Tradition

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Arizonas Sicht

¨...also noch einmal¨, forderte ich Aileen auf. ¨Ich tanze schon mein Leben lang, Stacy turnt und ich habe sie trainiert, nachdem ich aufgehört habe auf der öffentlichen Bühne zu tanzen. Du warst meine Trainerin und beste Freundin. Und aufgehört habe ich wegen Anderson. Als alles herausgekommen ist und schlimmer wurde, haben wir uns entschieden hier her zu ziehen. Das letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich im neuen Bett einschlief und ziemlich schiss vor dem nächsten Tag hatte: Erster Schultag an der neuen Schule. Und dann nur noch schwarz¨. ¨Na wenigstens etwas¨, sagte ich aufmunternd. ¨Ja, kannst du meine Eltern anrufen? Und Stacy? Ich habe sie seit dem Krankenhaus nicht mehr gesehen und...¨, fragte sie. ¨Sicher, geh schon einmal rein und erzähl es den anderen, ich ruf sie an¨. Ich wählte die Nummer und wartete bis sie abhoben. Der Arzt meinte, Aileen sollte von alleine den Wunsch äußern sie wieder zu sehen und jeden Tag wartete ihre Familie darauf von mir angerufen zu werden. ¨Hey, es ist soweit, ihr könnt in etwa einer Stunde kommen. Aber sie kann sich nur...¨, erklärte ich noch kurz und ging dann rein zu den anderen. ¨Also ich finde, wir brauchen Kuchen!¨, rief ich und ein paar Minuten später war der Tisch mit Kaffee und Kuchen gedeckt. Aileen machte sich noch frisch und als es dann klingelte machte sie fröhlich auf und umarmte alle. Stacy sah wirklich herausgeputzt aus. Wie alt war sie gleich? 13? 14? Sie setzten sich als eine Familie hin und fingen an zu reden. Aber über das, was nach dem Umzug alles passierte, verlier keiner ein Wort. ¨Hey, Ari, komm hoch!¨, rief Nash mir von der Treppe aus zu. Es sollte wohl leise sein, aber man konnte es trotzdem im ganzen Haus hören. Lächelnd und kopfschüttelnd lief ich die Treppe hoch. ¨Was gibts?¨, fragte ich in die Runde. Alle saßen in Nash und Ambers Zimmer. ¨Erstens: wir müssen planen wann wir umziehen, zweitens: Cameron wird morgen 18! Das muss gefeiert werden!¨, rief Matt. Shawn war nicht hier. ¨Ja, genau, und deswegen müssen wir einkaufen!¨, rief Mery aufgeregt. ¨Okay, also wann gehts los? Sollen wir jetzt gleich gehen oder noch auf Aileen warten?¨, fragte Amber. ¨Geht lieber gleich, wir Jungs bringen den Party Platz am Strand auf Fordermann¨, sagte Carter.

Wir hatten alles Mögliche für den perfekten BBQ-Abend eingekauft, und vieles mehr. Skylynn, die in letzter Zeit ziemlich ruhig geworden ist blühte zum Glück wieder auf. Und sie schlief auch, als es die Auseinandersetzung zwischen Cam und Shawn gab. Sie durfte sich auch neue Spielzeuge holen. Als wir dann endlich wieder mit vollen Tüten wieder zu Hause waren, waren die Jungs auch schon fertig. Sky, Xenia, Natalie und ich waren gerade dabei Cams Kuchen zu backen, als mir auffiel, dass er gar nicht da war, er schlief auch nicht hier. Aber Shawn kam mitten in der Nacht.

Camerons Sicht

Ich packte gerade meine Sachen, den Rest wollte ich am nächsten Tag noch holen. Morgen, mein 18. Geburtstag,  wie ich ihn verabscheue. Aber eigentlich sollte ich doch froh sein. Es tat mir immer mehr weh, sie zu sehen. Zu wissen, dass ihre Lippen einem anderen gehört haben bringte mich fast um. Ich hatte bereits mit meinem Dad telefoniert. Mom hatte geweint. Sie wollten eigentlich kommen, hatten aber keinen Flug mehr bekommen. Der Anruf bei meiner Schwester war schon fast schlimmer. Aber sie versprach, mit an den Flughafen zu kommen.

Ich legte mich schlafen, aber der Schlaf war alles andere als ruhig, aber ich schlief bis mittags. Ich wollte wenigstens noch ein Mal ausschlafen. Ein bisschen Zeit für mich. Nachdem ich geduscht hatte und nur in Boxershorts frühstückte bekam ich eine Nachricht von Nash: Cameron, willst du nicht langsam wieder kommen?. Nein, eigentlich nicht. Aber ich riss mich zusammen und fuhr am späten Nachmittag schon mit meinem Gepäck zum Strandhaus zurück. Mir war klar, dass die anderen etwas für mich vorbereitet hatten, das haben Nash und ich uns schon als Kinder versprochen: Geburtstage werden immer gefeiert.

Ich tat so, als wäre ich überrascht und fröhlich als ich die Party am Strand sah. Jeder gratulierte mir, auch Shawn. Skylynn schenkte mir ein selbst gemaltes Bild. Es zerriss mir das Herz, zu wissen, dass ich die Kleine für eine Zeit lang nicht sehen werde. Und das Bild wird mitkommen und immer bei mir sein. "Danke schön, Prinzessin", sagte ich und kitzelte sie spielerisch. Dann kam Aileen. Sie war total schüchtern und murmelte "Alles Gute, Cam. Es...". "Ist schon in Ordnung", flüsterte ich und streichelte ihr über das Gesicht. Ich fürchtete, sie wird sich nie mehr an alles erinnern. "Nein, ist es nicht! Ich verletze dich, und das hast du nicht verdient", ihr standen Tränen in den Augen. Ich wollte sie so gern in den Arm nehmen, ein letztes Mal, aber sie lief weg und ich konnte nur noch ihren Arm streifen. Ich sah sie für den Rest des Abends nicht.

"Nash, kommst du mal kurz?", fragte ich. Er nickte und wir stellten uns etwas abseits hin. Ich musste es wenigstens ihm sagen "Du...du weißt doch noch, was ich meinem Dad versprochen habe als wir 14 waren, oder?". Seine Augen weiteten sich "Nein". "Doch", fuhr ich fort "Doch, mein Flieger geht morgen. Bitte sag den anderen nichts bevor ich gegangen bin, es ist einfacher so". "Wohin? Wie lange?", fragte er immer noch perplex. "Afghanistan. Ich weiß nicht genau wie lange. Erst ist dort eine Art Trainingscamp und dann...du weißt schon", ich wollte es nicht aussprechen. "Musst du das tun? Ich meine, du hast doch angegeben, es nur zu tun wenn sie Soldaten brauchen, oder?", fragte er verzweifelt. "Du weißt, es ist eine Tradition in meiner Familie. Und ja, sie brauchen mich Nash".

Aileens Sicht

Ich lief irgendwann nicht mehr, ich rannte. Und die Tränene in meinen Augen brannten. Es war unfair Cameron gegenüber. Was auch immer ich getan habe, es war falsch, das spürte ich. Aber was? Etwa zehn Meter vor mir stand eine kleine Hütte im Wasser. Ich lief den kleinen Steg zur Tür entlang, voller Neugier wollte ich klopfen, aber irgendetwas stimmte nicht mit mir. Ich versuchte zu atmen, rang nach Luft - vergeblich. Eine Welle von Sehnsucht nach etwas überwältigte mich. Ich fiel auf die Knie und nach weiteren Minuten in denen ich innerlich brannte, unfähig zu schreien, sackte ich zusammen und wurde bewusstlos.

Broken Glass (MagCon)Where stories live. Discover now