Kapitel 26

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„Juna", röchelte Elias. Das Mädchen warf mir einen triumphierenden Blick zu und stolzierte mit Elias im Schlepptau davon.

Fassungslos starrte ich den beiden nach und wusste nicht, was ich von dem Ganzen halten sollte.

Maas kam mir auf einmal aus einer Seitentür des Schlosses entgegengerannt und fuchtelte wild mit den Händen in der Luft. Doch was war aus dem kleinen, unscheinbaren Mogronus geworden?

Sie hatte wunderschöne, geschwungene Hörner seitlich an ihrem Kopf bekommen und ihre breite Rehnase stand in hübschen Kontrast zu ihren großen, von langen Wimpern umrahmten braunen Augen.

Erstaunt starrte ich sie mit offenem Mund an und sie stützte sich die Hände in die Seiten, während sie japsend nach Luft ran. „Was ist passiert, Mylady?"

„Ähm...", stotterte ich hilflos, „Elias hat irgendwie einen Schwächeanfall, aber so ein Mädchen hat ihn einfach mit ins Schloss genommen. Aber was ist denn mit dir passiert?"

Sie schüttelte den Kopf, als würde sie eine nervige Fliege umkreisen. „Ach, nichts Besonderes. Die Whom-Phase hat endlich eingesetzt, wurde aber auch Zeit!" Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre es nicht weiter wichtig und konzentrierte sich eilig wieder auf den Aspekt mit Elias. „Wer hat ihn weggebracht?", fragte sie scharf.

Ich raufte mir aufgewühlt die Haare. „Keine Ahnung! Ich habe sie noch nie gesehen. Sie hat weiße Haare und weiße Augen, glaube ich zumindest. Da bin ich mir nicht mehr sicher", murmelte ich verwirrt. „Aber was ich sicher weiß, ist das sie kleine Hörner hatte. Kleiner als deine."

Maas verengte die Augen und seufzte erbost. „Diese kleine... ." Darauf folgten wüste Ausbrüche in einer fremden Sprache und ich vermutete stark, dass es sich dabei um Schimpfwörter handelte.

Mit einem Räuspern unterbrach ich sie ungeduldig. „Wer ist sie?"

Maas warf mir einen mitleidigen Blick zu und sagte mit düsterer Stimme: „Juna ist früher mit Elias zusammen im Kampftraining unterrichtet worden. Daher kennen sich die beiden. Sie ist die Tochter von Hailee." Sie fletschte die Zähne und wandte sich auf dem Absatz um. Mit einem Winken bedeutete sie mir, ihr zu folgen.

Wir gingen rasch über den Rasen auf die unscheinbare Seitentür, aus der Maas gekommen war, zu. Sie erläuterte knapp, dass dies der Dienstbotengang sei.
Ich folgte ihr orientierungslos durch die sich kreuzenden Flure und war froh um die kühle Dunkelheit, die jedes Geräusch zu schlucken schien.

Hinter meiner Stirn fing es an zu pochen und mir fiel auf, dass ich viel zu wenig getrunken hatte. Aber das konnte ich im Moment nicht ändern. Außerdem hatte Elias Vorrang.

Wir blieben vor einer großen, dunklen Doppeltür stehen. Sie war die Einzige in einem abgelegenen Gang, dessen Wände von Gemälden gesäumt war. Unter den Bildern waren die zugehörigen Namen und Titel der Fireflyer zu lesen, die darauf abgebildet waren. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe zu versuchen, alle im Vorbeigehen zu überfliegen.

Die riesige Tür war mit kunstvollen Schnitzereien geschmückt und besaß keine Türklinke, geschweige denn, ein Schlüsselloch. Maas klopfte gemäßigt mit ihren Fingerknöcheln an.

Kein einziges Geräuschs drang zu uns nach draußen und ich zappelte unruhig umher, bis Maas mein Handgelenk warnend berührte und den Kopf schüttelte. Ich lächelte sie entschuldigend an und sie drehte sich wieder der Tür zu.

Ich wusste nicht, wie lange wir vor ihr warteten, aber es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Ach, was sage ich, eine ganze Ewigkeit!

Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und Hailee steckte ihren Kopf hindurch.
In dem Moment brannten bei mir alle Sicherungen durch und ich schoss auf sie zu. Doch bevor ich sie auch nur berühren konnte, hielt Maas mich mit eiserner Kraft fest.

Tatsächlich entwich mir ein Knurren und ich wand mich in ihrem Griff. Ich musste wissen, was sie mit Elias machten!

Wie hatte ich nur so blind sein können und Maas vertrauen? Sie alle steckten unter einer Decke! Und jetzt saß ich in der Klemme, während Elias wehrlos irgendwo rumlag und jedem schutzlos ausgeliefert war!

„Was will sie hier?", fragte Hailee in hochmütigem Tonfall. Dabei blickte sie einfach durch mich hindurch und schien fest entschlossen, mich zu ignorieren.

Maas erwiderte in mindestens ebenso arrogantem Ton: „Wir sind wegen Elias hier."

Sie lächelte kühl und ihre Hand schloss sich um die Tür. Ihre Fingernägel waren blutrot. „Es geht ihm gut, ihr könnt wieder gehen."
Sie scheuchte uns mit einer Handbewegung herablassend hinfort. Zumindest wollte sie wohl, dass wir verschwanden. Da hatte sie die Rechnung allerdings ohne mich gemacht!

Mit einem wilden Kampfschrei riss ich mich aus Maas' Umklammerung los und schubste Hailee ins Innere des Saals. Bevor sie mich wieder rausschieben konnte, umrundete ich sie flink und rannte auf das riesige Himmelbett zu.

Wie ich gehofft hatte, lag Elias darauf. Und das Mädchen, Juna, saß neben ihm und hielt seine Hand. Anscheinend unterhielten sich die beiden gerade gedämpft, denn sie blickte mich verärgert an, als ich angestürmt kam.

Der Anblick von den beiden versetzte mir ein Stich ins Herz. Provozierend strich sie ihm sanft über die Wange und grinste mich an, als er daraufhin die Augen schloss. Sie wirkten so... vertraut.

Zögernd blieb ich in einigem Abstand stehen und wusste nicht, wie ich mich nun verhalten sollte. Mit dieser Situation hatte ich nicht gerechnet.

Elias hatte mich noch nicht bemerkt, sondern schien seine volle Aufmerksamkeit auf Juna gerichtet zu haben. Eine kalte Faust schien sich um mein Herz gelegt zu haben und drückte langsam zu.

Hailees kalten Krallen legten sich auf meine Schultern und ich zuckte erschrocken zusammen. „Mach Platz für den Arzt, Xavina", flötete sie gut gelaunt.

Elias setzte sich ruckartig auf und starrte mich vorwurfsvoll an. „Wo warst du?"

Mir fiel die Kinnlade runter. Was war denn in den gefahren? „Ich war die ganze Zeit bei dir. Bis sie gekommen ist", verteidigte ich mich und deutete anklagend auf Juna. Diese zog lediglich die Augenbrauen hoch und ein kaum sichtbares Lächeln umspielte ihre vollen Lippen.

Ein Mann im langen, weißen Kittel drängte sich an mir vorbei und rempelte mich an. Empört schnaubte ich und war kurz davor, mich einfach wütenden zu verziehen. Sollte Elias doch bei seiner alten Spielkameradin bleiben!

Elias hielt meinen Blick fest und seine Augen wurden ausdruckslos. „Bitte verlasst alle das Zimmer."

Ich drehte mich auf der Stelle um und maschierte auf die Tür zu.

„Alle außer der Doc und Xavina."

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt