Ziegen ficken in der Einöde oder was immer ihr Jocks da oben so treibt!" Das war's dann. „Wir haben da tatsächlich Rindviecher, die mehr Charme und Verstand haben als du!" Genug gesagt. Es dauerte keine halbe Stunde, dann hatte Colin seinen Kram zusammengesucht und warf die Schlüssel verächtlich auf den Boden. Hätte er versuchen sollen, sich zu vertragen? Sollte er es jetzt noch versuchen? Nein. Er wollte diesen Job, er wollte seine Heimat wiedersehen. Trotzdem fehlte ihm Colin. Oder besser: ihm fehlte es mit jemandem zusammen zu sein, ihm fehlte der Sex. Vielleicht würde ihm der Trip helfen, beim nächsten Mal, beim nächsten Mann, etwas mehr darauf zu achten, ob er auch zu ihm passte. Vielleicht wusste er ja einfach nicht was er wollte oder er kannte sich selbst nicht gut genug. 

Die Scones waren immerhin beine feste Größe in seinem Leben und er fühlte sich besser, sobald er sie mit reichlich Cream und Marmelade verputzt hatte. Im Bad warf er einen prüfenden Blick in den Spiegel. Er sah definitiv wie ein Schotte aus. Das rote Haar, die blauen Augen und er war groß. Vielleicht sollte er sich gründlich rasieren, bevor er den ersten Arbeitstag bei der BBC antrat. Vielleicht sollte er ein gutes Hemd anziehen. Schließlich schnappte er seine Kameraausrüstung und machte sich auf den Weg zur U-Bahn.



>>>> An diese Stelle bedanke ich mich für das super schöne Cover, das mir Brown Jonathan für diese Story gemacht hat. Du bist der Beste:) 

Highland Sagaजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें