Memories

1.9K 65 1
                                    

Aileens Sicht

Ich schaute schon wieder auf die Uhr. Erst eine halbe Stunde um. Ich lag bereits gefühlte Stunden wach in diesem Fremden Bett und konnte nicht mehr einschlafen. Es war erst halb acht. Na ja, eigentlich hatte ich lange geschlafen, aber trotzdem. Ich entschloss mich dazu, aufzustehen und das Haus zu erkunden. Aber zuerst zog ich mir diese hässliche Krankenhauskleidung aus, duschte in dem großen Bad und zog mir ein normales weißes Top mit Shorts an. Was für eine Stilrichtung hatte ich überhaupt? Die Sachen fand ich in dem Schrank, dass ihn dem Zimmer stand in dem ich geschlafen hatte. Dann fiel mir auf, dass ich nicht einmal wusste, wie ich genau aussah. Ich ging zurück ins Bad und betrachtete mich verwundert im Spiegel. Goldene Beach Waves, hohe Wangenknochen, geschwungene Lippen und Schokoladenbraune Augen. Sommersprossen und einen sonnengeküssten Teint. Oh...ich hatte mich total falsch eingeschätzt.

Ich lief die Treppe runter, in die Küche und dann ins Wohnzimmer. Dort lag er. Ich wusste ja nicht einmal wie er heißt! Er schlief auf der Couch, nur in Boxershort. Ich musste kurz inne halten und ihn anstarren. Sein Rücken war zum sterben heiß. Ich riss mich zusammen, denn jetzt wusste ich, was ich tun wollte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Jungs viel über mich weiß. ¨Hey...¨, flüsterte ich. Er war sofort wach und sah mich direkt an. ¨Kannst du mir erzählen wer ich bin?¨, fragte ich unsicher. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.

Etwa 15 Minuten später saßen wir zwei in einem Land Rover und fuhren auf der Insel Magony zu einem Ort, von dem ich noch nichts wusste. ¨Du heißt...¨. ¨Cameron¨, er lächelte gezwungen. ¨Tur mir leid¨, murmelte ich. ¨Nein, es ist gut das du fragst. Es ist nur komisch und...¨, und es tut weh. Beendete ich den Satz in Gedanken. Ich tue Leuten wie Cameron weh, das haben sie nicht verdient. Wir hielten vor einem großen Familienhaus. ¨Du willst alles über dich wissen, und ich verspreche dir, ich werde dir alles erzählen. Ich dachte, vielleicht hilft es ja, wenn du ein Bild von deinem Haus, deiner Schule etc. hast. Und hey¨, er sah mir fest in die Augen ¨Ich werde alles versuchen, damit du deine Erinnerung wieder bekommst¨. Ich konnte die Wahrheit in den Worten heraus hören. Cameron fing an, mir meine Lebensgeschichte zu erzählen.

Er erzählte mir, dass ich davor auf dem Festland in Californien lebte, dass ich Tänzerin war, meine Schwester Turnerin, Arizona, wie wir uns erst auf einer Strandparty kennengelernt hatten, was dort geschah, bis hin zu dieser Girl Gang und...Anderson. Stacy, San Francisco, das Strandhaus, bis hin zur Haussuche und meiner Entführung, einfach alles. Wir fuhren an unserer Schule vorbei, dem Strand, meiner Lieblingspizzeria und saßen nun in meinem Lieblingscafé mit Latte Machiatos vor uns.  Es mussten Stunden vergangen sein und ich bekam immer mehr Dinge erzählt, die ich über mich selbst erfuhr und versuchte zu merken. Ich war eigentlich recht froh mich nicht mehr an meine Entführung erinnern zu können, aber den Rest meiner Erinnerungen würde ich gerne wieder wissen. Außerdem zeigte mir Cameron immer ein Bild von einer Person und sagte mir den Namen. Mittlerweile wusste ich zumindest, mit wem ich zusammenwohnte. Meine Eltern und meine Schwester kannte ich auch. Und Arizona. Aber irgendetwas stimmte an der Geschichte nicht. An manchen Stellen waren zu wenig Details. Da leuchtete es mir ein ¨Wir waren zusammen, oder?¨, flüsterte ich etwas geschockt. Er nickte ¨Ja, es stimmt. Ich wollte es dir nicht sofort sagen, damit du keine Schuldgefühle mir gegenüber hast¨. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Es fühlte sich wie ein Stich ins Herz an. ¨Erzähl es mir bitte trotzdem¨. Und nachdem er einmal tief ein und aus geatmet hatte fing er an, die Lücken meiner Geschichte zu füllen. Und noch vieles mehr. Ich konnte mir nicht vorstellen noch Jungfrau zu sein. Als er fertig war konnte ich ihn nicht mehr ansehen. Er hatte Recht, Schuldgefühle stiegen in mir auf. Es war offensichtlich, dass Cam mich liebte, aber ich...ich fühlte nichts, rein gar nichts. ¨Es tut mir wirklich leid, dass du das ganze mit mir erleben musstest. Und ich bin dir dankbar, dass du mir anscheinend viele, tolle Momente geschenkt hast¨.

In den nächsten Tagen ließen mir die anderen Freiraum und ich war ihnen wirklich dankbar dafür. Ich distanzierte mich aber mehr von Cameron, ich weiß, dass es ihm weh tat, mich zu sehen und ich wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen. Es war schrecklich, ein Dilemma. Einerseits verlangte alles in mir nach ihm, andererseits sagte mein Verstand mir, dass ich ihn kaum kannte. Mein Herz...sagte mir gar nichts. Ich wollte nicht wissen, wie schwer es die anderen mit mir hatten. Ich versuchte kein Problem zu sein und verzog mich in meinem Zimmer. Eigentlich ja unser Zimmer, von Cam und mir. Ich wollte mich wieder an alles erinnern, wieder mein altes Ich sein. Ich hasste mich dafür. Ich wusste zwar, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte, aber ich konnte es nicht glauben, nicht abspeichern. Ich suchte im Internet nach Wegen, fand aber keinen hilfreichen. Ich steigerte mich so sehr in meine Verzweiflung rein, dass ich nur noch zweimal am Tag, dann, wenn die anderen hoffentlich nicht in der Küche waren, aß und mich den Rest der Zeit ins Bett verkroch. Eines Nachts wachte ich wieder schweißgebadet auf. Und ich konnte mich nie an meine Albträume erinnern. Aber als ich merkte, dass ich wieder fast gar nichts wusste geriet ich in Panik. Ich kramte in meinen Erinnerungen, aber fand nur diese Informationen: Ich lebte hier, ich hatte mein Gedächtnis verloren, nachdem ich entführt wurde, ich wusste noch wer wer ist aber mehr nicht. Doch, eins noch, ich wusste, dass ich es doch noch einmal wusste, dank Erzählungen. Und jetzt war es wieder wie ausgelöscht. Ich überreagierte total und rannte runter. Es reichte mir. Ich wollte nicht mehr Leben. Es hatte keinen Sinn mehr. Ich werde immer wieder meine Erinnerungen verlieren, es sei denn, ich komme von alleine drauf. Ich fühlte, dass ich mit dieser Annahme richtig lag. Aber ich bezweifelte, dass das jemals passieren würde.

In der Küche stand ich nun. Verwirrt, ängstlich, aufgelöst und ganz sicher nicht bei Sinnen. Ich riss alle Schubladen auf, bis ich das fand, was ich suchte. Das größte und schärfste Messer. Ich nahm es in die Rechte Hand und schaute aus dem Fenster. Der Mond schien auf mich. Ich hob meinen Arm und schloss die Augen. Ich war bereit. Doch auf einmal spürte ich eine warme Hand auf meiner die das Messer hielt. Jemand stand hinter mir und hielt mich davon ab mich zu befreien. Nein, nicht irgendjemand. Er.

Broken Glass (MagCon)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora