Kapitel 40)

301 15 5
                                    


Unser Aufenthalt in Großbritannien fiel diesmal kürzer aus. Victors Team hatte die Flüge so gebucht, dass unser Aufenthalt fünf Stunden betrug.
Während sie am Flughafen blieben, einen Kaffee nach dem anderen kippten und sich unterhielten, verließen wir das Gebäude. Es benötigte einiges an Überzeugungskraft, um das FBI dazu zu kriegen, dass sie uns glaubten, dass wir es irgendwie schon wieder pünktlich durch die Sicherheitskontrolle schaffen würden, doch schlussendlich ließen sie uns gehen. Zwar hatten wir nicht genug Zeit, um es zu Mistys Haus und zurück zu schaffen, doch sie und ihr Freund trafen uns in einem der wenigen Cafés, die um diese Zeit weder geschlossen hatten noch sich in eine Bar voller saufender Briten verwandelt hatte.
Nach unserem Abflug aus Kabul hatten wir beschlossen, dass uns eine Krisensitzung in Anwesenheit eines wandelnden Lügendetektors eigentlich nicht weiterhelfen konnte und dass wir die Dinge, die uns auseinandertreiben könnten, auch einfach totschweigen könnten, doch als Diamond davon Wind bekam, riet sie uns zu unserem eigenen Wohl, ihre Verwandte aufzusuchen.
Lake hatte hinterhergeschrieben, dass selbst sie sich Misty aussetzen würde, wenn Diamond sie bedrohte, also hatten wir uns wohl oder übel gefügt.
Misty und Alex waren schon da, als wir eintrafen. Sie tranken Wasser und unterhielten sich leise, um nicht von den neugierigen, gelangweilten Umsitzenden observiert zu werden.
"Wir könnten noch gehen", schlug Victor zweifelnd vor, bevor wir in ihr Sichtfeld gerieten. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, bereits auf dem besten Weg, mich umzudrehen und Ginas Idol sitzenzulassen.
"Diamond bringt uns um", fügte er hinzu. "Intervention gegen Tod."
"Haben wir momentan Geheimnisse, die für uns gefährlicher werden könnten als Diamonds Zorn?", fragte ich und lugte um ihn herum, um zu kontrollieren, dass Misty uns noch nicht in Augenschein genommen hatte.
"Wir haben noch nicht über vorhin geredet." Victor hob einen Finger nach oben.
"Ich habe noch nicht gesagt, wo ich war", fügte ich hinzu.
Victor hob den zweiten Finger, gleich darauf einen dritten. "Ich habe dir nie gesagt, warum ich dich aus dem Gefängnis geholt habe."
Ich winkte ab. "Das weiß ich seit du und Lake mich in deinem Apartment gezwungen habt, euch von der Organisation zu erzählen."
Victor winkelte den Finger wieder an. "Du hast es mir nie vorgeworfen."
"Ich habe zwischen der Manipulation, dem Gefängnis und diversen Schießereien nicht die Zeit gefunden."
Ich sah wieder zu dem Tisch, an dem Misty und ihr Freund saßen. Gesessen hatten. Mit einem breiten Lächeln kam Misty uns entgegen. "Di hat mich gewarnt, dass ihr euch drücken wollt."
Victor hielt einen Moment inne, dann klappte er auch die letzten beiden Finger weg und drehte sich schicksalsergeben um.
"Wieso ist er hier?", fragte ich und wies mit dem Kinn auf Alex.
Misty schürzte die Lippen. "Er dachte, dass ich das Opfer werde, sobald ihr beide mit euren Problemen auflauft."
Alex hob die Hände, verteidigte sich aber nicht mündlich. Es war nicht nötig - Misty konnte gar nicht übertreiben, sie musste sich Dank ihrer Gabe penibel an das Gesagte halten.
"Wollt ihr nicht ins Café kommen?", fragte Misty.
Victor und ich schwiegen verbissen. Ein Nein wäre unhöflich, ein Ja gelogen.
Im Vorbeigehen an einem Nachbartisch langte ich nach einem verschließbaren Zuckerstreuer, der sich angenehm kalt in meine Hand schmiegte, bereit, anstelle meiner Handflächen zerkratzt zu werden, sobald mir die Wahrheit zu weit ging. Wir nahmen nebeneinander Platz, gegenüber von Misty und Alex.
"Wieso seid ihr hier?", fragte Misty, stützte ihre Unterarme auf den Tisch und sah uns ernst an. Victor warf mir einen Seitenblick zu. >Lake wird uns die Welt vor die Füße legen, damit wir ihr das hier erzählen.<
"Unterhaltet ihr zwei euch gerade?", fragte Misty und wedelte mit einer Hand zwischen uns hin und her. Sie nahm das wirklich ernst.
Victors Kiefer war verbissen, während ich meine Aufmerksamkeit dem Zuckerstreuer auf unserem eigenen Tisch widmete.
"Wieso seid ihr hier?", wiederholte Misty geduldig.
"Weil Diamond uns gedroht hat", antwortete ich wahrheitsgemäß.
Alex presste die Lippen aufeinander.
"Warum wollte Diamond, dass ihr kommt?"
Meine Antwort fiel gleichbleibend kurzbündig aus. "Komunikative Schwierigkeiten."
Alex lachte schnaubend los. Misty funkelte ihn an. "Wenn das schon so los geht, dann gehst du doch lieber gleich!"
Alex nickte, richtete sich auf und bekam seine Gesichtszüge in den Griff.
"Wann habt ihr euch zum letzten Mal angelogen?"
Wieder wechselten wir einen Blick. "Vor ein paar Stunden?", tippte Victor.
"Wer war es, der die Lüge erzählt hat?"
Das war leicht. "Wir haben uns beide angelogen."
Misty nickte. "Und weshalb? Worum ging es?"
Victors Blick fiel auf meine Hände, die den Zuckerstreuer bearbeiteten. Seine Mundwinkel zuckten. Er selbst hatte die Hände zu Fäusten geballt.
"Und?", fragte Misty und zog die Augenbrauen abwartend hoch.
"Ich wollte Tiger mit Hilfe meiner Gabe dazu zwingen, ihr Leben zu retten, sollte etwas schief gehen." Ich konnte Victor ansehen, wie sehr es ihm missfiel, unsere Privatangelegenheiten vor zwei mehr oder weniger Fremden darzubreiten. "Hat nicht funktioniert."
Gina hätte mich darauf aufmerksam gemacht, dass Misty keinen Moment entsetzt, geschockt oder abgeschreckt wirkte. Sie nahm die neue Information diplomatisch und ohne mit der Wimper zu zucken auf.
"Worin genau bestand die Lüge?"
"Ich habe behauptet, dass ich fliehen würde", gestand ich. "Damit er nicht noch mal versucht, mich zu kontrollieren."
Während Misty ihr Mienenspiel fabelhaft unter Kontrolle hielt, konnte man das gleiche nicht von ihrem Freund behaupten. Alex' Gesichtsausdruck schwankte zwischen Entsetzen und Unglauben.
"Und was hast du für eine Lüge erzählt?"
Victor warf mir einen triumphierenden Blick zu. "Ich habe nicht gelogen. Ich habe nur nicht die ganze Wahrheit erzählt."
>Sei froh, dass ich nicht Lake bin, sonst würde der Zuckerstreuer deinen Kopf kennenlernen<, bemerkte ich.
>Ist das das Du, das nicht gespielt ist?<, spottete er.
>Das ist das Ich, das Misty gleich kennenlernen wird. Wenn ich eine andere Person bin, kann sie mich keiner Lüge bezichtigen.<
"Tiger, Victor, ich kann das nur weiterführen, wenn ihr aufhört, euch hinter meinem Rücken zu unterhalten, euch darauf einlasst und es ernst nehmt. Ich weiß, dass ihr beide mächtige Vertrauens- und Wahrheitsprobleme habt, aber ich versuche, euch zu helfen."
Wir widmeten unsere Aufmerksamkeit wieder auf Misty.
"Was genau hast du getan?", wollte sie von Victor wissen.
Wir hätten gehen sollen. Das tat keinem von uns gut.
"Ich habe ihr nicht erzählt, dass ich versucht habe, sie zu kontrollieren."
Alex' Blick wurde immer entsetzter.
"Könnt ihr euch noch daran erinnern, was die erste Lüge war, die ihr euch gegenseitig erzählt habt?", wollte Misty wissen.
Ich wickelte meine verkrampften Finger um den Zuckerstreuer. "Ich habe behauptet, Freunde von mir hätten mich aus dem Gefängnis geholt."
Misty sah  Victor fragend an.
"Was habe ich gesagt?", fragte er mich.
Im Gegensatz zu ihm konnte ich sämtliche Unterhaltungen rekapitulieren, die wir je geführt hatten. "Du hast behauptet, wir würden uns gegenseitig die Wahrheit erzählen. Insofern warst du der erste, der gelogen hat."
"Was passiert ist, nachdem du uns mehr als eine Woche lang nichts erzählt hast, uns etwas vorgespielt und uns manipuliert hast", konterte er.
"Das wusstest du damals aber noch nicht", entgegnete ich. "Den Großteil jedenfalls."
Misty sah zufrieden mit sich und der Welt aus. "Seht ihr, es ist ganz einfach. Ihr könnt euch nicht vertrauen, weil eure komplette Beziehung auf Lügen aufbaut."
Weder Victor noch ich schenkten ihr Aufmerksamkeit. "Ich wusste, dass du nichts sagst, dass du spielst, und dass du kein Wort darüber verloren hast, warum du das mit Mara Andelier gemacht hast, ist mir auch aufgefallen."
"Wenn wir davon ausgehen, dass es nicht als Lüge zählt, dass wir uns überhaupt erst kennengelernt haben, weil du mich als Machtquelle ausnutzen wolltest, dann zählt das auch nicht", hielt ich dagegen.
"Hey!" Misty hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. Wir sahen sie an. "Das hier ist eine koordinierte Konfrontation, kein sinnloses Beleidigen. Und es geht nicht nur spezifisch um Lügen, sondern um alles, das eure Beziehung langfristig belastet. Und dazu gehören auch Manipulation, Ausnutzung, das Verschweigen der Wahrheit und jegliches Vorspielen. Victor, ich möchte, dass du Tiger erklärst, welche der eben genannten Handlungen ihrerseits eine solche Belastung sein könnten. Tiger, ich möchte, dass du zuhörst, ohne ihn zu unterbrechen."
Wir wechselten einen Blick, dann standen wir in wortlosem Einverständnis auf. Ich stellte den Zuckerstreuer auf den Tisch.
"Was wird das?", fragte Misty argwöhnisch.
"Tut mir leid-", fing Victor an, doch sie starrte ihn mit bohrendem Blick an. "Lüg nicht. Das tut weh."
Er blieb für einen Moment stumm, überlegte sich, wie er sich ausdrücken könnte, ohne eine Lüge einzubauen. "Wir halten nichts von dieser Art von Intervention", erklärte er, sich jedes Wort sorgfältig zurecht legend. "Das wird uns nicht weiterbringen. Wir kommen damit klar, was zwischen uns passiert ist. Falls wir darüber reden müssten, welche Lügen was ausgelöst haben, tun wir es unter uns."
Misty zuckte mit den Achseln. "Wenn ihr meint, dass es euch besser tut. Macht's gut. Grüßt Di von mir."
"Danke für deine Zeit", meinte Victor diplomatisch. Da ich nicht wusste, ob eine solche Floskel als Lüge gelten konnte, hielt ich den Mund.
"Larsa und die Murphy-Brüder werden nichts gegen uns unternehmen", erklärte ich, sobald wir Mistys Radar verlassen hatten. "Larsa behauptet, sie hätte euch gesucht, weil sie Bohrak Leddison kannte. Sie sagt, sie wollte euch darauf aufmerksam machen. Als sie gefangengenommen und von Lake unter ihre Kontrolle gebracht wurde, hat sie das Vertrauen in euch verloren. Sie dachte, ihr wäret genauso. Also ist sie zu Rahel gezogen, um sie vor der Organisation zu schützen. Sie sagt aus, dass sie sich in Ben verliebt hat, Rahel deshalb auslieferte und nach Bens Tod zu Besinnung gekommen sei."
Victor nahm das Gesagte auf. "Glaubst du ihr?"
"Ich weiß nicht. Aber ich glaube, dass sie es nicht riskieren wird, noch einmal negativ aufzufallen."
"Wärst du gegangen, hätte ich dich verfolgt?"
Wir befanden uns nicht mehr in Mistys Nähe - ich könnte mit dem Lügen wieder anfangen. Doch bei einer Sache hatte sie recht; eine Beziehung, die auf Lügen aufgebaut war, konnte nicht funktionieren. Nicht, wenn die Lügen an jeder Ecke lauerten, bereit, dass jemand drüberstolperte.
"Ja. Wenn mir deine Nähe gefährlicher wird als die Distanz, würde ich immer noch gehen, solange du es überlebst." Ich sah ihn an. Ich heuchelte keine Reue, keine Scham. Ich musste sehen, wie er reagierte, musste abmessen sollen, was mein Geständnis in ihm auslöste. "Mein eigenes Wohl wird bei mir nur an zweiter Stelle kommen, wenn dein Leben bedroht ist. Wenn es darum geht, ob du lebst, oder ich, dann würde ich dich wählen. Aber solange es nicht darum geht, würde ich immer abhauen, um meine Unversehrtheit zu bewahren."
Er verschränkte seine Finger mit meinen.
Ich wusste, dass es jetzt die Zeit wäre, es ihm zu gestehen. Wenn ich nicht jetzt damit herausrückte, wäre es für mich gefährlicher, als wenn ich es über mich brachte.
"Ich weiß nicht, ob ich jemals lieben kann." Ich bearbeitete seine Hand mit meinen Fingern. "Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder zu starken Gefühlen fähig sein werde."
Victor machte sich noch  nicht einmal die Mühe, anzuhalten. "Es gibt Wichtigeres als so etwas. Ich bin die wichtigste Person in deinem Leben; wenn das alles ist, zu dem du jemals fähig sein wirst, dir eine Person auszusuchen, in die du dein Vertrauen legst, dann ist es deine Art und Weise zu lieben. Und wenn ich diese Person bin, dann ist es nicht nötig, dass du so etwas sagst oder nur empfindest."
Ich fügte nicht hinzu, wie lange ich schon wusste, dass meine Gefühle vielleicht niemals wieder in voller Stärke zurückkehren würden. Ich sagte ihm nicht, dass ich es ihm erst jetzt gesagt hatte, weil es mir während unserer Gefangenschaft zu riskant gewesen war. Wenn er es nicht schon wusste, dann war es nicht wichtig.
Ich brachte mich davon ab, ihn zu fragen, wie wichtig ich für ihn war.
Victor sah mich aus dem Augenwinkel an. "Hör auf, dir Fragen zu verkneifen."
Ich starrte auf unsere verschränkten Hände. Meine Finger hatten rote Spuren auf seinen hinterlassen. "Bist du fähig, mich zu lieben?"
Er legte einen Arm um meine Schultern, zog mich an sich, küsste mich auf den Kopf. "Bin ich."

Wir konnten Lake schon sehen, als wir durch die Tür in das Flughafengebäude kamen. Sie hockte verloren auf der noch lahmliegenden Gepäckausgabe, hatte ihre Füße nur mit dem Zehenspitzen auf den Boden gestellt und warf mit Kieselsteinen auf ein Schild, das etwa zwanzig Meter entfernt an der Wand hing.
Sie stand nicht auf, als wir kamen, doch ihre Augen verfolgten uns abwesend. Ihr Gesicht war eingefallen und fahl, ihre Schultern zusammengesackt und sie trug ihre Maske nicht. Ihre Augen waren rot unterlaufen, als habe sie geweint.
Victor beschleunigte seine Schritte, ließ mich zurück und eilte auf seine beste Freundin zu. Sie erhob sich, stand etwas unschlüssig da, während er auf sie zukam.
Fest nahm Victor sie in den Arm, und Lake legte ihren Kopf auf seine Schulter. Ihre Arme schlangen sich um ihn, als bräuchte sie jemanden, an dem sie sich festhalten konnte. Sie zitterte stark.
Victor fragte nicht, er hielt sie einfach. Lake presste die Augen aufeinander, weil sie nicht wollte, dass jemand sah, wie sie weinte, doch zwei Tränen quollen unter ihren geschlossenen Lidern hervor. Ihre Lippen waren aufeinandergepresst, an den Stellen, auf denen sie herumgekaut hatte, trat Blut hervor.
Ich hielt Abstand, wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte, dass Lake meine Freundin wurde. Doch ich wollte Victors Reaktion nicht sehen, wenn ich diese Situation ausnutzte.
"Wer ist es?", fragte Victor, als sie einen Schritt zurücktrat und sich über die Augen wischte.
Lake sah nahezu zierlich aus, ihre Schultern soweit hochgezogen, dass ihre Schlüsselbeine einen Hohlraum zeigten. Rote Flecken bedeckten ihre sonst fahlen Wangen.
"Mein Vater", flüsterte sie. Ein ersticktes Schluchzen drang aus ihrem Mund, ihre Kehle zuckte. Sie zog die Augenbrauen zusammen, ihr Mund öffnete sich, doch kein Laut drang heraus. Sie wandte sich ab, stolperte gegen die Gepäckausgabe. Ihre Arme waren um ihren Körper geschlungen. "Sie haben seine Leiche gefunden. Sein Einsatz im Sudan ist schiefgelaufen."
Zum ersten Mal konnte ich einen Anflug von Qual in Victors Augen sehen, als er seine beste Freundin leiden sah. Lake krallte ihre Hände in ihren linken Arm, da, wo die Narben waren.
"Wo ist Will?", wollte Victor wissen.
Sie sah ihn verzweifelt an. "Ich habe es ihm nicht gesagt." Ein Schluchzen schüttelte ihren Körper. "Er würde sich nur Sorgen machen."
Ich konnte mich daran erinnern, wie sich dieser Schmerz anfühlte. Ich konnte mich daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, als ich Nannys Leiche gesehen hatte, als ich Gina hatte sterben sehen.
Als Gina starb, hatte ich es Rahel nicht erzählt. Hatte nicht ansehen wollen, wie die Worte zu ihr durchdrangen. Ich konnte nachvollziehen, warum Lake es William verheimlichte.
Victor nicht. Er nahm Lakes Schultern, richtete sie auf. "Lake, Will sollte sich Sorgen machen", sagte er. "Es ist seine Aufgabe, sich Sorgen zu machen. Es ist seine Aufgabe, dir zu helfen."
Sie legte ihren Kopf in den Nacken. Starrte an die Decke. Ihr Adamsapfel hüpfte. Sie atmete durch. Straffte die Schultern. Ihr liefen immer noch Tränen über das Gesicht, doch sie schluchzte nicht mehr.
"Du sagst es ihm nicht", bat sie, ohne die gewöhnte Härte in ihrer Stimme.
Victor verzog das Gesicht, aber er nickte. "Du musst es ihm sagen", beschwor er.
Lake sog die Luft scharf durch die Nase ein. Ihr Mund zuckte, aber sie schaffte es, das Schluchzen herunterzuschlucken. "Er findet es schon irgendwann heraus."
Während ich zusah, wie viel Vertrauen zwischen Victor und Lake herrschte, bemerkte ich, dass es für mich nicht mehr wichtig war, dass er mich über sie stellte.
Wenn Lake auf die Idee käme, mich zu bedrohen, dann würde ich mich selbst wehren können. Doch sie war für ihn wichtig. Und er war für mich wichtig.
Ich konnte für mich selbst einstehen, so wie ich es die letzten 26 Jahre meines Lebens getan hatte. Ich war nicht davon abhängig, dass er mich verteidigte. Ich würde Lake nicht töten, doch wenn sie mich angriff, würde ich mich zu verteidigen wissen.
Von selbst.

















Reaching Tiger (Die Macht der Seelen-FF)Where stories live. Discover now