Kapitel 47

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Elias' POV.:

Rastlos suchten meine Augen pausenlos den Himmel nach irgendeinem Zeichen ab. Nach zurückkehrenden Phoenixen oder den Suchtrupps, die ich nach Xavina losgeschickt hatte. Niemand kam zurück.

Die Reparaturarbeiten am gläseren Boden zogen sich schleppend von statten und die Berater hatten mich darüber informiert, dass es wahrscheinlich noch viel länger dauern würde, bis sich der Boden zu seinem alten Glanz zurück erholt hatte.

Mein Blick blieb an einem schwarzen Schatten am Himmel hängen. Der kleine Fleck wurde schnell größer und bald erkannte ich ihn als Xavinas Drachen. Hoffnung stieg in mir auf.

Er würde nicht ohne sie zurückkehren. Drachen waren keine treuelosen Geschöpfe, wie manch andere.

Ohne das sich nähernde Wesen auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, wandte ich leicht den Kopf und rief nach Petr. Der Mogronus kam sofort eilig durch den Saal getrippelt. Ich hörte es an seinem lahmen Bein, das er dem Einsturz des Bodens vor zwei Dunkelperioden zu verdanken hatte.

Es war schon zwei Mal der leuchtende Himmelsplanet an den spöttisch, blau strahlenden Himmel getreten.
Zwei Tage und zwei Nächte, die Xavina ohne meinen Schutz auf Smorix verbracht hatte.

Wenn sie diesen Sturz von dem Wasserfall überhaupt überlebt hat, hauchte eine leise, düstere Stimme in mir. Doch ich zwang sie mit aller Gewalt aus meinem Kopf. Schlechte Gedanken brachten auch schlechte Ergebnisse, hatte Hailee mir als ich klein war immer gesagt, wenn ich nicht zum Training wollte.

Obwohl dort besser gepasst hätte: wer ruht, der rostet, egal welchen Alters.

„Hoheit", japste Petr atemlos, trotz des kurzen Stücks.

„Siehst du das auch?", murmelte ich angespannt und nickte in Richtung des inzwischen deutlich sichtbar werdenden Drachen.

„Ja, Hoheit. Wollt Ihr Euch nicht ausruhen? Ich kann die Wächter holen..."

Mit einem eisigen Blick brachte ich ihn zum Schweigen. „Ich erinnere dich zwar nur ungern; aber wie du wissen solltest, habe ich selbst mehr als erfolgreich meine Ausbildung als Wächter abgeschlossen. Somit bin ich sehr gut in der Lage selbst auf mich aufzupassen, wenn dies deine Sorge war."

Demütig senkte er die Augen und schüttelte hastig seinen Kopf. „Aber nein, Hoheit! Ich hätte niemals an Euren Fähigkeiten, geschweige denn Eurer Person gezweifelt. Es ist lediglich..." Er spähte vorsichtig hoch, doch als er meinen Blick bemerkte, sah er schnell wieder auf den Boden.

Ich verlagerte das Gewicht auf mein anderes Bein und verschränkte wartend die Arme, während ich meine Augen zurück auf mein eigentliches Ziel lenkte.

„Es ist so, Ihr müsst Euch dringend ausruhen, Hoheit. Zwei volle Dunkelperioden, samt Tageszeiten ohne Schlaf, oder Wandlung, können verheerend sein", fügte er unheilverkünden hinzu und warf mir einen eindringlichen Blick zu, den ich nur aus dem Augenwinkel mitbekam.

Jedoch hatte ich nun keineswegs vor auf seine Bedenken einzugehen, auch wenn ich sie nur zu gut nachvollziehen konnte. Schließlich war es das letzte Mal, als ich so lange in meiner halbmenschlichen Gestalt, mit lediglich Flügeln, als Zugeständnis meines wahren Aussehens, verbracht hatte, nur haarscharf nochmal gut gegangen.

Spätestens im Schlaf nahmen wir unsere wahre Gestalt an, was nicht nur der Energiezuführung diente, sondern es auch möglichen Angreifern erschwerte sich anzunähern.

Damals war ich vierzehn Erdjahre und der festen Überzeugung, ich könnte mein Wesen mit einzig und allein meiner Überzeugungskraft und Stärke beherrschen. Ich hatte es gerade mal einen halben Tag geschafft mich nicht zu Wandeln. An dem Abend hatten Juna und ich unser tägliches Training. Das wäre nicht weiter problematisch gewesen, hätte sie mich nicht wie so oft zur Weißglut gebracht, sodass ich schließlich Wut schnaubend wortwörtlich explodierte und meine wahre Gestalt aus mir hervorbrach.
Das heißt, zu diesem Zeitpunkt sind wir voll und ganz Fireflyer, Raubtiere auf der Jagd, selbst unter uns, waren wir Feinde.

Juna hatte keine Chance, denn schon davor war mein Wesen beeindruckend. Riesige, lederne Schwingen besetzt mit messerscharfen Krallen an den Seiten. Meine Haut verfärbte sich pechschwarz und aus meiner Stirn wuchsen gebogene Hörner. Einzig und allein an den Fingern fehlten mir Krallen, um die perfekte Ausgeburt der Hölle abzugeben.

Doch an diesem Abend verwandelte ich mich in den zukünftige Thronfolger von Smorix Oswone. Einem würdigen Nachfolger. Meine Augen färbten sich golden, während mir spitze Reißzähne wuchsen und ich auch ein Stückchen größer wurde.

Das Erstaunliche war, dass sich meine Flügel auch nach der Wandlung nicht mehr zurückbildeten. Auch die goldenen Augen blieben.
Doch als ich Juna davon erzählte, behauptete diese steif und fest, diese würden lediglich wie die Tiefen einer schwarzen Seele glänzen. Seitdem hatte ich niemanden mehr davon erzählt.

Hailee behauptete, seit diesem Moment wäre ich zum Mann gereift, was mich damals wie heute ziemlich reizte. Doch wahrscheinlich hatte sie sogar Recht, denn meine Schultern blieben breit und meine Körpergröße hielt sich ebenfalls.

Soweit zu den einigermaßen positiven Fakten, die weniger guten waren, dass ich Juna beinahe die Kehle aufgeschlitzt hatte. Zudem hatte ich dem halben Personal meines Stadtschlosses einen so großen Schrecken eingejagt, dass sie der festen Überzeugung waren, sie wären dem Teufel höchstpersönlich begegnet. Danach hieß ich die nächsten Jahre nur noch der »Höllenprinz«.

Sie konnten ja nicht ahnen, wie Recht sie damit hatten.

Ich blinzelte schnell hintereinander, damit die Erinnerungen vor meinem inneren Auge verschwanden. Doch trotz dieses kurzen Moments der Unaufmerksamkeit, war der Drache spurlos vom Himmel verschwunden.

Wachsam überblickte ich die gesamte Stadt und den Wald, meine Gefühle sorgsam in eiserner Hand. Die Anspannung, die mich ergriffen hatte, als ich den Drachen nicht mehr sah, verließ mich sofort, als ich aus dem Augenwinkel die Spitze eines schwarzen Flügels erhaschte. Meine Schultern sackten ein gutes Stückchen nach unten und ich stieß die Luft aus, die ich unterbewusst angehalten hatte.

Der Mogronus neben mir wich erschrocken zurück, als der riesige Drache zum Landen auf den Balkon ansetzte. Entsetzt musterte er das mächtige Geschöpf, blieb jedoch wo er war.

Noch bevor der Drache die Flügel zusammenfaltete, lief ich auf ihn zu. Seinen Rücken im Visier. Er war leer. Mehrmals blinzelte ich und rieb mir über die Augen, schüttelte den Kopf, um einem Trugbild der Schlaflosigkeit zu entgehen.

Starrte hinter den prächtigen Kopf und den muskulösen Hals des Tieres. Sein Rücken war leer. Kein Mädchen mit schwarzen Haaren und stechend, blauen Augen war zu sehen.

Meine Füße begriffen diese Information später, als mein Gehirn es verarbeiten konnte und blieben erst kurz vor dem furchteinflößenden Wesen stehen.

Das konnte nicht wahr sein, schoss es mir fassungslos durch den Kopf. Meine Arme baumelten nutzlos zu meinen Seiten, zum ersten Mal seit langem machtlos.

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Where stories live. Discover now