Kapitel 30

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„Reichst du mir bitte das Salz, Xavina?", fragte Juna mich in zuckersüßen Tonfall und klimperte mich unter ihren langen Wimpern erwartungsvoll an.

Sorgfältig legte ich mein Besteck beiseite, womit ich gerade beschäftigt gewesen war, das Fleischstück auf meinem Teller zu zersäbeln und lächelte sie genauso falsch und breit zurück an. „Selbstverständlich, Juna."

Leider hatte sie sich direkt den Platz neben mir an der Ecke ausgesucht und schien bereits die gesamte Vorspeise ungedulig auf etwas zu warten.

Sie deutete ungeduldig auf ein schmales, schwarzes Fläschchen mit kleinen Löchern, als Öffnungen.
Augenrollend beugte ich mich vor und griff danach.

Hailee, die direkt neben Juna saß, kicherte boshaft.

Ich knallte das Gläschen neben Junas Teller und nahm mein Besteck wieder auf, als wäre nichts gewesen.

Elias unterhielt sich neben mir angeregt mit einem gehörnten Mann mit Engelsflügeln. Nach längerem Grübeln, erkannte ich ihn als einer der Drachenreiter, der ebenfalls auf der Säule stand. Der Teufelsmann.

Aus der Nähe wirkte er noch bedrohlicher und da weder Hailee noch Juna ihn eines Blickes würdigten, obwohl er offensichtlich eine hohe Stellung inne hatte, nahm ich an, dass ich ihm notfalls wohl vertrauen konnte. Er wandte seinen Blick von Elias ab und seine merkwürdigen Augen musterten mich kurz, bevor er mir knapp zunickte. Ich lächelte verhalten und wandte mich wieder meinem Essen zu.

Da stieß Juna einen ohrenbetäubenden Schrei aus und sprang so heftig auf, das der Stuhl mit einem lauten Knallen auf den Boden aufschlug. Sämtliche Gespräche erstarben auf der Stelle und es herrschte betretene Stille, allerdings hielt diese nicht lange.

„Du", kreischte sie mit hoher Stimme und zeigte anklagend mit ihrem langen, blutroten Fingernagel auf mich. Irgendwie verfolgte mich diese Farbe heute. „Wolltest du mich etwa vergiften?"

Ich ballte meine Fäuste und bemühte mich meinen Zorn runter zu schlucken. „Wie bitte?", knurrte ich gefährlich leise.

Gespannt beobachtete die Möchtegern-Adelsgesellschaft das Geschehen.

Junas bleiche Haut bekam rote Flecken auf den Wangen, als sie langsam, vor Wut schnaubend auf mich zu schritt. Bevor sie bei mir ankam erhob ich mich von meinem Platz und wir starrten uns auf Augenhöhe böse an.

„Du hast mir statt Salz Zucker gegeben! Aber da du nur ein dummer Erding bist, weißt du ja sowieso nicht, dass Zucker tödlich für uns ist. Oder hast du das in der Schlossbibliothek rausgesucht, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen, wenn du mich aus dem Weg räumst?", fauchte sie aufgebracht und fuchtelte mit den dünnen Hände vor meinem Gesicht herum.

„Du bist ja komplett durchgeknallt!", zischte ich und zog die Augenbrauen hoch. Jedoch war mir die Lust nach Lachen durch ihren lächerlichen Auftritt vergangen. Zwar konnte ich sie kein bisschen leiden, aber das war noch lange kein Grund, ihren Mord zu planen.

„Meine Lieben", unterbrach uns eine männliche Stimme gelassen. „Es ist doch nichts passiert, also lasst uns alle wieder runterkommen, in Ordnung? Außerdem durfte ich dich dabei beobachten, Juna, wie du unseren lieben Menschen förmlich dazu genötigt hast, dir das schwarze Zuckergläschen zu reichen."

Ich wandte mich langsam dem Sprecher zu, nachdem ich mit Genugtuung Junas verwandelten Gesichtsausdruck beobachtet hatte. Es war der Teufelsdrachenpate. So hatte ich in insgeheim getauft, denn mit seinen Hörnern und den riesigen, schwarzen Flügeln, sah er an dem Tag auf der Säule, als ich mich mit Moon verbunden hatte, verblüffend dem Herrscher der Unterwelt ähnlich. Nicht das ich den persönlich kannte... Zudem hatte dieser wohl keinen Drachen als »Haustier«.

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora